Ein Schiedsrichter zeigt die Rote Karte. © IMAGO / Laci Perenyi

Fußball in SH: Ohne Respekt keine Schiedsrichter

Stand: 01.10.2023 06:00 Uhr

Viele Fußballvereine in Schleswig-Holstein finden nicht mehr genug Schiedsrichter. Ein Grund: fehlender Respekt. Der Verband reagiert mit Geldstrafen und Punktabzügen. Welche langfristigen Lösungsansätze gibt es?

von Marc Kramhöft

Die erste Herrenmannschaft des Barkelsbyer SV (Kreis Rendsburg-Eckernförde) spielt ihre zweite Saison in der Verbandsliga Nord, hat einen recht soliden Start hingelegt. Nach sieben Partien stehen drei Siege, ein Unentschieden und drei Niederlagen zu Buche. In der Tabelle sind trotzdem nur vier Punkte auf der Habenseite, das Team findet sich in der Abstiegszone wieder.

Sechs Punkte Abzug wegen fehlender Schiedsrichter

Es ist kein Rechenfehler, sondern die Strafe des Schleswig-Holsteinischen Fußballverbandes (SHFV), weil der Barkelsbyer SV erneut nicht genügend Schiedsrichter stellen kann. Sechs Zähler Abzug gibt es dafür, wie schon in der vergangenen Spielzeit. Da reichte es ganz knapp zum Klassenerhalt. "Die ersten Gespräche mit der Mannschaft, dass es wohl wieder minus sechs Punkte geben wird, wurden schon während der Vorbereitung geführt", erzählt Fußball-Obmann Nico Kerber. "Wir haben ihr aber auch geschildert, woran es liegt. Und das konnte die Mannschaft ganz gut aufnehmen." Außerdem muss der Verein 1.000 Euro Strafe zahlen.

Erst Geldstrafe, dann Minuspunkte

Wie viele Schiedsrichter ein Verein stellen muss, hängt laut Spielordnung des SHFV davon ab, wie viele Mannschaften er im Herren-, Frauen- und Jugendbereich in welcher Spielklasse für die Saison gemeldet hat. Bis zur Kreisliga muss ein Unparteiischer benannt werden, ab der Verbandsliga zwei. Der Barkelsbyer SV müsste demnach auf vier Schiedsrichter kommen, hat aber aktuell nur zwei. Der Verband reagiert in so einem Fall im ersten Jahr zunächst mit einer Geldstrafe. Erfüllt ein Verein dauerhaft sein Soll nicht, gibt es die zusätzlichen Minuspunkte.

51 Vereine von Punktabzügen betroffen

Ein Problem, das auch viele andere Fußballklubs in Schleswig-Holstein kennen. Das zeigt die aktuelle Liste des Verbandes mit allen Punktabzügen. Oberliga, Verbandsliga, Kreisklasse, alles genauso dabei wie sechs Zähler, vier Zähler oder ein Zähler Abzug. Je nachdem, wie viele Schiedsrichter fehlen und wie lange schon. Insgesamt 51 Vereine im Land müssen eine Strafe hinnehmen.

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Zahl der Schiedsrichter ist deutlich gesunken

"Es findet eigentlich jedes Wochenende da draußen eine Mängelverwaltung statt", sagt Norbert Richter. Er ist beim SHFV Vizepräsident "Qualifizierung und Schiedsrichter". Genau 1.542 aktive Unparteiische zählt der Verband aktuell, das sind rund 300 weniger als noch vor der Corona-Pandemie im Jahr 2019. Nur mit großer Mühe können die Spiele besetzt werden, zum Teil gelingt das auch schon nicht mehr. "Wenn wir nicht darauf bauen könnten, dass wir viele positiv verrückte Schiedsrichter haben, die zwei- oder dreimal am Wochenende losfahren, wären die Auswirkungen noch gravierender", meint Richter.

