WM-Spielerin Laura Freigang: Nie ohne Fußball - und Kamera
In Australien und Neuseeland läuft die größte Frauenfußball-Weltmeisterschaft aller Zeiten. Mit im 23er-Kader der deutschen Nationalmannschaft: die gebürtige Kielerin Laura Freigang - und ihre Kamera.
Wer bei Instagram dem Kanal "pictogangg" folgt, bekommt zahlreiche Porträt-Bilder von Nationalspielerinnen geliefert. Torhüterin Merle Frohms, die ihr Gesicht in die Sonne hält. Lina Magull, die am Flughafen einen Kaffee trinkt. Aber es ist nicht irgendeine Fan-Seite der Nationalelf. Die Bilder sehen nach mehr aus, als irgendwelchen zufälligen Schnappschüssen für Social Media, und kommen auch nicht aus dem Medien-Team des DFB. Sie sind von Nationalspielerin Laura Freigang. Sie hält zahlreiche Momente dieser WM-Reise mit einer Kamera fest, am liebsten mit ihrer analogen Leica. "Ich habe das Gefühl, wenn ich zehn normale Fotos mache und ein analoges, wird das analoge auf magische Art und Weise immer besser als die digitalen", sagt die 25-Jährige in der NDR-Doku Shootingstars. Und auch in ihrer eigenen Fußball-Karriere hatte sie schon zahlreiche Momente, die ein Erinnerungsfoto wert gewesen wären.
Premierentorschützin Laura Freigang
Da wäre zum Beispiel ihr erstes Tor für Holstein Kiel in der B-Juniorinnen-Bundesliga. Denn: Die heutige Nationalspielerin kam 1998 nicht nur in Kiel zur Welt, sondern lebte mit ihren Eltern und ihrem Bruder als Jugendliche auch noch mal drei Jahre in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt. 2011 zog Familie Freigang aus der Nähe von Mainz wieder nach Kiel und Laura wechselte vom FSV Oppenheim in die Jugend von Holstein Kiel. Mit 14 Jahren debütierte sie mit der KSV in der B-Juniorinnen Bundesliga Nord/Nordost und gleich im ersten Spiel gegen Werder Bremen schoss sie zwei Tore. Nur wenige Monate später folgte der erste Einsatz in einer der Jugend-Nationalmannschaften. Mit der deutschen U-15 DFB-Auswahl traf sie im April 2013 auf die Niederlande. Ihr erstes Spiel für die A-Nationalmannschaft machte sie im Frühjahr 2020 beim Algarve Cup gegen Norwegen.
Verbundenheit zu Kiel ist geblieben
Inzwischen spielt die Stürmerin für den Bundesliga-Topclub Eintracht Frankfurt, der in der vergangenen Saison hinter dem FC Bayern und dem VfL Wolfsburg den dritten Platz belegte. In Schleswig-Holstein lebt sie zwar schon lange nicht mehr, ihre Verbundenheit aber ist geblieben. Noch heute wohnen ihre Großeltern in Kiel-Altenholz und sie ist regelmäßig zu Besuch. Auch das hält sie mit der Kamera fest: Eine der Bilderreihen aus dem vergangenen Jahr ist ihrer Oma bei einem Spaziergang am Strand gewidmet. "Ich liebe Kiel", sagt die 25-Jährige über ihre Geburtsstadt. Wenn sie im Norden ist, stehen neben einem Besuch bei ihrer Oma auch Treffen mit Freunden auf dem Programm "und manchmal gehe ich ins Holstein-Stadion", berichtet die frühere KSV-Spielerin.
