HSV: Wohl keine Anklage gegen Vuskovic - wie geht es jetzt weiter?
Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat die Doping-Ermittlungen gegen Innenverteidiger Mario Vuskovic vom Fußball-Zweitligisten Hamburger SV nach NDR Informationen beendet. Auswirkungen auf das Urteil vom Sportgericht CAS hat dies aber nach Einschätzung von ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt nicht.
Die Ermittler haben dem kroatischen Verteidiger vergangene Woche seine elektronischen Geräte und Besitztümer wieder ausgehändigt, die konfisziert worden waren. Beweise für den Dopingverdacht wurden offenbar nicht gefunden; auch ein Verhör und medizinische Untersuchungen sollen für Vuskovic gut ausgegangen sein. Zuerst hatte die "Süddeutsche Zeitung" berichtet.
Offiziell eingestellt ist das Verfahren der Staatsanwaltschaft noch nicht, eine Anklage gilt unter diesen Umständen aber als unwahrscheinlich. Ein wenig Erleichterung also für Vuskovic, bei dem die Nationale Anti-Doping Agentur (NADA) nach einer Trainingskontrolle im September 2022 die verbotene Substanz Erythropoetin (Epo) festgestellt hatte. Ende März 2023 sperrte der DFB den 21-Jährigen rückwirkend ab dem 15. November 2022 für zwei Jahre.
ARD-Dopingexperte Seppelt: Wohl kein Einfluss auf den CAS
Beide Seiten legten Einspruch ein, die Vuskovic-Seite fordert einen Freispruch, die NADA eine vierjährige Sperre. Seitdem liegt der Fall beim Internationalen Sportgerichtshof CAS, laut "Süddeutscher Zeitung" wird die Verhandlung dort aber frühestens im Dezember stattfinden.
Was aber bedeuten die ergebnislosen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft für den weiteren Verlauf des Falls Vuskovic? Rein formal betrachtet habe dies keinerlei Konsequenzen, erklärt ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt. "Im Strafrecht muss einem Verdächtigen die Schuld bewiesen werden. Im Sportrecht ist es genau andersherum, da gilt die sogenannte Umkehr der Beweislast. Da muss der Verdächtige belegen, dass er unschuldig ist. Insofern sind das zwei völlig unterschiedliche Rechtsgrundsätze."
"Ich glaube nicht, dass die Karten jetzt besser gemischt sind für Vuskovic." ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt
Seppelt zweifelt daran, dass die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft Einfluss auf den CAS haben werden. "Er muss sehen, was die Fakten sind, und da steht eine positive B-Probe zu Buche. Eine eindeutig positive B-Probe, sagen die Analytiker. Insofern glaube ich nicht, dass die Karten jetzt besser gemischt sind für Vuskovic."
Der HSV-Profi wird vor dem CAS von Anwalt Paul Greene vertreten, der Spezialist für Dopingfälle ist und den australischen Läufer Peter Bol erfolgreich vor einer Sperre bewahren konnte. Der große Unterschied zum Fall Vuskovic: Bols B-Probe war "atypisch auffällig", also nicht eindeutig positiv oder negativ.
Epo-Analyseverfahren weiter angreifbar
Es ist dieser Interpretationsspielraum, der Epo-Fälle schwierig und angreifbar macht. Seppelt: "Unabhängig davon, wie schwer die laboranalytischen Ergebnisse im Fall Vuskovic wiegen - und sie wiegen aus Sicht der Analytiker doch sehr schwer - muss man konzedieren, dass das Epo-Analyseverfahren eben nicht so viel Zuverlässigkeit bietet wie etwa ein Nachweisverfahren auf klassische Dopingmittel, beispielsweise Anabolika."
Analytiker sehen sich im sogenannten SAR-PAGE-Verfahren Messbilder an und deuten sie. "Da ist noch Luft nach oben, da besteht Verbesserungsbedarf, das geben Insider auch zu. Solange es nichts Besseres gibt, wird die WADA aber ihr derzeit gültiges Verfahren mit Zähnen und Klauen verteidigen, um keine Präzedenzfälle zu schaffen", sagt Seppelt. "Das kann man durchaus kritisieren. Andererseits werden findige Anwälte alles dafür tun, ihre Mandanten freizuboxen, solange es diese Angriffsflächen rechtlicher Natur im Analyseverfahren gibt."
CAS-Entscheidung erst zum Jahreswechsel
Ob dies im Fall Vuskovic gelingt, wird voraussichtlich erst zum Jahreswechsel klar sein, wenn der CAS den Prozess eröffnet. Die Hamburger Staatsanwaltschaft wird diese Verhandlung voraussichtlich noch abwarten, ehe sie die Ermittlungen offiziell einstellt.