Werder in der Wiesenhof-Falle
Die Partnerschaft zwischen Werder Bremen und Wiesenhof ist bestätigt - mit blanker Brust muss Werder in der neuen Saison nicht auflaufen. Eigentlich eine gute Nachricht für die Fans. Doch das "Wiesenhof-Huhn" auf der Brust ist für Tausende Kritiker keine akzeptable Alternative. Die massiven Proteste im Internet haben den Club von dem umstrittenen Bündnis aber nicht abgehalten - vermutlich hatte der auch kaum eine Wahl. Denn einen von der Vermarktungsfirma infront präsentierten Sponsor kann Werder Bremen ohne triftigen Grund gar nicht ablehnen - es sei denn, der Verein nimmt einen millionenschweren Verlust in Kauf. Und das ist bedrohlicher als der zu erwartende Imageverlust oder ein sogenannter Shitstorm in Internet, der nach Bekanntgabe der Partnerschaft ein neues Hoch erlebte.
Hunderte Facebook-Kommentare innerhalb von Minuten
"Werder war einmal der Sympathieträger der Liga. Jetzt habt ihr den Abstieg verdient", schreibt ein Facebook-User zum nun abgeschlossenen Deal. "Wisst Ihr was, Ihr könnt mich mal gerne haben mit 'Werder bewegt'. Euer Alibi-Getue glaubt Euch nach der Aktion sowieso niemand mehr", meint ein anderer. Das sind nur zwei von Hunderten Kommentaren, die innerhalb von Minuten auf der Werder-Facebook-Seite gepostet wurden. Eine am Mittwoch bei Facebook gegründete Gruppe mit dem Titel "Wiesenhof als Werder-Sponsor? Nein, Danke!" hatte am Freitagabend bereits mehr als 17.000 Fans. Der Geflügel-Produzent sah sich in der Vergangenheit mehrfach dem Vorwurf der Massentierhaltung und Tierquälerei ausgesetzt.
Was "legal aber nicht legitim" ist
Auch die Kritik der Tierschützer ließ am Freitag nicht lange auf sich warten. Unter anderem der Deutsche Tierschutzbund meldete sich zu Wort. Aus Sicht von Wiesenhof eine seriöse Organisation, mit der man zusammenarbeite, sagte Sprecher Frank Schröter am Donnerstag im Gespräch mit NDR.de. Die Organisation erklärte in einer Pressemeldung: "Was legal ist, ist aber nicht immer legitim, dient eben nicht zum Vorbild, was aber mit einem Sponsoring und dem damit verbundenen Imagetransfer leider immer verbunden ist." Die Tierrechtsorganisation PETA sprach von einem "Pakt mit dem Teufel". Die Partnerschaft sei "nicht nur abwegig, sondern hochgradig skandalös", so ein Sprecher.
Werbewirksames Bündnis?
Wiesenhof freute sich indes in einer offiziellen Stellungnahme über die umfangreichen Werbemöglichkeiten als Hauptsponsor von Werder Bremen, sieht sich als Teil einer künftigen Erfolgsgeschichte. Klaus Filbry, Geschäftsführer des Vereins, zeigte sich ebenfalls glücklich und stärkt dem neuen Vertragspartner werbewirksam den Rücken: "Wir freuen uns sehr, dass wir erstmals nach langer Zeit wieder einen Hauptsponsor aus dem Werder-Land gewinnen konnten. Es ist eine mutige Entscheidung unseres Partners, dieses Sponsorship einzugehen und damit eine sehr öffentliche Plattform zu wählen. Das unterstreicht, wie ernst es Wiesenhof ist, ein transparentes Unternehmen zu sein", sagte Filbry.
Dass Werder Bremen den Kontrakt mit Wiesenhof am Freitag öffentlich gemacht hat, lässt vermuten, dass das ominöse zweite Unternehmen, mit dem man angeblich am Donnerstag noch verhandelte, entweder längst Geschichte oder eine Luftnummer war.
Imageschaden oder Millionenverlust?
Dass die Suche nach einem Trikot-Sponsor schwierig ist, ist bekannt. Schon seit Jahren kümmert sich der Vermarkter infront um Sponsoren für Werder Bremen. Findet er keinen Geldgeber, erhält der Verein dennoch eine ausgehandelte Summe in Millionenhöhe. Lehnt Werder aber selbst einen von der Vermarktungsfirma präsentierten Sponsor ab, entfällt diese Garantie-Summe. Genau hier liegt das Huhn begraben: Denn ein schlechtes Image allein reicht kaum aus, um eine Partnerschaft zu verweigern. Also: Hätte Werder abgelehnt, hätten Millionen verloren gehen können. Mit dem Deal aber schmückt sich der sozial bewegte Sympathie-Träger der Fußball-Bundesliga zumindest vorübergehend mit dem schlechten öffentlichen Bild des Visbeker Geflügelproduzenten.
Jeder Protest geht zu Ende
Wiesenhof-Sprecher Schröter bestätigte im Gespräch mit NDR.de, dass das Image der Marke Wiesenhof, die zur PHW-Gruppe gehört, in den vergangenen Jahren sehr gelitten hat. Mit Werder Bremen als Partner will der Konzern das nun offenbar ändern. Nur funktioniert der angestrebte Image-Wandel bisher lediglich in die andere Richtung. Aber es steht nicht zu befürchten, dass Werder in der kommenden Saison vor leeren Rängen spielen wird, und ob der Trikot-Verkauf mit dem "Wiesenhof-Huhn" auf der Brust einbricht, muss sich noch erweisen. Denn auch Wiesenhof selbst hat, wie Schröter betonte, zwar ein Negativ-Image, aber die Umsatzzahlen seien gleichgeblieben - ein Zeichen hoher Kundenakzeptanz, schließt daraus das Unternehmen.
Was der Deal auch wenig überraschend zeigt, ist, dass die Millionen eines Hauptsponsors im Geschäft Fußball mehr zählen, als ein paar Tausend Fans, die den Geldgeber aus moralischen Gründen ablehnen. Und jeder "Shitstorm" hat einmal ein Ende - darauf bauen nun die neuen Geschäftspartner.