Trainerfrage beim HSV: Kuntz auf der Suche nach "Mr. Perfect"
Beim HSV hat nach der Trennung von Steffen Baumgart die Suche nach einem neuen Trainer begonnen. Sportvorstand Stefan Kuntz schweigt bisher zu in den Medien gehandelten Kandidaten. Dass der frühere Nationalspieler einem unerfahrenen Coach wie Ruud van Nistelrooy das Vertrauen schenkt, scheint aber eher unwahrscheinlich.
Am Sonntag gab es beim HSV eine Art "Doppel-Wumms", um es einmal mit den Worten eines nicht ganz unbekannten deutschen Politikers zu sagen. Denn nur wenige Stunden nachdem Steffen Baumgart als Coach der Hamburger Zweitliga-Fußballer seiner Aufgaben entbunden wurde, gab es eine weitere wichtige Trainer-Entscheidung beim Traditionsclub: Stefan Gehrke trat zurück.
Stefan Gehrke? Der Name mag erst einmal nur Fußball-Insidern ein Begriff sein. Aber der 52-Jährige darf immerhin für sich etwas beanspruchen, was kein HSV-Profi-Trainer seit 1987 schaffte: Er gewann mit dem Club einen Titel. Mit der dritten Mannschaft des Vereins holte Gehrke im Sommer den Pokal für untere Herrenteams und stieg zudem in die Oberliga auf.
Es braucht kluge und kreative Lösungen
Weil sich die Stadtliga aber als eine Nummer zu groß für den HSV III erweist, warf der Inhaber der UEFA-Pro-A-Lizenz am Sonntag nach dem 0:5-Debakel beim Niendorfer TSV die Brocken hin. Da haben sie nun also beim HSV den Salat.
Baumgart weg, Gehrke weg und weit und breit auf dem ersten Blick keine Kandidaten in Sicht, die sich der jeweils komplizierten Aufgaben mit guten Erfolgsaussichten annehmen könnten. Der HSV braucht im Herbst 2024 gleich auf mehreren Ebenen das, woran es ihm in der Vergangenheit so häufig mangelte: kreative und kluge Lösungen.
Polzin und Favé wohl nur Übergangslösung
Für die kreative und kluge Neubesetzung des Trainersessels der Hamburger Profifußballer zeichnet dabei Stefan Kuntz verantwortlich. Einen Schnellschuss wird es an der Uwe-Seeler-Allee nicht geben, das hat der 62-Jährige unmittelbar nach der Demission von Baumgart bereits erklärt. Auch ein eigenes Comeback als Coach schloss der frühere U21-Nationaltrainer aus. Bis ein Baumgart-Nachfolger gefunden ist, werden Co-Trainer Merlin Polzin und Loïc Favé, Coach des Regionalliga-Teams, die Mannschaft betreuen.
Dass die beiden jungen Trainer-Talente bereits jetzt zur Dauerlösung werden, ist selbst bei einem Erfolg am kommenden Sonntag (13.30 Uhr) beim Karlsruher SC nahezu ausgeschlossen. Fast alles spricht dafür, dass Kuntz einen erfahrenen Coach verpflichtet.
Magath-Verpflichtung unwahrscheinlich
Nachdem es Baumgart in seiner neunmonatigen Amtszeit trotz aller Bemühungen nicht geschafft hat, die von Vorgänger Tim Walter und dessen fast anarchischem Fußball-Ansatz geprägte Mannschaft zu einem widerstandsfähigen Spitzenteam zu formen, würde dem individuell fraglos gut besetzten Kader nun ein Übungsleiter mit einer einfachen und klaren Spielidee guttun.
Natürlich wünschen sich viele HSV-Fans jetzt Vereinslegende Felix Magath als starken Mann. Dass Kuntz den einstigen Mittelfeldakteur und Manager des Clubs holt, ist aber unwahrscheinlich, würden dann doch zwei Alphatiere miteinander auskommen müssen.
Routiniers wie Funkel und Schuster im Blickfeld?
Realistischer als eine Magath-Verpflichtung ist da schon ein Engagement von Friedhelm Funkel an der Elbe. Der 70-Jährige hat in seiner langen Karriere schon häufig seine Qualitäten als Soforthelfer unter Beweis gestellt und wäre mit seiner ruhigen Art im aufgeregten Hamburger Umfeld vielleicht genau der richtige Mann.
Aber auch der sechs Jahre jüngere Uwe Neuhaus müsste eigentlich eine interessante Option für Kuntz sein. Union Berlin und Arminia Bielefeld führte er in die Bundesliga, weiß also, wie der Aufstiegskampf in Liga zwei funktioniert. Das Gleiche trifft auch auf die aktuell ebenfalls vereinslosen André Breitenreiter, Dirk Schuster und Torsten Lieberknecht zu.
Gerüchte über Labbadia-Comeback beim HSV
Ein Name, der sich ebenfalls hartnäckig in der Gerüchteküche hält, ist Bruno Labbadia. Mit dem 58-Jährigen spielte Kuntz früher gemeinsam beim 1. FC Kaiserslautern. Beide sollen sich zudem gut verstehen. Und für Labbadia könnte sprechen, dass er das komplizierte Gebilde HSV gut kennt. Zweimal war er bereits Trainer der Hamburger.
Kuntz will sich bei Trainersuche Zeit lassen
Kuntz wird gewiss ein Profil im Kopf haben, wie der neue Mann ticken soll. Und natürlich hat er als Sportvorstand eine Liste von Trainern, die er nun abarbeiten wird. Einen Zeitplan dafür will der 62-Jährige nicht nennen. Es gehe darum, den "Richtigen" zu finden, so der frühere Angreifer.
Mehr sagte Kuntz zu "Mister X" nicht. Gut möglich also, dass es am Ende tatsächlich auch ein Ruud van Nistelrooy oder Niko Kovac wird, die beide ebenfalls im Gespräch sind. Nicht auszuschließen aber auch, dass der Sportvorstand eine völlig überraschende Lösung präsentieren wird. Tobias Schweinsteiger, Ex-Aufstiegscoach des VfL Osnabrück und früherer Co-Trainer beim HSV, wäre so ein Mann. Dem Bruder von Weltmeister Bastian Schweinsteiger wird allerorts nachgesagt, ein großes Talent zu sein.
Die Gemengelage im Volkspark spricht jedoch eher dafür, dass die Wahl von Kuntz auf einen "Altmeister" fallen wird. Einen Routinier wie Funkel oder Urs Fischer, der mit Union Berlin ebenfalls den Bundesliga-Aufstieg schaffte.