Rodrigo Zalazar vom Zweitligisten FC St. Pauli © imago images / Claus Bergmann Foto: Claus Bergmann

"Zauberer" Zalazar: Ein bisschen Sarrasani auf St. Pauli

Stand: 20.10.2020 13:19 Uhr

Der FC St. Pauli hat unter Neu-Coach Timo Schultz den Spaß am Angriffsfußball zurückgewonnen. Ein Gesicht des neuen forschen Spielstils des Kiezclubs ist dabei Rodrigo Zalazar.

Der 21 Jahre Mittelfeldakteur tat am Montagabend im Zweitliga-Duell mit dem 1. FC Nürnberg (2:2) das, was eigentlich fast jeden Trainer zur Verzweiflung bringt: Er pfiff auf Positionstreue. Wo der Ball war, war Zalazar. Die Gäste konnten die Kreise des flinken und trickreichen Spaniers nur selten einengen - weil er eben überall herumlief. Die Leihgabe von Eintracht Frankfurt stiftete Chaos und war so maßgeblich daran beteiligt, dass sich die Kiezkicker ein halbes Dutzend richtig guter Chancen gegen die hochgehandelten Franken erspielten. Und die Betonung liegt auf "erspielten". Denn anders als noch häufig in der trostlosen Vorsaison waren die Torgelegenheiten keine Zufallsprodukte.

Edeltechniker mit tollen Zweikampfwerten

Zalazar steht dabei für das, was Schultz von seinem Team einfordert: Offensivdrang, Unbekümmertheit und Mut. "Man weiß manchmal nicht, was er macht. Woher soll der Gegner das dann wissen?", erklärte der Coach, warum er trotz taktischer Defizite des 21-Jährigen auf ihn setzt. Zalazar genießt beim Nachfolger von Jos Luhukay zwar keine Narrenfreiheit. Aber eben so viel Freiheit, um sich in gewissen Grenzen kreativ austoben zu können. Das ist für den beim FC Málaga ausgebildeten Edeltechniker ein schmaler Grat, muss er doch immer achtsam sein, die Arbeit gegen den Ball nicht zu vernachlässigen. Bislang gelingt dem Youngster, der gegen den "Club" per Strafstoß zum 1:1 traf, dieser Spagat. Gegen die Nürnberger war er zweikampfstärkster Akteur des Kiezclubs.

St. Pauli bereits dritte Profistation

Zalazar erinnert in seiner Art, Fußball zu spielen, ein wenig an die früheren St.-Pauli-Publikumslieblinge Deniz Naki und Khvicha Shubitidze. Die Zeiten, in denen sie die Fans verzauberten, sind aber lange vorbei. Spieler vom Typ "Straßenfußballer" hatte der Kiezclub in den vergangenen Jahren nur wenige in seinen Reihen. Und nun einen in dem Spanier, der auch die uruguayische Nationalität besitzt und für das Land U20-Einsätze absolvierte, verpflichtet zu haben, war durchaus mit Risiko behaftet. Denn trotz seines jungen Alters hat Zalazar bereits eine kleine Odyssee hinter sich: Von Malaga ging es 2019 nach Frankfurt, die Eintracht verlieh ihn in der vergangenen Serie zum polnischen Erstligisten Korona Kielce.

Sohn von Ex-Nationalspieler José Luis Zalazar

"Wenn man Spieler aus anderen Kulturkreisen holt, weiß man nie genau, was man kriegt. Unser Scouting kannte ihn aber schon und lag mit seiner Einschätzung richtig", sagte Schultz über den Offensivmann, der mit seinen Finten und Tricks gewiss auch im Programm des traditionsreichen Zirkus Sarrasani einen Platz finden würde. Der Fußball liegt dem 1,78 Meter großen Ballkünstler dabei im Blut. Sein Vater José Luis Zalazar absolvierte zwischen 1983 und 1993 für Uruguays Nationalmannschaft 29 Länderspiele. Heute arbeitet er als Spielerberater für die spanische IS Sports Agentur, vertritt mit dieser Bundesliga-Profis wie etwa Pierre Kunde Malong vom FSV Mainz 05 und leitet darüber hinaus auch noch die Geschicke seines Sohnes.

Schultz: "Hat das Herz am rechten Fleck"

Dass Zalazar junior nach seinen bisher überzeugenden Auftritten im St.-Pauli-Dress die Bodenhaftung verlieren könnte, glaubt sein Coach Schultz nicht: "Er hat das Herz am rechten Fleck. Und wenn man ihn im Training sieht, gibt er immer 100 Prozent." Und der Senkrechtstarter des Kiezclubs gab sich nach seinem Gala-Auftritt gegen Nürnberg auch ganz bescheiden. "Es war ein großartiges Spiel der gesamten Mannschaft. Ich bin sehr glücklich, mein erstes Tor für St. Pauli erzielt zu haben und hoffe, es werden noch viele dazukommen", schrieb er auf Instagram.

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Dieses Thema im Programm:

Hamburg Journal | 20.10.2020 | 19:30 Uhr

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