Globetrotter Echelmeyer: Vom Fahrlehrer zum Co-Trainer in Gambia
Hilflosigkeit beim Erdbeben in Marrakesch und Todesangst in einem Propeller-Flugzeug, aber auch Glücksmomente beim Afrika-Cup als Co-Trainer von Gambia: Robert Echelmeyer hat sich seinen Fußball-Traum erfüllt. Es war eine "Achterbahn der Gefühle" für den Fahrlehrer aus Burgwedel bei Hannover.
"Es war eine tolle Zeit, mit wunderbaren Menschen und Freundschaften, die sicher bestehen bleiben. Ich werde Gambia immer im Herzen behalten", blickt Echelmeyer im NDR Interview trotz aller Turbulenzen glücklich auf seine Zeit bei den "Scorpions" zurück.
Nach dreieinhalb "wunderschönen" Jahren im Trainer-Team der gambischen Fußball-Nationalmannschaft hat sich Echelmeyer nach dem Ausscheiden beim Afrika-Cup im Januar verabschiedet und verdingt sich nun wieder in der Fahrschule seines Freundes als Fahrlehrer.
Begonnen hatte alles für Echelmeyer, der unter Mirko Slomka in der A-Jugend von Hannover 96 aber auch in Namibias Premier League für den Ramblers FC und SK Windhoek gekickt hat, im Jahr 2009. Der Zwei-Meter-Mann und Globetrotter, der neben Deutsch und Englisch auch Französisch und Spanisch spricht, hat in Südafrika, der Heimat seiner Mutter, in Kanada, Irland und Spanien gelebt - und arbeitete damals bei einer Zeitung in Buenos Aires.
Eine Stellenanzeige der deutschsprachigen "Allgemeinen Zeitung" in Windhoek brachte ihn nach Namibia - als Sportreporter für die Fußball-WM 2010 in Südafrika, "bei der ich unbedingt dabei sein wollte". Perfekt also für Echelmeyer.
Beginn einer wunderbaren Freundschaft
"Ich habe ein Volontariat gemacht, meine Frau kennengelernt und beide Töchter sind dort zur Welt gekommen", erzählt der am 10. Juni 1982 in Frankfurt/Main geborene Weltenbummler. Windhoek war für ihn auch der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Der Belgier Tom Saintfiet war damals Nationaltrainer Namibias und wurde ein echter Kumpel. "Er wollte mich immer in seinem Team haben. In Gambia hat es 2020 endlich geklappt."
Eine aufregende Zeit, gekrönt von der Afrika-Cup-Premiere der gambischen Nationalmannschaft knapp zwei Jahre später. Der Underdog war als Nummer 150 der FIFA-Weltrangliste so schlecht postiert wie noch kein Teilnehmer des Turniers zuvor. Und Gambia scheiterte zur Überraschung aller erst im Viertelfinale gegen Gastgeber Kamerun.
Bürgerkrieg in Kamerun und Massenpanik
Ein Riesenerfolg, der in Gambia eine regelrechte Fußball-Euphorie entfachte. "Jedes Spiel ist ein Straßenfeger", so Echelmeyer. Und die Frohnatur war mittendrin. Aber es gab auch Schatten, lange Schatten sogar. Das Coronavirus hatte erst die Mannschaft und dann auch ihn erwischt. Aus der Quarantäne im Trainingslager in Doha reiste er dem Team hinterher - nach Limbe direkt in den Bürgerkrieg im Südwesten Kameruns.
"Überall schwer bewaffnete Soldaten mit Sturmhauben und Maschinengewehren. Über dem Feld kreiste ein Hubschrauber", beschrieb er die Sicherheitsmaßnahmen im Gespräch mit der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Bei einer Schießerei zwischen Rebellen und der Armee habe es Tote und Schwerverletzte gegeben. Die Massenpanik vor dem Spiel Kameruns gegen die Komoren, bei der acht Menschen starben, beendete die Partystimmung nach dem Achtelfinalsieg gegen Guinea abrupt. "Das war alles eine krasse Achterbahn der Gefühle", so der 41-Jährige.
Pleiten, Pech und Pannen mit Gambia
Es konnte nur besser werden bei der zweiten Afrika-Cup-Teilnahme des kleinen Landes in Westafrika - so mochten Gambias Trainer und Spieler gedacht haben. Aber die Serie von Pleiten, Pech und Pannen ging vor dem Turnier Anfang 2024 in der Elfenbeinküste weiter. Die Vorbereitung wurde abgebrochen, ein Testspiel gegen Marokko gestrichen, quälende 30 Stunden dauerte die Rückkehr aus dem Trainingslager in Saudi-Arabien, und zu allem Überfluss gipfelte ein Streit um ausbleibende Prämien in einem wütenden Spielerstreik. Nicht zu vergessen: In den Köpfen aller kreiste noch immer die fürchterliche Angst, die sie beim Erdbeben in Marrakesch durchlitten hatten.
"Einfach schrecklich" - Die Erde bebt in Marrakesch
Zwei Tage vor dem letzten Qualifikationsspiel gegen Kongo (2:2) am 10. September 2023, das nach Marokko verlegt worden war, weil das Stadion in Gambia den internationalen Vorgaben nicht entsprach, bebte die Erde in Marrakesch so stark wie seit 100 Jahren nicht mehr. 2.960 Menschen starben dem Vernehmen nach. "Es schaukelte wie auf hoher See, die Wände bewegten sich. Einfach schrecklich", erzählt Echelmeyer. "Wir mussten trotzdem spielen und haben zwei Nächte draußen am Pool geschlafen, weil das Hotel einsturzgefährdet war."
Sauerstoffmangel im Flugzeug - Pilot als Lebensretter
Aber der Horror sollte nicht vorbei sein, als der Flug von der Hauptstadt Banjul zum Afrika-Cup in die Elfenbeinküste anstand. Alle an Bord fühlten sich sehr müde, und deshalb dachte sich Echelmeyer auch nichts dabei, dass er in der betagten Propellermaschine immer wieder einnickte.
"Ich habe es auf die Reisestrapazen geschoben, bin aber im Halbschlaf aufgewacht und war schweißgebadet." Tatsächlich hatte es in der Kabine einen Druckabfall gegeben, die Folge war Sauerstoffmangel: "Zum Glück ist der Pilot rechtzeitig zurück nach Banjul geflogen. Und hat uns damit wohl das Leben gerettet."
Echelmeyer hat Lust auf mehr
Langweilig war es wahrlich nie mit den gambischen Kickern. Aber dieses Kapitel ist für ihn abgeschlossen: "Es war das letzte Turnier mit Gambia." Auch für seinen Freund und Cheftrainer Saintfiet. Aber "es hat definitiv Lust auf mehr gemacht - so ist auch der Plan", sagt Echelmeyer. Im Mai will der 41-Jährige die Ausbildung für den B-Trainerschein beginnen.