Respektlosigkeit und Gewalt schrecken ab

Die Gründe sind vielfältig, und doch sticht einer heraus: die zunehmenden Respektlosigkeiten bis hin zu verbaler oder sogar körperlicher Gewalt. "Selbst erlebt oder nur irgendwo anders wahrgenommen, viele wollen sich das nicht mehr antun", sagt Richter. Dazu kommen Unparteiische, die zum Beispiel aus Altersgründen oder wegen eines Umzugs aufhören. Wieder andere hätten während der Corona-Pandemie ohne Fußball neue Hobbys gefunden, so der SHFV-Vizepräsident.

SHFV will den Mangel mit Projekten bekämpfen

Lösungen sind also gefragt, um den Trend zu stoppen. Der Verband verweist auf verschiedene eigene Projekte. Unter anderem gibt es seit mehreren Jahren das Schiedsrichter-Praktikum, das inzwischen SchiriBlick heißt. Richter erklärt: "Sie können ein Schiedsrichter-Team begleiten, sie können hinter die Kulissen schauen und gucken: Ist das etwas für mich?" Desweiteren setzt der SHFV auf ein Patensystem. Neue Unparteiische werden bei den ersten drei Partien von erfahrenen Kollegen begleitet, um einen möglichst guten Start zu haben und dabei zu bleiben.

Mehr Geld für die Schiedsrichter aktuell kein Thema

Ein deutlich höheres Honorar für die Spielleitung, wie es zum Beispiel Fußball-Obmann Nico Kerber vom Barkelsbyer SV fordert, steht für Richter nicht an erster Stelle: "Wenn es damit so einfach wäre, hätten wir es schon lange gemacht. Die Grundproblematik ist viel komplexer." Dazu komme, dass die Vereine die Honorare zahlen. Diese müssten also zustimmen und das Geld auch aufbringen können.

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Ein Schiedsrichter bekommt in dieser Saison zum Beispiel für ein Spiel in der Oberliga 41,60 Euro, in der Kreisliga sind es 21,30 Euro. Das ist etwas mehr als in der vergangenen Spielzeit, und auch im kommenden Jahr sollen die Honorare laut Schiedsrichterordnung des SHFV noch einmal leicht steigen. Dann gibt es in der Oberliga 42,40 Euro, in der Kreisliga 21,70 Euro pro Partie.

SHFV wünscht sich langfristige Planung der Vereine

Richter sieht am Ende aber auch die Vereine in der Pflicht: "Wir können als Verband unterstützen, aber sie haben die Hauptverantwortung." Er wünscht sich vor allem mehr Anerkennung und Wertschätzung innerhalb der Klubs für die Schiedsrichter. "Sie sollen nicht besser gestellt werden, aber vor allem nicht minder gestellt." Die Vereine müssten sich, so Richters Wunsch, strategischer aufstellen, wenn es darum geht, neue Unparteiische zu gewinnen und alte zu halten.

Barkelsbyer Fußball-Obmann: "Habt Respekt!"

Der Barkelsbyer SV jedenfalls will in dieser Saison trotz Punktabzug einen Platz in der oberen Tabellenhälfte erreichen. Mit Blick aufs nächste Jahr führt er Gespräche mit anderen Vereinen im Kreis Rendsburg-Eckernförde, die genügend Schiedsrichter stellen. Die Hoffnung ist, so erklärt es Fußball-Obmann Nico Kerber, dass einige davon künftig für seinen Verein pfeifen möchten. Denn: "Die kommende Spielzeit wollen wir mal wieder ohne Minuspunkte bestreiten." Damit das klappt, in Barkelsby und auch bei anderen Mannschaften, appelliert Kerber an alle Trainer, Spieler, Betreuer und Fans: "Habt Respekt vor den Schiedsrichtern. Die machen das, damit wir den Sport ausüben können, den wir lieben."

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 01.10.2023 | 08:00 Uhr

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