Holsteins Kiels Sportchef Carsten Wehlmann © Witters

"Kein Grund für Nervenflattern": Kiel-Sportchef Wehlmann zum Aufstiegsrennen

Stand: 29.04.2024 11:18 Uhr

Die Fußball-Bundesliga ist für Holstein Kiel zum Greifen nah. Am Sonntag in Wiesbaden könnte die "Störche"-Party schon steigen - davon will der neue Geschäftsführer Carsten Wehlmann aber noch nichts wissen. Der Aufstieg wurde schon einmal verspielt.

von Andreas Bellinger

Das Ziel ist so nah - aber bei Holstein Kiel bemühen sich weiterhin alle, den Ball flach zu halten. Dabei könnten die "Störche" schon am Sonntag (13.30 Uhr, im NDR Livecenter) mit einem Sieg in Wiesbaden als erster Fußball-Bundesligist aus Schleswig-Holstein ein Kapitel in den Geschichtsbüchern des Sports schreiben. Wenn, ja wenn Fortuna Düsseldorf im Heimspiel am Freitag gegen den 1. FC Nürnberg den Boden bereitet und nicht gewinnt.

Alles klar soweit. Oder beginnt womöglich wieder das große Flattern, wie vor drei Jahren, als der Aufstieg auf den letzten Metern in der Relegation noch verspielt wurde?

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"Nichts in den Mund nehmen, was noch nicht ist"

"Wir denken noch nicht an irgendwelche Feierlichkeiten und brauchen nichts in den Mund zu nehmen, was noch nicht ist", sagt der neue Geschäftsführer Sport, Carsten Wehlmann, im Sportclub des NDR und gibt wie die Spieler und Trainer Marcel Rapp mit einem Lächeln zu verstehen: "Alles andere werden wir diskutieren, wenn es so weit ist."

Man mag es ihnen nachsehen nach dem bescheidenen Auftritt am Sonnabend gegen den 1. FC Kaiserslautern. Kritiker werden sagen: Wer gegen einen Abstiegskandidaten - Pokalfinalist hin oder her - im eigenen Stadion eine 1:3-Schlappe kassiert, sollte tatsächlich besser kleine Brötchen backen.

Spiel in Wiesbaden - Wehlmann hat keine Sorge

Bei derzeit fünf Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz und nur noch drei ausstehenden Spieltagen halten sich Nervosität oder gar Zweifel bei Holstein in Grenzen. Trotz des Rückschlags, der eine Serie von sechs Siegen ohne Gegentor beendet hat. "Dafür gibt es doch gar keinen Grund", so Wehlmann. "Wir wissen, welche Fehler wir gemacht haben." Auch die Leistung der zweiten Halbzeit fördere die Zuversicht auf einen erfolgreichen Auftritt bei Wehen Wiesbaden, das im Abstiegskampf gerade Trainer Markus Kauczinski entlassen hat.

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"Das macht die Vorbereitung zwar nicht einfacher", meint der gelernte Schifffahrtskaufmann Wehlmann, hält aber beharrlich Kurs: "Wenn wir zu 100 Prozent unsere Leistung auf den Platz bringen, habe ich überhaupt keine Sorge."

Wehlmann stieg schon mit Darmstadt auf

Dass er nur wenige Wochen nach seinem Amtsantritt den größten Triumph der Vereinsgeschichte (mit)feiern kann, lässt ihn anscheinend kalt. "Wir machen uns keine Gedanken, was wäre wenn, sondern denken an das nächste Spiel." Der frühere Torwart hat längst bewiesen, dass er aufsteigen kann - sogar in die Bundesliga. Gemeinsam mit dem früheren Braunschweiger Trainer Torsten Lieberknecht führte er Darmstadt 98 zurück in die Erste Liga. Der prompte Abstieg der "Lilien" folgte am Sonntag, nach dem 0:1 gegen Heidenheim steht er drei Runden vor dem Saisonende fest.

