Spielerberater Mario Eggimann © Imago / Eibner

Ex-Fußballprofi Eggimann: Der etwas andere Spielerberater

Stand: 10.10.2023 10:45 Uhr

Mario Eggimann hat für Hannover 96 und die Schweiz gespielt. In 17 Jahren Profifußball haben ihn eigene Höhen und Tiefen, aber auch Tragödien wie der Suizid von Robert Enke nachdenklich gemacht. Seine Erfahrungen gibt er als "Menschenberater" Spielerinnen und Spielern mit auf ihren Karriereweg.

von Andreas Bellinger

Die Branche hat nicht den besten Ruf. Spielerberater im Fußball - zumal die "schwarzen Schafe" des Geschäfts - gelten häufig als Abzocker, die Verträge und Transfers diktieren, an denen sie kräftig mitverdienen. Bayern Münchens Uli Hoeneß nannte sie einmal "geldgierige Piranhas", die vor allem am eigenen Vorteil interessiert sind. Eggimann dürfte er damit nicht gemeint haben.

Der einstige Fußballprofi von Hannover 96 und Schweizer Nationalspieler versteht sich mit seiner Agentur SportsTransfer als etwas anderer Spielerberater - einer, der den Menschen im Fokus hat, seine Karriere, aber auch seine Probleme und Krisen. Spielerinnen und Spieler, die am Anfang ihrer Karriere stehen oder an einem Punkt angekommen sind, an dem sie nicht mehr weiterkommen. Ein Traumberuf!?

"Mein Traumberuf war es zunächst sicher nicht." Spielberater Mario Eggimann

"Irgendwann bin ich gefragt worden: 'Du kennst dich doch aus in dem Geschäft - kannst du mir nicht helfen?'" So fing es an, erzählt der 42-Jährige dem NDR. "Mein Traumberuf war es zunächst sicher nicht." Eigentlich wollte er nach 17 Jahren im Profifußball nur raus aus dem Umfeld, das ihm weiß Gott nicht nur Spaß bereitet habe.

Als 17-Jähriger debütierte der Abwehrspieler beim FC Aarau in der Schweizer Super League, war Kapitän des Karlsruher SC beim Bundesliga-Aufstieg 2007, spielte fünf Jahre für Hannover 96 sowie zehnmal im Nationalteam der Eidgenossen, mit denen er 2010 an der WM in Südafrika teilnahm.

Schlussstrich bei Union "mit gutem Gefühl"

Unvergessliche Momente - aber das von einer hartnäckigen Verletzung aufgezwungene Ende der Karriere bei Union Berlin war bitter. Obwohl er damals fast trotzig meinte: "Ich höre mit einem guten Gefühl auf." Sein letztes Profispiel bestritt er mit den "Eisernen" aus Köpenick als Einwechselspieler am 19. Dezember 2014 in Düsseldorf (0:1).

Zurück in einen erlernten Beruf konnte er nicht, wollte es auch gar nicht. Dass er eine kaufmännische Lehre mit dem Segen der Eltern abgebrochen hatte, habe er nie bereut. "Für jene, die vor dem Fußball einen anderen Beruf erlernt haben, ist es meist unmöglich, dort anzuknüpfen", sagte der Schweizer der "Aargauer Zeitung". "Es wartet niemand, bis du wiederkommst."

Traumatherapie hilft nach Enkes Suizid

Also beschloss der Familienvater, der mit seiner Frau und zwei Kindern in Sindelfingen lebt, sich weiterzubilden, belegte Kurse in Gesprächs- und Traumatherapie. Er hatte als Spieler selbst schon Hilfe in Anspruch genommen - nach dem Suizid seines Mannschaftskollegen Robert Enke: "Es war eine ganz schlimme Phase, in der wir bei Hannover 96 viel mit Psychologen gearbeitet haben." Anders war es auch gar nicht zu bewältigen, das Unfassbare: der Tod eines Mitspielers, mit dem er noch tags zuvor nach dem Training gesprochen hatte.

