Hannover 96: Zweitliga-Frust - aber Aufstiegs-Euphorie der U23
Zwei Eisen im Feuer? Während Zweitligist Hannover 96 die Relegation zur Bundesliga wohl abschreiben muss, kann die U23 der "Roten" den Aufstieg in Liga drei schaffen. Der Club will das Risiko wagen und "die Kosten tragen", so Sportdirektor Marcus Mann.
Auch wenn die Vorfreude auf den doppelten Aufstieg bei den Niedersachsen nach dem mühsamen 1:1 der Zweitliga-Kicker gegen Schalke 04 am Sonntag einen Dämpfer bekommen hat, bleibt Marcus Mann dabei: "Wir haben schon früh gesagt, dass wir keiner Mannschaft verbieten wollen aufzusteigen."
Den Kampf um Relegationsplatz drei in der 2. Fußball-Bundesliga hat der Sportdirektor der "Roten" zwar längst noch nicht aufgegeben, seine Aussage im NDR Sportclub galt denn aber doch mehr dem Nachwuchs der 96er.
Hannovers Nachwuchs auf dem Weg in Liga drei
Die U23 ist unangefochten Spitzenreiter der Regionalliga Nord und hat den Aufstieg in die Dritte Liga vor Augen. Der Tabellenführer unterstrich am Wochenende seine herausragende Stellung beim 4:0 gegen die Zweite von Holstein Kiel.
Als Meister müsste sich die Mannschaft des früheren 96-Profitrainers Daniel Stendel aber noch in der Relegation gegen den Meister Bayerns (wahrscheinlich Würzburg) durchsetzen.
Sportdirektor Mann: "So hoch spielen wie möglich“
"Wir sind ein Fußballverein mit Leistungsgedanken. Da sollen alle Mannschaften so hoch spielen wie möglich“, sagt Mann. Dafür seien die Niedersachsen bereit, tief in die Tasche zu greifen und zu investieren.
Wie hoch das finanzielle Engagement in den Nachwuchs sein wird, vermochte Mann noch nicht zu beziffern. Aber die im Raum stehenden vier Millionen Euro seien es auf keinen Fall. "Wir sind in der glücklichen Lage, eine herausragende Akademie und das Eilenriedestadion zu haben, in dem wir allerdings Nachbesserungen tätigen müssen", so der 40-Jährige. "In welchem Umfang, wissen wir noch nicht. Auf jeden Fall haben wir die Lizenz eingereicht."
Aufstieg kostet - kann sich aber auch lohnen
"Es wird den Club für Talente interessanter machen", argumentiert der Sportdirektor und erinnert an die Zeiten, als 96 den Talenten hinterherrennen musste. "Heute bekommen wir die jungen Spieler angeboten." Dass die Akteure mehr verdienen und das Drumherum professioneller und teurer würde, sei nicht verschwiegen. Die weiteren Reisen zu den Spielen in ganz Deutschland auch nicht.
Aber der Ausbildungsgedanke kann sich auch auszahlen. Vereine, die junge Spieler an die Profimannschaft heranführen und im Spielbetrieb einsetzen, werden von der Deutschen Fußball Liga (DFL) finanziell gefördert. Im Topf dafür sind vier Prozent der TV-Einnahmen. Über die sogenannte Nachwuchs-Säule wird der Verein entlohnt, wenn es Spieler in die erste Mannschaft schaffen. Mann: "Das ist für uns im Etat ein wichtiger Baustein."
Stendel: "Ziemlich stark vom Verein"
Einem Aufstieg steht also nichts im Weg. Stendel aber, der das Team 2022 übernommen hat und drei Jahre zuvor mit dem FC Barnsley in die zweithöchste englische Profiliga aufgestiegen war, stapelt derweil tief.
"Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Trotzdem finde ich es ziemlich stark vom Verein und von der sportlichen Leitung, dass sie die Mannschaft unterstützen, dass sie die Jungs unterstützen. Dass sie uns von den äußeren Bedingungen die Chance geben, die Saison zu krönen."
Rückschlag: Nur 1:1 gegen Schalke
Hannover 96 im Aufwind? Nicht ganz. Dazu gehen die Zweitliga-Kicker mit ihren Aufstiegs-Ambitionen und -Möglichkeiten nach dem Geschmack der Fans einfach zu fahrlässig um.
Die Arena am Maschsee war gegen Schalke mit 49.000 Zuschauern ausverkauft, das Wetter sonntäglich, die Stimmung prima. Bis Assan Ouedraogo (17.) die schwächste Auswärtsmannschaft der Liga in Führung brachte.
96 tat sich schwer, "hatte große Probleme sich durchzusetzen", wie Trainer Stefan Leitl meinte. "Deshalb war es eher sparsam mit Tormöglichkeiten." Zum Glück half Schalkes Paul Seguin (81.) beim Torschuss von Cedric Teuchert kräftig mit und vollendete schließlich per Eigentor zum 1:1.
Prüfstein Braunschweig, dann kommt St. Pauli
"Unter dem Strich war unsere Leistung einfach nicht gut genug, um hier drei Punkte zu holen. Das müssen wir uns selbst ankreiden, wir haben einfach nicht alles rausholen können, was in der Mannschaft steckt", sparte Mittelfeldakteur Enzo Leopold nicht mit Selbstkritik. "Wir haben unsere Lage heute nicht verbessert, so ehrlich muss man sein", fügte Mann im NDR Sportclub hinzu.
Nächster Prüfstein ist am Sonntag (13.30 Uhr, im NDR Livecenter) das Derby in Braunschweig (Mann: "Da müssen wir sowieso gewinnen"). Danach kommt Spitzenreiter FC St. Pauli ins wieder ausverkaufte Stadion in Hannover.
96-Trainer Leitl: "Es geht immer um den Aufstieg"
"Dann schauen wir mal, was dabei rausgekommen ist", meint Mann und würde sich wahrscheinlich schon freuen, wenn die "Roten" mal nicht einem Rückstand hinterherrennen müssten. "Dann ist es natürlich deutlich schwieriger, die Spiele zu gewinnen."
Und dem Anspruch in Hannover gerecht zu werden, wie Trainer Leitl nicht ohne kritischen Unterton ergänzt: "Es geht immer um den Aufstieg. Das ist auch legitim. Und trotzdem sollte man nicht zu schnell immer zu viel erwarten."