SG Flensburg-Handewitt: Mit großen Zielen und Demut in die neue Saison
Die SG Flensburg-Handewitt geht mit einem neuen Trainer und einer verstärkten Mannschaft in die neue Serie der Handball-Bundesliga. Der Kader sollte stark genug besetzt sein, um im Meisterschaftskampf ein gehöriges Wörtchen mitzusprechen. Aber nach der durchwachsenen Vorsaison herrscht bei der SG Demut.
Fünf Teams bestimmten in der vergangenen Saison hierzulande den Vereinshandball. Vier von ihnen hatten am Ende eine nationale oder internationale Trophäe gewonnen. Die Ausnahme bildete die SG Flensburg-Handewitt: Sie ging leer aus. Das soll sich in der Spielzeit 2023/2024 nicht wiederholen. Die Vereinsführung reagierte im Frühling, beurlaubte ihren früheren Erfolgscoach Maik Machulla und verabschiedete sich von mehreren Spielern.
Ein neu formierter Kader soll nun die Grundlage für einen Angriff auf die Titel bilden. "Wir haben drei Möglichkeiten für Gold", sagt der neue Trainer Nicolej Krickau und betont: "Wir müssen uns voll auf uns fokussieren und die besten Leistungen abrufen, denn auf das, was in Magdeburg oder Kiel passiert, haben wir keinen Einfluss."
Kreisläufer Schlüssel zur Taktik-Kiste
Der 36-jährige Däne ist es wohl, der den Neustart am besten personifiziert: Er feierte im Frühling mit Gudme Oure Gudbjerg Håndbold noch das dänische Double, jetzt will er bei seiner ersten Auslandsstation an diesen Erfolg anknüpfen. Die Philosophie von Krickau ist sinnig: Er setzt auf viel Tempo und mehr Variabilität in der Defensive. Die drei Kreisläufer, Kapitän Johannes Golla sowie die beiden Neuverpflichtungen Lukas Jörgensen und Blaz Blagotinsek, sollen so etwas wie der Schlüssel zur Taktik-Kiste sein. "Johannes ist vorne unsere erste Wahl und Blago hinten der Chef, gegen bestimmte Gegner werden wir ihn wegen seiner Größe aber auch im Angriff einsetzen", erklärt der Coach.
Blagotinsek, der hünenhafte Slowene, hat eine enorme Reichweite. Der dänische Newcomer Jörgensen eignet sich unter anderem für ein schnelles Umschalten zwischen Verteidigung und Offensive sowie bei Spielzügen mit einem zusätzlichen Feldspieler.
Rückraum wurde exzellent verstärkt
Im Rückraum lassen zwei Neuzugänge die Erwartungen hochschnellen. Der niederländische Linkshänder Kay Smits und der dänische Spielmacher Simon Pytlick sorgten zuletzt in der Champions League für viel Furore und bilden zusammen mit Spielmacher Jim Gottfridsson zumindest nominell eine spektakuläre Rückraumachse. Der Norweger Aksel Horgen, der fünfte und letzte Transfer, deutete an, dass er auf der rechten Außenbahn dem bisherigen Platzhirsch Johan Hansen ein Duell auf Augenhöhe liefern möchte.
Kapitän Golla einziger Deutscher im Kader
Naturgemäß wird die personelle Fluktuation die teaminternen Strukturen verändern. Ob die Flensburger die passende Chemie gefunden haben? Golla hat ein gutes Gefühl. "Es ist eine angenehme Mannschaft, wir verbringen gerne Zeit zusammen", erzählt der Kapitän. "Und das Feedback, das wir bekommen, sagt uns, dass wir die gute Stimmung auch nach außen transportieren."
Golla ist unter 15 Profis der einzige deutsche Handballer. Sein Club ist sehr nordisch geprägt und könnte eine komplette dänische Sieben aufstellen. Auch der neue Ausrüster und zwei der vier wichtigsten Sponsoren stammen aus der dänischen Nachbarschaft. Geschäftsführer Holger Glandorf nennt keinen Etat, spricht aber von "stabilen wirtschaftlichen Verhältnissen" mit treuen Partnern und einem Zuwachs um 150 auf knapp 5.000 Dauerkarten. "Die Halle wird wieder voll."
SG setzt auf Fünf-Jahres-Plan
Viele Experten wie Ex-Coach Machulla und Magdeburgs Trainer Bennet Wiegert schieben der SG die Favoritenrolle auf die Meisterschaft zu. Das lehnt man in Flensburg ab, wenngleich die Meisterschale ein Ziel sei, sagte der neue sportliche Leiter und frühere Trainer Ljubomir Vranjes. "Wir wollen Titel gewinnen, aber das wollen andere auch."
Auch ARD-Experte Dominik Klein traut dem Team einiges zu. Er hat Schleswig-Holsteiner als Titelkandidaten klar auf dem Zettel. "Wenn wir bei Spielerverpflichtungen sind, darf natürlich auch die SG Flensburg-Handewitt nicht fehlen mit den vielen Neuzugängen, die für Furore sorgen werden."
"Mit Demut und Respekt angreifen." SG-Sportchef Ljubomir Vranjes
Eines ist gewiss: In die "Hölle Nord" werden viele Anhänger mit großen Erwartungen kommen. Die will die Mannschaft erfüllen. "Auf dem Papier hat sie Weltklasse-Format, wir sollten uns aber selbst etwas Zeit geben und deshalb mit Demut und Respekt angreifen", erklärt Vranjes. "Wir stehen erst am Anfang eines neuen Fünf-Jahres-Plans, wollen aber in keinem Fall wieder zehn Punkte hinter dem Meister liegen."
Heute um 19 Uhr ertönt für die Flensburger der Anpfiff zur neuen Bundesliga-Saison. Der Gegner ist Nordrivale Handball Sport Verein Hamburg.