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Robert Enkes Tod vor 15 Jahren: Tragödie eines Torwarts

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"Robert war krank, schwer krank", sagt er und beschreibt im NDR Sportclub, wie schwierig es danach war, sich selbst wieder zu spüren. Erst da habe er realisiert, dass es ihm selbst nicht gutgeht. "Ich habe angefangen, für mich daran zu arbeiten."

Es hat viel Kraft gekostet, erst eineinhalb Jahre später fand er Hilfe bei einer Traumatherapeutin. Sein Glück! Drei, vier Wochen später habe er wieder gekickt und binnen eines Jahres 50 Spiele für die "Roten" bestritten. "Da habe ich gemerkt: Da ist was, das tut mir gut." Eine Erfahrung, die sein Leben verändert hat.

Begleiten, fördern und beraten

Auch mit Markus Miller hat er beim KSC und in Hannover zusammengespielt. Der Torhüter hat sich geoutet, depressiv zu sein. "Andere verstecken ihre Krankheit hinter einer Maske", so Eggimann. Erfahrungen, die ihm als Berater zugutekommen. Heute erkenne er sehr schnell, was los ist und wie er seinen Talenten helfen kann: "Unser Augenmerk liegt auf dem individuellen Coaching und der Förderung jedes Einzelnen, um einen nachhaltigen Erfolg zu gewährleisten."

Seine Devise: sich Zeit nehmen, sich einfühlen und einlassen auf die persönliche Situation, die Krisen und Probleme der "Schützlinge", sie verstehen und gemeinsam um Lösungen ringen. "Der mentale Bereich ist für die Leistung besonders wichtig", weiß Eggimann, der mehr weibliche als männliche Klienten hat. Und dazu kann er eben auch die Erfahrung als Fußballprofi einbringen. "Vielleicht als Einziger seiner Branche", wie er mutmaßt.

Spielerberater kann sich jeder nennen

Ein Gegenentwurf zu seinen häufig auf Gewinnmaximierung getrimmten Kollegen, die allein in der vergangenen Saison rund 200 Millionen Euro von den Vereinen der Bundesliga kassiert haben. Weit mehr trifft das Klischee von den Agenten mit den Dollarzeichen in den Augen allerdings auf die weltweit agierenden Protagonisten zu. So haben die Whistleblower der Enthüllungsplattform "Football Leaks" belegt, dass die Vermittler des Neymar-Transfers von Barcelona zu Paris Saint-Germain im Jahr 2017 umgerechnet fast 27 Millionen Euro eingestrichen haben.

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Der Weltfußball-Verband FIFA will dem Wildwuchs in dem Beruf, der weder eine Ausbildung noch irgendwelche Zertifikate erfordert, mit schärferen Regularien entgegenwirken. Im Bereich des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zum Beispiel reichen eine Registrierung beim Verband sowie ein polizeiliches Führungszeugnis und 500 Euro Entgelt pro Transferperiode, um als Spielerberater wirken zu dürfen. 

St. Pauli verbannt Berater aus Jugendfußball

Wen wundert's, dass sich Berater schon um junge Talente reißen, die irgendwann einen dicken Profit einbringen könnten. Zweitligist FC St. Pauli hat sich deshalb jüngst "gegen die Kapitalisierung des Jugendfußballs" positioniert und führt künftig Verpflichtungs- und Vertragsgespräche bei minderjährigen Talenten nur noch mit dem Spieler selbst oder dessen engstem Umfeld.

Kein Problem für Eggimann, der den Schutz junger Sportler richtig findet: "Ich kann von einem 16-Jährigen erwarten, dass er solche Gespräche allein führt. Verträge werden ja nicht sofort unterschrieben."

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Dieses Thema im Programm:

Sportclub | 08.10.2023 | 22:50 Uhr

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