Als St. Pauli Werder im Schneegestöber aus dem Pokal warf
Pokalabend oder Schneeballschlacht? Auf jeden Fall legendär. Am 25. Januar 2006 besiegte der FC St. Pauli im Viertelfinale Werder Bremen. Ein denkwürdiges Spektakel.
Das Spiel war längst abgepfiffen, da feierten die Anhänger des FC St. Pauli ihre Helden noch immer. Trunken vor Freude vergaßen sie die Kälte, ein nervenaufreibendes Spiel und den rieselnden Schnee. Das altehrwürdige und genauso baufällige Stadion am Millerntor glich an jenem Tag gegen 22.30 Uhr einem großen Festzelt. Der sensationelle 3:1 (1:1)-Sieg des Regionalligisten im Viertelfinale des DFB-Pokals über den SV Werder Bremen löste auf dem Kiez einen kollektiven Freudenrausch aus. "Das Wunder ist wahr geworden. Es ist einfach Wahnsinn", entfuhr es Mittelfeld-Akteur Fabian Boll. Dann stürzte sich der Kriminalkommissar in das braun-weiße Jubelmeer.
Werder erst im Glück, dann im Pech
In den 90 Minuten zuvor hatten er und seine Mitspieler jeden Zentimeter des schneebedeckten Bodens eindrucksvoll umgepflügt. "Die haben uns den Schneid abgekauft", gestand Werder-Keeper Andreas Reinke freimütig ein. Tatsächlich wirkten die Hausherren vor 19.800 Zuschauern von Beginn an etwas bissiger als die Gäste von der Weser. Daher kam die Führung durch Michel Mazingu-Dinzey, der eine scharfe Flanke von Florian Lechner zum 1:0 verwertete (10.), auch nicht sonderlich überraschend.
Langsam erst tauten die Bremer bei Minusgraden auf. Nun agierten die Grün-Weißen gefällig und kombinationssicher. Der 1:1-Ausgleich (27.) jedoch entsprang aus einer irregulären Situation. Denn Torschütze Johan Micoud stand bei seinem Abstauber klar im Abseits. Das Glück aber blieb der Mannschaft von Coach Thomas Schaaf nicht lange treu. Kurz vor dem Halbzeitpfiff musste Angreifer Miroslav Klose mit ausgekugelter Schulter den Platz verlassen.
Ex-Bremer Schultz trifft zum 3:1
Allein mit dem Ausscheiden ihres besten Torschützen dürfte das schwache Auftreten der Gäste in Abschnitt zwei aber nicht zu erklären sein. "Wir waren einfach schlecht", analysierte Angreifer Ivan Klasnic, einst selbst acht Jahre für den Kiezclub aktiv. Der "Hamburger Jung" musste machtlos mit ansehen, wie Boll (59.) und der ehemalige Bremer Timo Schultz (69.) den Außenseiter mit ihren Treffern auf die Siegerstraße brachten. Als dann auch noch Tim Borowski mit einem Elfmeter an St. Paulis Keeper Achim Hollerieth scheiterte (78.), war die Moral der Schaaf-Elf endgültig gebrochen.
Der Trainer schnaufte derweil noch nach dem Spielende vor Wut, dass die Begegnung auf dem vereisten Rasen überhaupt erst angepfiffen wurde. "Das ist verantwortungslos. Mit Fußball hatte das heute nichts zu tun", kritisierte er. Da eine Platzkommission vier Stunden vor dem Anstoß aber grünes Licht gegeben hatte, blieb Schaaf nichts anderes übrig, als die Niederlage mit rotem Kopf anzuerkennen.