VfL-Frauen nach Elfmeter-Drama erneut Pokalsieger
Die Fußballerinnen des VfL Wolfsburg haben nach einem dramatischen Duell mit ihrem Bundesliga-Rivalen SGS Essen als erster Club sechs Mal in Folge den DFB-Pokal gewonnen. Das Team von Coach Stephan Lerch setzte sich am Sonnabend in Köln im ersten "Geister-Finale" der deutschen Fußball-Geschichte mit 4:2 im Elfmeterschießen durch. Keeperin Friederike Abt - Vertreterin der pausierenden Nationaltorhüterin Almuth Schult (Babypause) - avancierte mit zwei gehaltenen Penaltys zur Heldin ihrer Farben. Nach regulärer Spielzeit und Verlängerung hatte es 3:3 gestanden (3:3, 1:2).
"Ich ärgere mich sehr über das 3:3 per Freistoß. Umso schöner ist es, dass ich dem Team jetzt mit zwei gehaltenen Elfmetern helfen konnte", sagte die überglückliche Abt im Ersten. Beim späten Ausgleichstreffer hatte die 25-Jährige eine unglückliche Figur gemacht.
VfL nach elf Sekunden in Rückstand
Der Weg zum Titel war für den hohen Favoriten lang und steinig. Bereits nach elf Sekunden gerieten die "Wölfinnen" nach einem langen Ball, bei dem Sara Doorsoun und Lena Goeßling orientierungslos im Raum standen, in Rückstand. Lea Schüller überlupfte die herausstürzende Keeperin Abt und köpfte den Ball anschließend ins Tor. Wolfsburg antwortete im Stile eines Champions: Anna Blässe passte in den Rücken der Essener Abwehr zu Pernille Harder, die mit einem Schuss ins kurze Eck egalisierte (11.). Sollte nun alles seinen erwarteten Gang gehen? Mitnichten! Der VfL-Auftritt blieb schludrig. Beispiel gefällig? In der 18. Minute kam Marina Hegering nach einem Eckstoß völlig unbedrängt zum Kopfall und brachte den Tabellenfünften der abgelaufenen Bundesliga-Serie erneut in Front.
Hernach rissen die "Wölfinnen" das Zepter zwar zunehmend an sich, konnten jedoch gegen leidenschaftlich kämpfende Essenerinnen im Angriff nur sporadisch Gefahr entwickeln. Die Halbzeitführung des Underdogs war durchaus verdient.
"Wölfinnen" erst im Glück, dann im Pech
Die große Frage vor Beginn des zweiten Durchgangs war, ob die SGS ihre Zweikampfintensivität und das enorme Laufpensum würde aufrechterhalten können. Die Antwort lautete ja. Das Team von Coach Markus Högner machte seine individuelle Unterlegenheit weiter durch leidenschaftlichen Einsatz wett und hatte Pech, dass Jana Feldkamp nach einem Konter am Innenpfosten scheiterte (59.). Dieser Aluminiumtreffer war für Wolfsburg eine Art Weckruf. Danach agierte der Meister etwas druckvoller, mit mehr Überzeugung. Und Blässe legte all ihre Wut über den insgesamt immer noch unbefriedigenden Auftritt in einen Torschuss. Nach einer abgewehrten Ecke traf sie aus 25 Metern per Aufsetzer zum 2:2 - ein Sonntagsschuss am frühen Samstagabend (70.).
Als Dominique Janssen den VfL dann vier Minuten vor Ultimo per Kopf nach Harder-Ecke in Front brachte, schien die Entscheidung gefallen. Aber der Außenseiter gab nicht auf und hatte Fortune, dass Schiedsrichterin Nadine Westeroff (Wanne-Eickel) nach einem eigentlich korrekt geführten Zweikampf von Alexandra Popp gegen Marina Hegering auf Freistoß für die SGS entschied. Den Standard schoss Irini Ioannidou an der Wolfsburger Mauer vorbei ins Tor (90.+1).
Wolfsburg vom Punkt mit den besseren Nerven
In der Verlängerung war der VfL gegen zunehmend entkräftete Essenerinnen das klar dominante Team. Aber die "Wölfinnen" konnten kein Kapital aus ihrer Überlegenheit schlagen.
Pech zudem für sie, dass Claudia Neto und Blässe binnen Sekunden nacheinander jeweils am Pfosten scheiterten (113.). Die Entscheidung über den DFB-Pokalsieger der Saison 2019/2020 musste somit im Elfmeterschießen fallen. Die ersten beiden Schützinnen beider Mannschaften waren erfolgreich, dann trat Popp an und schoss links vorbei. Der Außenseiter war nun ganz nah dran an der Sensation. Doch Abt parierte zunächst gegen Ioannidou und nach dem 3:2 durch Goeßling auch gegen Nina Brüggemann. So hatte Harder die Chance, den VfL zum sechsten Sieg in Serie zu schießen. Und diese nutzte die Weltklasse-Stürmerin eiskalt.
Lerch: "Sehr stolz auf diese Leistung"
"Es war ein tolles Spiel zum Zuschauen, aber wir hätten das natürlich gerne ein bisschen anders gelöst. Solche Titel sind nicht selbstverständlich, gerade nach so einer ungewohnt langen Saison. Wir sind daher sehr stolz auf diese Leistung", sagte Wolfsburgs Trainer Lerch.