Weit entfernt von goldenen Zeiten: Hannover 96 in der Krise
Was ist bloß mit den "Roten" los? Nach nur einem Punkt aus den ersten fünf Zweitliga-Partien des Jahres ist der Bundesliga-Aufstieg fernab der Realität. Am Sonntag spielt Hannover 96 in Fürth - an der alten Wirkungsstätte von Coach Stefan Leitl.
"Auro loquente omnis oratio inanis est" war auf dem glänzenden Banner über die gesamte Breite der Fankurve von Hannover 96 zu lesen. "Wenn Gold spricht, ist jede Rede unwirksam." Auf dem Platz glänzte dann allerdings wenig. Und so braucht man als Fan der "Roten" angesichts der jüngsten Leistungen des Teams von 96-Coach Stefan Leitl wohl schon ein gutes Selbstvertrauen für eine derartige Botschaft. Besser würde wohl ein anderes lateinisches Sprichwort passen: "Nihil fit sine causa" - "nichts geschieht ohne Grund".
14 Punkte Rückstand auf Rang drei
Ein Punkt aus den vergangenen fünf Spielen - das ist die ernüchternde Bilanz der Niedersachsen im neuen Jahr. Das 1:2 am vergangenen Spieltag gegen den 1. FC Magdeburg war die dritte Heimniederlage in Folge. Von der guten Ausgangsposition nach der Hinrunde, als 96 mit fünf Punkten Rückstand auf den Aufstiegs-Relegationsrang Fünfter war, ist nichts geblieben. Mittlerweile trennen Hannover in der Tabelle 14 Zähler vom Dritten Heidenheim.
"Es macht im Moment definitiv keinen Spaß", sagte 96-Sportchef Marcus Mann dem NDR. "Wir sind dabei oder haben es schon getan, alles einzureißen, was wir uns in der Hinrunde aufgebaut haben. Jetzt heißt es: Die Arschbacken zusammenkneifen und da wieder herauszukommen, denn so kann es und darf es nicht weitergehen."
Keine Diskussion um den Trainer
Die nächste Chance, die Erfolglosserie von insgesamt sechs sieglosen Partien in Folge zu beenden, bietet sich am Sonntag (13.30 Uhr, im NDR Livecenter). Dann gastiert Hannover bei der SpVgg Greuther Fürth - also bei dem Verein, den Leitl von Anfang Februar 2019 bis Sommer 2022 als Cheftrainer betreut hat.
Droht dem 45-Jährigen ausgerechnet beim Gastspiel in der alten Heimat der Verlust des Jobs als 96-Coach? Mann zufolge nicht. "Die Diskussion müssen wir nicht anfangen. Wir haben die Hinrunde zusammen erfolgreich gestaltet. Jetzt müssen wir hier zusammen herauskommen", sagte der 38-Jährige. Und 96-Boss Martin Kind betonte in der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung": "Wir sind von Leitl absolut überzeugt. Es geht darum, vertrauensvoll und konstruktiv weiterzuarbeiten und daraus zu lernen."
Leitls taktische Ausrichtung geht nicht auf
Auch Leitl gibt sich vor der Rückkehr nach Fürth gelassen: "Ich verspüre keinen größeren Druck als in den vergangenen Wochen oder in der Hinrunde." Am Sonntag gegen Magdeburg ging allerdings seine offensive taktische Ausrichtung mit einem 4-2-2-2, wobei die vorderen beiden Reihen paktisch ein Quadrat bildeten, nicht auf. Hinter den vier Offensivspielern, die den Gegner früh anlaufen sollten, ergaben sich zu große Freiräume für die Gäste.
"Momentan läuft es uns halt nicht aus der Nase." 96-Trainer Stefan Leitl
Was in der Hinrunde klappte, funktioniert nun nicht mehr
Immerhin - und das spricht dafür, dass es zwischen Team und Trainer stimmt - gab Hannover gegen den Aufsteiger nie auf. Am Ende standen sie dennoch mit leeren Händen da, und Mann monierte: "Wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, fangen wir an, Fußball zu spielen. Wir zeigen dann zwar Moral, aber es reicht nicht, dass es nur die letzten 20 Minuten sind." Was in der Hinrunde noch klappte, funktioniert nun nicht mehr: "Enge Spiele auf unsere Seite zu ziehen", so der Sportdirektor. Das Selbstbewusstsein leidet.
Den Abwärtstrend stoppen
Grundsätzlich passe es zurzeit nicht - oder wie Leitl es etwas derbe beschrieb: "Momentan läuft es uns halt nicht aus der Nase - so, wie es vielleicht mal war. Und deswegen haben wir die Problematik, dass wir keine Spiele gewinnen." Mit einem Sieg am Sonntag in der alten Heimat wäre zwar längst nicht alles wieder gut. Ein Dreier würde aber immerhin den Trend und den Sinkflug in der Tabelle stoppen.