Kantersieg gegen Wetzlar: THW Kiel praktisch schon Meister
Der THW Kiel ist zu 99 Prozent neuer deutscher Handball-Meister. Durch das 38:23 (19:10) gegen die HSG Wetzlar am Mittwochabend hat Konkurrent SC Magdeburg nur noch rein theoretische Chancen auf die Titelverteidigung.
Als die Schlusssirene in der Kieler Arena ertönte, brandete lautstarker Jubel auf. Jeder wusste, dass nach dem Heimsieg am 33. Spieltag nun praktisch nichts mehr passieren kann. Der THW Kiel ist dem Gewinn der 23. deutschen Meisterschaft ganz, ganz nahe. Bei vier Punkten Vorsprung auf den SC Magdeburg sowie einer um 37 Treffer besseren Tordifferenz ist eigentlich alles schon klar.
"Nur noch ein paar Tage." THW-Profi Patrick Wiencek
Magdeburg gewann am Donnerstagabend gegen den TVB Stuttgart mit 31:27 und muss am letzten Spieltag nach Wetzlar. Kiel wird am Sonntag in Göppingen endlich völlig unbeschwert den Titelgewinn zelebrieren dürfen - anders als nach dem Heimspiel gegen die HSG. "Man hat nach dem Spiel gemerkt: Man weiß noch nicht, ob man feiern kann. Na gut, jetzt warten wir einfach ab, wir haben ja nur noch ein paar Tage", sagte THW-Kreisläufer Patrick Wiencek dem NDR.
Einen enormen Anteil am klaren Heimsieg gegen Wetzlar hatte THW-Torhüter Niklas Landin. Der Däne bot nach acht Jahren für die "Zebras" in seinem letzten Heimspiel eine großartige Leistung, wehrte 15 Würfe ab.
THW-Profi Reinkind verlängert - und trumpft groß auf
Den ersten großen Jubel der THW-Fans gab es schon vor dem Anwurf. Über Videowürfel wurde bekanntgegeben, dass Rückraumspieler Harald Reinkind seinen bis Sommer 2024 laufenden Vertrag vorzeitig bis zum 30. Juni 2027 verlängert hat.
Mit dem 2018 von den Rhein-Neckar Löwen gekommenen Norweger in der Startformation wollten sich die "Zebras" gegen Wetzlar eigentlich zügig einen Vorsprung erarbeiten, um gar nicht erst Zweifel aufkommen zu lassen, dass sie die beiden Punkte einsammeln würden. Aber dieses Vorhaben ging nicht auf: Die Hessen begannen keck, führten sogar mit 6:4 (9.).
Dann aber legten die Kieler los - und Reinkind hatte einen gehörigen Anteil daran, dass sie innerhalb weniger Minuten aus einem Rückstand einen komfortablen Vorsprung machten. Von einem 7:7 (15.) zog der THW auf 14:7 (22.) davon. Und dabei beließen es die Gastgeber nicht. Zur Pause war mit der 19:10-Führung die Partie praktisch schon entschieden.
Reinkind brachte vor der Pause seine sieben Würfe allesamt im HSG-Tor unter. Zu "Deutscher Meister wird nur der THW"-Gesängen gingen die Kieler in die Kabine.
Kiel auch nach Wiederbeginn torhungrig
Aus der kamen die Gastgeber auch genauso konzentriert wieder zurück. Nach 50 Minuten betrug der Vorsprung - auch dank starker Paraden von Landin - schon 14 Tore (31:17). Es ging in den restlichen Minuten nur noch darum, wie hoch der Heimsieg ausfallen würde. Letztlich war es ein Erfolg mit 15 Toren Differenz, der von den Fans wieder mit dem Meister-Gesang gefeiert wurde. Erfolgreichster THW-Profi war Reinkind mit neun Treffern.
Niklas Landin, Sagosen, Zarabec und Fraatz verabschiedet
Und dann kam an diesem sportlich bestens verlaufenen Abend bei den THW-Fans doch noch viel Wehmut auf. Nach der Partie wurden vier Spieler des Teams verabschiedet. Neben dem dänischen Weltklasse-Torhüter Niklas Landin (zu Aalborg Handbold) waren dies der norwegische Top-Star Sander Sagosen (Kolstad IL/Norwegen), der slowenische Spielmacher Miha Zarabec (Wisla Plock/Polen) und Rechtsaußen Yannick Fraatz (Bergischer HC).
"Eine Ehre, für den THW spielen zu dürfen." THW-Profi Sander Sagosen
Sagosen sprach von einem "schweren Moment", als er über Mikrofon Worte an das Publikum richtete, und davon, dass es für ihn "eine Ehre gewesen zu sein, für den THW spielen zu dürfen". Und dann noch: "Und Sonntag werden wir dann feiern." Zarabec sagte, an die Fans gewandt: "Ihr seid einfach so krass!"
Niklas Landin emotional verabschiedet
Und dann war der Moment gekommen, als der beste Torhüter der Welt seinen großen, redlich verdienten Abschiedsapplaus erhielt. "Niklas!"-Rufe hallten durch die Arena, als der 34 Jahre alte Däne mit seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern auf der Spielfläche ins Licht trat. "Farvel og mange tak, Niklas" ("Auf Wiedersehen und vielen Dank, Niklas") stand in großen Buchstaben auf der Bande.
"Ich kann es eigentlich nicht fassen, dass ich nie wieder hier zu Hause spielen werde", sagte Landin. Das war immer eine große Ehre für mich, hier zu spielen. Es war meine beste Handballzeit", sagte der zweimalige Welthandballer des Jahres.