St.-Pauli-Trainer Hürzeler: Erfolg, der Begehrlichkeiten weckt
Fußball-Zweitligist FC St. Pauli und sein Trainer Fabian Hürzeler reiten eine Erfolgswelle, sind Tabellenerster und noch ungeschlagen. Es ist das Ergebnis von Arbeit und Werten, die der Coach vorlebt - und es weckt das Interesse anderer.
So, wie jeder Mensch seine eigene Rhetorik hat, seine eigenen Worte für bestimmte Situationen, machen da auch Fußballtrainer keine Ausnahme. Im Fall von Hürzeler ist es die häufige Verwendung von "Demut". Der 30-Jährige verbindet das in seinen Spiel-Analysen gerne mit dem Wort "weiterarbeiten".
Hürzeler prägen Werte, "mit denen ich groß geworden bin"
Während bei vielen seiner Trainer-Kollegen (und erst recht bei vielen Spielern) Interviews wie eine schier endlose Aneinanderreihung immer gleicher Worthülsen klingen mögen, kommt es bei dem im US-Bundesstaat Texas geborenen Hürzeler aus der tiefen Überzeugung seines Wesens, aus der Erziehung, die er in seiner Familie genossen hat, "Werten, mit denen ich großgezogen worden bin", wie er im NDR Podcast erzählt. Und das bedeutet eben auch: Wiederholung.
Grund zur Wiederholung haben Hürzeler und sein Team aktuell zur Genüge: vier Siege in Folge, Tabellenerster, als einzige Mannschaft der 2. Liga in dieser Spielzeit ungeschlagen. Demut. Weiterarbeiten.
Perfektionsdrang und Ehrgeiz
Aus beidem sprechen Hürzelers Perfektionsdrang und Ehrgeiz (bei Spieleabenden mit der Familie sei "auch schon mal Geschirr geflogen") sowie sein steter Wille, sich selbst und seine Mitmenschen und Spieler weiterentwickeln zu wollen. Das beinhaltet auch das Verhältnis von Lob und Kritik.
"Wenn die Mannschaft nur Lob und Komplimente - auch von mir - hören würde, dann würden wir irgendwann stagnieren", sagt Hürzeler. Er selber etwa will an der Seitenlinie nicht mehr so viele Gelbe Karten kassieren. "Das ist etwas, woran ich arbeiten muss, das weiß ich." Vermitteln in Worten, vorleben in Handlungen.
"Sachliche Kritik und inhaltliches Feedback" gehören daher für ihn "zur Persönlichkeitsentwicklung", erklärt er. Worte werden zu Werten. Eine Philosophie, die er auch seinen Spielern vermittelt - mit "freundschaftlicher Autorität".
Als Hürzeler den FC St. Pauli kürzlich als Arbeiterverein bezeichnete, sprach er neben der gesellschaftlichen Dimension und den politischen Wurzeln des Vereins auch eine übergeordnete arbeitsethische Einstellung an, die er von sich und seinem Team fordert.
"Wir versuchen Spieler auf Phasen vorzubereiten, in denen es nicht so gut läuft." St.-Pauli-Coach Fabian Hürzeler
In der aktuellen Rolle des Gejagten in der 2. Liga bedeutet das für ihn, "jetzt noch mehr zu investieren". Auch weil er weiß, dass Fußball ein Ergebnissport ist und Krisen kommen können. Weiterarbeiten - an fußballerischen Abläufen, aber auch an der mentalen Stabilität. "Wir versuchen Spieler auf Phasen vorzubereiten, in denen es nicht so gut läuft. Wir wollen aber in unserer Struktur so stark sein und werden, dass uns solche Momente nicht von unserem Weg abbringen."
Hürzelers Erfolge wecken Begehrlichkeiten
Der Erfolg weckt indes Begehrlichkeiten. Mehrere Bundesligisten sollen sich für die Dienste des 30-Jährigen interessieren. Aber Hürzeler sagt: "Es ist wirklich ein Privileg, beim FC St. Pauli arbeiten zu dürfen." Es sei "ein großer, toller Verein, der sportliche Ambitionen hat und der für gewisse Werte steht, mit denen ich mich total identifizieren kann". Daher beschäftige er sich "nicht mit dem, was in Zukunft passieren kann."
Auch Oke Göttlich wehrt ab: "Gute Menschen werden überall nachgefragt und das ist auch vollkommen richtig und in Ordnung so. Wir sind sehr dankbar, und ich glaube, auch Fabian ist uns sehr dankbar", sagte der Club-Präsident dem NDR. Hürzeler wisse, "was er am FC St. Pauli hat. Nämlich hier in Ruhe seine Idee weiterentwickeln und arbeiten zu können".
St. Pauli gastiert bei Paderborn
Kurzfristig heißt das, das Team auf die Partie in Paderborn am Sonnabend (13 Uhr, im NDR Livecenter) vorzubereiten. Die Ostwestfalen sind seit vier Spielen ungeschlagen. Hürzeler: "Für mich gibt es in der 2. Liga keinen klaren Favoriten. Jedes Spiel beginnt bei 50:50." Demut. Weiterarbeiten.
Mögliche Aufstellungen:
SC Paderborn: Huth - Schuster, Müller, Hoffmeier - Obermair, Klefisch, Hansen, Muslija - Ansah, Klaas - Grimaldi
FC St. Pauli: Vasilj - Wahl, Smith, Mets - Saliakas, Irvine, Hartel, Ritzka - Afolayan, Eggestein, Saad