Egon Müller: Der Tausendsassa des Motorsports
Speedway ist damals in aller Munde, die Rennen locken mehrere Zehntausend Zuschauer in die Stadien. Und Müller ist der aufkommende Star der Szene. Er weiß seine Popularität zu nutzen: Gagen zwischen 5.000 und 10.000 Mark soll er pro Start kassieren. Einmal auch 24.000 Mark in Kopenhagen. Doch dieses Geld lässt er nach dem Tanken im Portemonnaie auf dem Autodach liegen, sagt er. Der Tausendsassa ist fortan besessen von "seinem" Sport. Teilweise fährt er viermal in der Woche. Nicht nur in Deutschland, auch in Australien oder England.
67 Knochenbrüche in 33 Jahren
Die Zuschauer lieben ihn. Müller hatte den Hang zum Verrückten, war für seinen berüchtigten Fahrstil bekannt. Das blieb nicht ungestraft: In 33 Profi-Jahren zog er sich 67 Knochenbrüche zu. Auch bei einem Rennen in Bayern ging es hart zur Sache: "Ich bin danach die ganze Nacht mit dem Auto nach Kiel hochgefahren. Habe den Arm und den Fuß aus dem Fenster raushängen lassen, um das zu kühlen, damit ich das überhaupt aushalte", sagt Müller. Er bereut nichts. Gar nichts. Auch ein folgenschwerer Rennunfall seines Sohnes Dirk, ebenfalls ein begnadeter Speedway-Fahrer, konnte Müller nicht von seinem Weg abbringen. Sein Filius lag nach dem Unfall neun Tage im Koma, wäre fast gestorben. "Daran ist meine erste Ehe zerbrochen", hat Müller einmal erzählt. "Meine Frau wollte, dass ich aufhöre, aber das konnte ich nicht." Sie trennten sich, später heiratete er sie aber ein zweites Mal. Nichts konnte ihn aufhalten.
Müllers Karriere abseits der Rennbahn
Auch abseits der Piste startet Müller durch. Er weiß sich zu vermarkten. Der Weltmeister erobert trotz eher übersichtlichen Gesangstalents die Musik-Charts mit Hits wie "Win the Race" oder "Speedway Man", arbeitet als Drehbuchberater und schauspielert im "Tatort" oder im Kinofilm "Panische Zeiten" an der Seite von Udo Lindenberg. Er lebt auf großem Fuß, ist manchmal ein "Maulheld" und ständig auf Achse - Letzteres auch heute noch, nach der Profi-Laufbahn. 1997 ist er sein letztes Rennen gefahren - mit 49 Jahren. Mittlerweile ist er Rentner, versorgt junge Talente mit frisierten Motoren, betreut Nachwuchsfahrer und hat immer noch Benzin im Blut. "Das ist mein Leben. Methanolgeruch, die Rennatmosphäre, einfach geil! Ich glaube, da sterbe ich auch mit - aber hoffentlich noch nicht so schnell", sagt er dem NDR Sportclub.
Egon Müller: Motorsport-Legende, Schlagerstar, Mädchenschwarm. Rastlos. Und mit Mitte 60 immer noch so ein Tausendsassa wie in jungen Jahren. Nur auf "dicke Hose" will er nicht mehr machen: "Das war mal ein paar Jahre lang eine Trotzreaktion, da wollte ich alle richtig bügeln. Das hat 'ne Menge Kohle gekostet, aber was soll's. Heute bin ich ruhig und bescheiden. Wenn du richtig auf die Kacke haust, bist du nicht so viel wert als Mensch. Respekt haben sie, wenn du Geld hast. Aber mit Beliebtheit hat das nichts zu tun."
- Teil 1: Mit 150 Stundenkilometern in die Kurve
- Teil 2: Ein Held der Rennbahn