Werder in der Spur - Werner will mit Füllkrug "in der Liga bleiben"
"Wir müssen zu 100 Prozent funktionieren", sagte Werder-Trainer Ole Werner dem NDR. Der vermeintlich "dröge" Norddeutsche hat den Bundesliga-Aufsteiger aus Bremen nach der Pleitenserie wieder auf Kurs gebracht.
Werder-Trainer Ole Werner hat bestimmt schon bessere Zeiten als Fußballlehrer erlebt. Und dennoch kam der Termin für seinen Besuch im NDR Sportclub wie gerufen. Einen Tag nach dem nicht unbedingt erwarteten ersten Sieg des Jahres gegen den VfL Wolfsburg (2:1) konnte der 34-Jährige am Sonntagabend nach vier Pleiten am Stück das nervende Gerede von einer Krise abschütteln und sich locker vom Hocker an lustige Abende mit viel Süßkram beim Trainerlehrgang erinnern.
Trainer-Kollege Zimmermann: "Ein emotionaler Typ"
Was drei Punkte und die Trendwende nach desolatem Start ins neue Jahr doch bewirken - auch wenn es Werner nicht unbedingt ins Gesicht geschrieben stand. "Dass er ein emotionaler Typ ist, kann er durch seine nüchterne Art ganz gut kaschieren", erzählt Jan Zimmermann und vergisst dabei nicht, den trockenen Humor seines Zimmerkollegen bei besagtem DFB-Lehrgang zu erwähnen. Dass Zimmermann Monate später mit Hannover 96 in Kiel gewann und Werners Abschied bei den "Störchen" besiegelte, tat der Freundschaft keinen Abbruch. Warum auch, war es letztlich doch ein Karriere-Schub - und Ende 2021 ein Glücksfall für Werder.
Immun gegen Krisengerede
"Ich glaube nicht, dass man bei mir groß merkt, ob wir ein Spiel gewonnen oder verloren haben", sagt der jüngste Trainer der Bundesliga, der seiner Mannschaft auch in der Not gewohnt ruhig den Rücken gestärkt hat.
"Wichtig ist, dass man seine Arbeitsweise und den Umgang mit den Menschen, für die man Verantwortung trägt, nicht davon abhängig macht, wie das Endergebnis auf der Anzeigetafel ist." Werder-Trainer Ole Werner
Werner bevorzugt, "auf eine inhaltliche Ebene zurückzukommen". Das Warum und wie man es verbessern kann, treibt ihn an. "Dann lässt man sich von dem Krisengerede, das von außen sehr schnell aufkommt, nicht so beeindrucken."
Es war sicher diese reflektierte Reaktion vor allem nach dem 1:7 in Köln ("Wenn ich deshalb jetzt die Hosen voll habe, ist mir nicht mehr zu helfen"), die den Druck, der auf seinen Spielern lastete, reduziert und die couragierte Leistung gegen die zuvor zehnmal ungeschlagenen "Wölfe" befördert hat. "Wir hören ja auch seine Pressekonferenzen und wie er sich da gibt", sagt Nationalspieler Niclas Füllkrug, den sie schon Werders Lebensversicherung nennen. "Dass er an uns glaubt, gibt uns Selbstvertrauen."
Luftsprünge bei zwei Füllkrug-Toren
"Wir haben uns natürlich hinterfragt - auf allen Ebenen, offen und ehrlich miteinander", beschreibt Werner mal wieder mit ernster Miene. Dabei hätte er allen Grund gehabt, zumindest zu lächeln. Denn: "Die Intensität, mit der wir verteidigt haben, und auch die Laufbereitschaft, unterstützt durch die Härte, mit der wir die Zweikämpfe geführt haben, waren die Grundlage dafür, unsere Stärken, die wir ohne Zweifel haben, wieder auf den Platz zu bringen."
"Nahe an der Perfektion", wie es Verteidiger Amos Pieper im Hochgefühl des Sieges nannte, war es sicherlich nicht. Aber ein Frustlöser der besonderen Art, der den brodelnden Vulkan im angeblich doch so "drögen" Werner während des Spiels wiederholt zum Ausbruch brachte. Bei Füllkrugs beiden Treffern vollführte Werner sogar Luftsprünge, wobei der schmeichelhafte Handelfmeter die Trotzreaktion nach zuletzt neun Gegentreffern begünstigt hat.
Werner: "Müssen zu 100 Prozent funktionieren"
Dass die Zeichen jetzt gleichsam von selbst auf sportlichem Fortschritt stehen, glaubt weder der Trainer noch sonst ein Verantwortlicher bei den Grün-Weißen. "Wir sind nur dann gut, wenn wir als Mannschaft zu 100 Prozent funktionieren", sagt Werner. Schon beim VfB Stuttgart am kommenden Sonntag (15.30 Uhr, im NDR Livecenter) könnte das Hochgefühl wieder verfliegen. Der Kader der Bremer ist dünn besetzt - und der Ausfall des starken Mitchell Weiser, der wegen einer Unbeherrschtheit in der Nachspielzeit die fünfte Gelbe Karte kassierte, könnte schwerwiegend sein.
Alternative für Weiser gesucht
"Wenn Mitch sich schon über sich selbst ärgert, werde ich wohl auch einen Grund dazu haben, mich zu ärgern", meinte Werner nach dem Sieg gegen Wolfsburg - und schaltete sogleich in den Alternativ-Modus. Felix Agu stehe wegen anhaltender Probleme an der Patellasehne zwar weiterhin nicht zur Verfügung, aber vielleicht Manuel Mbom, der nach überstandenem Achillessehnenriss "in der körperlichen Verfassung ist, dass er spielen kann".
Leihgeschäfte kurz vor Schluss
Einen Tag vor dem Transferschluss reagierte der Club und präsentierte in Maximilian Philipp überraschend doch noch einen neuen Spieler, der bis zum Saisonende vom VfL Wolfsburg ausgeliehen wird. Werner freut's, hatte er doch immer wieder gewarnt: "Unsere Truppe ist nicht riesig. Im Kader stehen Jungs, die nicht oft in der Bundesliga auf dem Platz standen."
Mehr verhindern die chronisch leeren Kassen der Werderaner, die vor der Saison als größte Investition den Dänen Jens Stage für geschätzte vier Millionen Euro verpflichtet hatten. Ein finanzielles Risiko, das sich - gemessen an der Leistung gegen Wolfsburg - endlich auszuzahlen scheint. Stürmer Oliver Burke dagegen verlässt den Club. Der Schotte sei sich mit einem anderen Club über eine Leihe bis Saisonende einig, teilten die Bremer mit.
Füllkrug und das große Ziel Klassenerhalt
Eine gute Nachricht dürfte zudem sein, dass der derzeit beste Stürmer der Bundesliga (13 Tore) den Grün-Weißen vorerst wohl erhalten bleibt. Niclas Füllkrug hat nach eigenen Angaben bislang alle Interessenten selbst abgewimmelt. Er geht nicht davon aus, dass bis zum Transferschluss noch etwas passiert: "Es sei denn, es kommt noch etwas Unmoralisches rein." Ein Angebot, bei dem weder Club noch Spieler Nein sagen können - und wollen.
"Es liegt nichts vor, er spielt gerne bei Werder und deshalb gehen wir davon aus, dass er auch die Rückrunde bei uns ist", sagt Werner - und denkt dabei in erster Linie an sein Saisonziel mit Werder: "Es geht nur darum, in der Liga zu bleiben."