Wirbel um Kiels Tolkin - "Trage keine diskriminierenden Gedanken in mir"
Noch hat John Tolkin gar nicht für Fußball-Bundesligist Holstein Kiel gespielt, aber dafür sorgt der Rekordtransfer der "Störche" abseits des Platzes für Wirbel. Der Amerikaner bedauert nun, dass er in den Sozialen Medien Posts im Zusammenhang mit Gender-Identität, der Corona-Pandemie und Verschwörungstheorien gelikt hat.
"Ich bedauere, dass Dinge, die ich in der Vergangenheit in meinen Social-Media-Aktivitäten gemacht habe, Menschen verletzt, irritiert oder beleidigt haben könnten. Das war nie mein Ansinnen", teilte Tolkin in einem von Kiel verbreiteten Statement mit: "Ich möchte an dieser Stelle zu 100 Prozent versichern, dass ich alle Menschen respektiere, unabhängig ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität. Ich beurteile Menschen immer danach, wie sie mich und andere behandeln."
"Ich trage weder homophobe noch in irgendeiner Form diskriminierende Gedanken in mir." John Tolkin
Holstein hatte den Transfer von Tolkin am Donnerstag perfekt gemacht, der 22 Jahre alte Linksverteidiger wechselt vom MLS-Team New York Red Bulls zum Tabellenvorletzten der Bundesliga. Medienberichten zufolge sollen die "Störche" zwischen 2,5 und 3 Millionen Euro für Tolkin bezahlt haben.
"John steht hinter der Vereinsphilosophie, und das beinhaltet ausdrücklich das Bekenntnis zu Vielfalt, Toleranz und gegen jede Form von Diskriminierung und Rassismus." Statement Holstein Kiel
Den Kielern waren die Social-Media-Aktivitäten vor dem Transfer bekannt, im Rahmen der Verpflichtung kam das Thema zur Sprache. "John hat uns in den Gesprächen glaubwürdig dargelegt, dass er mit diesen Likes niemanden verletzen oder beleidigen wollte", hieß es in einer Mitteilung. Der Spieler stehe "hinter der Vereinsphilosophie, und das beinhaltet ausdrücklich das Bekenntnis zu Vielfalt, Toleranz und gegen jede Form von Diskriminierung und Rassismus". Die Werte sind Teil der Kieler Nachhaltigkeitsstrategie unter dem Punkt "Für die Menschen".
Ähnlichkeit zum Fall Felix Nmecha
Der Vorgang erinnert stark an den Wechsel von Felix Nmecha vom VfL Wolfsburg zu Borussia Dortmund vor eineinhalb Jahren. Der Mittelfeldmann hatte damals nach Ärger wegen seiner Social-Media-Aktivitäten beteuert, er liebe alle Menschen. Die BVB-Bosse sagten, Nmecha habe sie "in intensiven Gesprächen absolut davon überzeugt, dass er kein transphobes oder homophobes Gedankengut in sich trägt" - und den Wechsel gegen den großen Widerstand eines Teils der Fanszene durchgezogen.
Anhänger der "Flatearther"-Szene?
Welche konkreten Aussagen in Tolkins Posts gemeint sind, ließ die KSV Holstein nun offen. Schon in der Vergangenheit hatte sich Tolkin in einem US-Interview während seiner Zeit bei der US-Nationalmannschaft während der Olympischen Spiele in Paris für seine Aktivitäten entschuldigt.
Bei den Beiträgen, die er mit einem Gefällt-mir-Button markiert hat, soll es sich auch um einen Post der sogenannten "Flatearther"-Szene handeln. Diese Bewegung vertritt die Auffassung, dass die Erde eine Scheibe statt einer Kugel ist. Vor allem in den Vereinigten Staaten hat diese Theorie einige Anhänger.
Tolkin: "Ich will mich auf den Fußball konzentrieren"
In seinem Freundeskreis und seinen Mannschaften treffe er "immer wieder auf unterschiedlichste Menschen, und ich habe zu denen stets eine enge und vertrauensvolle Beziehung. Darum möchte ich klarstellen, dass ich weder homophobe noch in irgendeiner Form diskriminierende Gedanken in mir trage", sagte Tolkin: "Das lässt sich mit meinen persönlichen Werten, die mir von Kindheit an vermittelt wurden, nicht vereinbaren. Daher schmerzt es mich jetzt umso mehr, dass mein Start hier bei Holstein Kiel von diesem Thema begleitet wird. Ich will mich auf den Fußball konzentrieren und dem Verein und der Mannschaft sportlich helfen."
Das kann der Amerikaner womöglich schon am Sonnabend (15.30 Uhr, im NDR Livecenter) tun. Dann empfangen die Kieler die TSG Hoffenheim zu Hause und wollen nach dem fulminanten Jahresauftakt gegen Dortmund den nächsten Sieg einfahren.