Social-Media-Berühmtheit mit klarer Haltung
Die Fotos, die sie von ihrer Oma oder auch von Mitspielerinnen macht und auf "pictogangg" hochlädt, bekommen etwa 16.000 Follower in ihrem Feed angezeigt. Das sind wenige, im Vergleich zu den etwa 140.000 Followern, die ihre Beiträge auf ihren Hauptprofilen bei Instagram oder auch auf Tiktok sehen. Auf den Social Media-Plattformen findet sich, neben ihren Fotos, vor allem kreativer und lustiger Content, zum Beispiel, wie sie sich den ein oder anderen Spaß mit oder über ihre Mitspielerinnen in der Nationalmannschaft erlaubt. Und sie veröffentlicht auch kritische Clips - zum Beispiel, wenn sich in ihren Kommentarspalten mal wieder unqualifizierte Kommentare zum Frauenfußball sammeln.
Typisch norddeutsch mit dem Schalk im Nacken
Für ihre klare Haltung schätzen sie nicht nur ihre Fans, sondern auch die Co-Trainerin der deutschen Nationalmannschaft Britta Carlson. "Eine starke Persönlichkeit, die eine klare Meinung zu den Dingen hat und wenn sie mal keine hat, auch das äußern kann", sagt Carlson über die 25-Jährige. Wie Freigang ist auch Britta Carlson in Schleswig-Holstein geboren - sie lebt noch immer im Kreis Segeberg. Sie weiß also, wovon sie spricht, wenn sie über die Nationalspielerin sagt, dass sie ein "bisschen typisch norddeutsch den Schalk im Nacken hat" und "immer mal einen guten Spruch auf den Lippen und einen trockenen Humor besitzt und viele Spielerinnen und Menschen im Umfeld zum Lachen bringen kann."
Bruder Lucas drückt aus Deutschland die Daumen
Das weiß sicher auch Lauras jüngerer Bruder Lucas. Auch er ist auf einigen Bildern der vergangenen Monate zu sehen. "Wenn man drüber nachdenkt, ist es schon ganz schön krass", findet der 19-Jährige im Interview mit NDR Schleswig-Holstein mit Blick darauf, dass seine fünfeinhalb Jahre ältere Schwester gerade mit der Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland ist. In seinem Heimatort bei Mainz spielte Laura lange bei den Jungs. "Eigentlich war es immer so, dass alle sie unterschätzt haben am Anfang. Und dann wurde aber immer gesagt beim Spiel: Achtung! Das Mädchen ist sehr gut!", erinnert er sich.
Starke Konkurrenz im Nationalteam
So gut, dass Laura Freigang im vergangenen Jahr bei der Europameisterschaft dabei war und auch in diesem Jahr von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg in den WM-Kader berufen wurde. Allerdings: Die Konkurrenz bei der Nationalelf ist groß. Mit Kapitänin Alexandra Popp und Jule Brand vom VfL Wolfsburg oder auch Lea Schüller und Klara Bühl vom FC Bayern ist die Offensive im deutschen Team stark besetzt und Laura Freigang muss sich wie bei der Europameisterschaft wohl darauf einstellen, die meisten Spiele auf der Bank zu sitzen. Diese Rolle ist für die Sportlerin auf der einen Seite frustrierend. Auf der anderen Seite: "Bei so Turnieren wie der Europameisterschaft sind dann aber andere Dinge im Fokus und das ist vor allem der mannschaftliche Erfolg und da stehe ich auch voll hinter."
Viel neues Material für Instagram-Kanal
Wie viele Einsätze es bei dieser Weltmeisterschaft am Ende also für Laura Freigang sein werden, ist also schwer zu sagen. Was aber wohl schon jetzt klar ist: Am Ende der Weltmeisterschaft - und die Chancen stehen nicht schlecht, dass sie fürs deutsche Team eine Weile dauern wird - wird Laura Freigang eine Menge Filme zu entwickeln haben, die sie auf ihrem Instagram-Kanal "pictogangg" hochladen kann. Denn: "Optimalerweise halte ich ne ganze Reise bis zu einem Titel fest. Und alles, was danach kommt, natürlich auch. Das wäre wunderbar", sagt die gebürtige Kielerin. Im besten Fall gibt es also am 20. August ein Bild mit Pokal, dann ist das WM-Finale in Sydney.