Mit Paukenschlag zurück in den Norden

Ohne den Sportlichen Leiter Wehlmann, der nach gut fünf Jahren in Darmstadt im vergangenen Dezember freigestellt wurde, nachdem er seinen Vertrag gekündigt hatte. Ein Paukenschlag, wie die lokalen Zeitungen schrieben. Einen bundesligatauglichen Kader wird der gebürtige Hamburger, der als Keeper unter anderem bei St. Pauli, dem HSV und Hannover 96 spielte, nun aller Voraussicht nach in Kiel zusammenstellen können. Dort war er schon von 2010 bis 2018 als Chefscout und Torwart-Trainer tätig, schaffte beim deutschen Meister von 1912 zunächst den Sprung aus der Regionalliga Nord in die Dritte Liga und 2017 in die 2. Bundesliga.  

Reibungsloser Wechsel von Stöver zu Wehlmann

"Für mich fühlt es sich an wie ein Nach-Hause-Kommen", schwärmte er bei seiner Vorstellung im März, machte aber sogleich deutlich, dass weder Heimatgefühle noch nostalgische Gedanken ausschlaggebend für seinen Wechsel an die Förde waren. "Holstein ist ein seriös und bodenständig geführter Club", so Wehlmann, der seinen freiwillig scheidenden Ex-Nachbarn Uwe Stöver als Geschäftsführer und Vize-Präsident ablöst. Einen reibungslosen Wechsel nennt es Aufsichtsrats-Chef Stefan Tholund: "Es gibt sicherlich nicht viele Vereine, bei denen das so funktioniert."

Potenzial im ruhigen Umfeld

Gute Voraussetzungen also, um bei einem Abenteuer in der Bundesliga sportlich und wirtschaftlich nicht in Bedrängnis zu geraten. Es würden alle Vorkehrungen getroffen, dass, wenn der Fall der Fälle eintreten sollte, die "Störche" in der Eliteliga auch bestehen können. "Natürlich geht es immer auch darum, den Kader zu optimieren. Aber die Mannschaft hat einen hervorragenden Job gemacht. Auf die Jungs vertrauen wir", sagt Wehlmann. Der Verein habe gezeigt, dass er sich Stück für Stück entwickeln will. "In diesem seriösen und ruhigen Umfeld ist Potenzial."

Lizenz trotz vieler Baustellen

Holstein habe das Geld der Sponsoren nicht nur in Spieler investiert, sondern perspektivisch auch in die Infrastruktur und das Nachwuchsleistungszentrum. Das erkennt wohl auch die Deutsche Fußball Liga (DFL) an, die Lizenz für die Erste Liga ist erteilt. Mit Auflagen allerdings, wie seit 2017 regelmäßig auch in Liga zwei, weil die gestellten Anforderungen nicht erfüllt wurden. Ein mit 75 Millionen Euro taxierter Umbau des Stadions ist geplant, bislang aber nur auf dem Papier.

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Es fehlen Sitzplätze: 8.000 sind in der Bundesliga gefordert; aktuell sind es laut KSV nur 5.239. Auch das Flutlicht genügt den Ansprüchen der DFL nicht. Ebenso wie die Medieninfrastruktur. In der Bundesliga gelten klare Regeln, beispielsweise auch für die stadionnahen Parkplätze und den Raum für die Pressekonferenz. Bei beiden müsste die Kapazität verdoppelt werden.

Holstein will Spieler entwickeln

Probleme und Baustellen allenthalben. Aber Wehlmann ist entschlossen, den Kieler Weg unbeirrt weiterzugehen und Spieler mit Potenzial zu entwickeln. Wie den 19-jährigen Tom Rothe, der aber noch Vertrag in Dortmund hat, nur ausgeliehen ist. "Das schließt nicht aus, dass auch in der Bundesliga mal ein erfahrener Spielertyp dazukommt", sagt Wehlmann, so wie die Routiniers Lewis Holtby und Torjäger Steven Skrzybski. Aber auch, dass Leistungsträger neue Herausforderungen suchen, wie zuletzt Fabian Reese (Hertha BSC) und Hauke Wahl (FC St. Pauli).

Wehlmann wird anstehende Entscheidungen richtig treffen und moderieren, da ist sich der Kieler Aufsichtsrat Tholund sicher: "Er passt menschlich, fachlich und von seiner Grundeinstellung hervorragend zur DNA von Holstein."

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Dieses Thema im Programm:

Sportclub | 28.04.2024 | 22:50 Uhr

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