"Der Wahnsinn geht weiter" - Kiel im Pokal-Viertelfinale
Zweitligist Holstein Kiel steht im Viertelfinale des DFB-Pokals! Im Duell gegen Ligakonkurrent SV Darmstadt 98 setzten sich die "Störche" mit 8:7 nach Elfmeterschießen (1:1, 0:0) durch - und träumen weiter vom Finale in Berlin.
Doch der erste Einzug in die Runde der letzten Acht seit dem Jahr 2012 war nichts für schwache Nerven. Nachdem die Partie nach 120 Minuten und beim Stand von 1:1 keinen Sieger gefunden hatte, musste die Entscheidung vom Punkt her. Und auch die ging in die Verlängerung. Simon Lorenz erzielte schließlich im neunten Elfmeter-Durchgang nach Darmstadts drittem Fehlschuss durch Tim Skarke den entscheidenden Treffer für die Gastgeber. Die "Störche" haben damit zum dritten Mal das Viertelfinale des DFB-Pokals erreicht. "Der Wahnsinn geht weiter", rief Kiels Mittelfeldmann Fin Bartels nach dem Spiel. Trainer Ole Werner war dagegen sehr viel abgeklärter: "Das war ein umkämpftes Spiel auf Augenhöhe. Im Elfmeterschießen gewinnt am Ende des Tages die glücklichere Mannschaft."
Unsichtbarer Rucksack zu Beginn
"Auf in die nächste Runde!" stand schon vor der Partie auf einem Plakat vor der Tribüne, auf der normalerweise die Fanszene der Kieler zu finden ist. Doch der "Rekordpokalsiegerbesieger" tat sich gegen Darmstadt zunächst sehr schwer, die Wünsche seiner Fans auf dem Platz umzusetzen. Ob es nach dem Sieg gegen Bayern München an der Favoritenrolle lag? Oder doch am aggressiven Pressing der Gäste? Beides ist wohl Teil der Wahrheit.
Wenig Chancen und Aluminium-Glück
Und zu der gehört, dass die KSV im ersten Spielabschnitt hinter ihren Möglichkeiten und den Erwartungen zurückblieb. Ein Lupfer über das Tor von Fabian Reese (2.) und ein unplatzierter Versuch aus der Ferne von Alexander Mühling (20.) - mehr gelang der Offensive der Schleswig-Holsteiner gegen kompakte Hessen nicht. Die Gäste ließen es stattdessen krachen: Mathias Honsaks Schuss klatschte in der neunten Minute lautstark an den rechten Pfosten. Ioannis Gelios im KSV-Tor schaute dem Ball nur hinterher und war erleichtert, nicht ins Netz greifen zu müssen.
Ansonsten lieferten sich beide Mannschaften einen regelrechten Abnutzungskampf. In einem lauf- und zweikampfintensiven Spiel lauerte man jeweils auf grobe Fehler des Gegners. Die blieben aus, und so ging es torlos in die Kabinen.
"Störche" besinnen sich auf ihre Stärken
Was Werner in der Halbzeit zu seinen Spielern sagte, ist nicht überliefert. Es hatte aber einen sichtbar wohltuenden Effekt. Die Nervosität im Kieler Spiel legte sich und der Mut zum Risiko stieg - das wurde belohnt. Reese spielte aus der eigenen Hälfte einen Steilpass in den Fuß des schnellen Janni Serra, der "Lilien"-Torwart Marcel Schuhen überlupfte. Das 1:0 in der 58. Minute war Fußball, wie ihn die Anhänger an der Förde kennen und lieben. Der Vorlagengeber hätte neun Minuten später fast für die Entscheidung gesorgt. Doch anders als beim Zweitliga-Spiel gegen Braunschweig traf Reese mit seiner Direktabnahme an der Strafraumgrenze nur das Außennetz.
Gelios mit dem Patzer
Danach überließ die KSV den Darmstädtern die Initiative und lauerte auf Konter. Die von Verletzungen gebeutelte Innenverteidigung um Hauke Wahl und den neu ins Team gerückten Lorenz stand sicher - bis zur 86. Minute. Da konnte Wahl den flachen Schuss von "Lilien"-Torjäger Serdar Dursun nicht blocken. Der unplatzierte Versuch des gebürtigen Hamburgers flog auf Gelios zu, der sich nicht entscheiden konnte, ob er mit der Hand oder dem Fuß abwehren soll. Am Ende wurde es nichts von beidem und der Ball glitt unter ihm durch zum 1:1 - Verlängerung an der Förde!
Die intensive Partie hatte ihre Spuren hinterlassen. Und die Angst, den entscheidenden Fehler zu machen, war beiden Mannschaften anzumerken. Lorenz' Kopfball, der knapp über das Tor ging (97.) und zwei Abschlüsse der Gäste durch Dursun (109.) und Seung-Ho Paik (114.) bildeten die wenigen Highlights.
Lorenz beendet den Elfmeterkrimi
Die Entscheidung musste vom Elfmeterpunkt fallen. Darmstadts Marvin Mehlem machte den Anfang - und scheiterte an Gelios! Wahl tat es ihm als erster Kieler gleich, Schuhen parierte den Schuss ins rechte Eck. Es folgten jeweils vier erfolgreiche Versuche hintereinander. Dann ging auch der Elfmeterkrimi in die Verlängerung. Nachdem Darmstadts Skarke links am Tor vorbeischoss, behielt Lorenz als neunter Kieler Schütze die Nerven und verwandelte zum entscheidenden 7:6 für die "Störche", die sich jubelnd in die Arme fielen.