Osnabrücks Marc Heider bejubelt den Aufstieg. © picture alliance/dpa | Friso Gentsch

"Ein Traum" - Osnabrück feiert VfL-Aufstiegshelden und die "Brücke"

Stand: 28.05.2023 14:42 Uhr

Die Fußballer des VfL Osnabrück haben nach ihrem Aufstieg in die zweite Fußball-Bundesliga die Nacht zum Tag gemacht. So richtig realisieren konnten viele Spieler und Verantwortliche allerdings noch nicht, was an diesem dramatischen Nachmittag im Stadion an der Bremer Brücke geschehen war.

Party-Marathon für den VfL und kein Ende - erst auf dem Platz, dann in der Kabine und schließlich im "Alando Palais". In dem Osnabrücker Club feierte das Team bis in die Morgenstunden. Doch damit war noch lange nicht Schluss. Oberbürgermeisterin Katharina Pötter (CDU) empfing die VfL-Profis und die Entourage des Aufsteigers am Sonntag im Rathaus. Dort trugen sich die "Lila-Weißen" ins Goldene Buch der Stadt ein.

"Ich habe hier schon einige Politker empfangen. Aber dieser Anlass ist der schönste", sagte Pötter. Aufstiegscoach Tobias Schweinsteiger, der mit einem VfL-Schal um den Kopf und Sonnenbrille zum Empfang kam, lobte sie explizit mit den Worten: "Sie mögen ein typischer Bayer sein, passen aber ganz hervorragend in diese Stadt."

Nach dem Eintrag ins Goldene Buch präsentierte sich das Team dem bereits sehnsüchtig wartenden Anhang auf der Rathaustreppe. Tausende Fans waren zum Marktplatz vor dem Rathaus geströmt, um ihre Helden zu feiern. Am Montag reist die Mannschaft zur weiteren Feier für vier Tage nach Mallorca.

Fans und Spieler in Ekstase

Am Vortag waren unmittelbar nach dem Schlusspfiff des Duells mit der U23 von Borussia Dortmund, das die "Lila-Weißen" durch zwei Treffer in der Nachspielzeit mit 2:1 gewonnen hatten, an der Bremer Brücke alle Dämme gebrochen. Die Fans strömten auf den Rasen und erdrückten die VfL-Kicker beinahe vor Freude. Einige Osnabrücker Profis wie Angreifer Erik Engelhardt verschenkten ihre komplette Arbeitskleidung an die Anhänger und liefen nur noch in Unterhose über den Platz. Und wieder und wieder dröhnte die Vereinshymne "Wir sind alle ein Stück VfL Osnabrück" durch die Lautsprecher. Übertönt wurde sie nur von "Dritte Liga, nie mehr, nie mehr"-Sprechchören.

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"Heute lassen wir die Sau raus", kündigte Engelhardt an, der im Tausch gegen seine Sporthose eine Cargo-Shorts von einem Fan erhalten hatte. "Das ist doch eine gute Buxe", witzelte der 25-Jährige im NDR Interview, bevor er wieder in den feiernden Menschenpulk eintauchte.

Kabinenparty mit Spielerfrauen und tanzendem Zeugwart

Die letzten Osnabrücker Aufstiegshelden gingen erst eineinhalb Stunden nach dem Schlusspfiff des Fußball-Dramas in die Kabine. Dort tanzten sie Arm in Arm mit den Spielerfrauen und Betreuern zu den Klängen des Liedes "Freed from Desire" der italienischen Sängerin Gala um einen Tisch herum, auf dem Zeugwart Mario Richter tanzte. Der Boden des Umkleideraums dürfte am Tag danach einer sehr gründlichen Reinigung bedurft haben. Denn natürlich wurde während der Kabinenparty sehr viel Bier aus sehr großen Gläsern verschüttet.

Kurzum: Es herrschte die pure "lila-weiße" Ekstase an der "Brücke", dessen Mythos nach dem Last-Minute-Sieg und dem damit verbundenen Aufstieg alle Osnabrücker Protagonisten beschworen.

Spieler beschwören Mythos Bremer Brücke

"Es ist geisteskrank, dieses Stadion trägt den Ball ins Tor rein", sagte Kapitän Timo Beermann dem NDR. Angreifer Marc Heider, der sein 262 und letztes Spiel für den VfL bestritt, erklärte sichtlich gerührt: "Es ist ein unfassbarer Brücken-Moment, den man nie vergisst." Und auch für Engelhardt hatten die Fans neben der überragenden Moral des Teams den größten Anteil am Sieg gegen den BVB: "Es macht die Brücke aus, dass wir so ein Spiel noch ziehen." Legendäre Partien mit dramatischen Ausgängen gab es in dem 1933 eröffneten Stadion bereits unzählige. Aber dieser Nachmittag toppte wohl alles zuvor Dagewesene.

Bis in die Nachspielzeit schien es so, als sollte der VfL alles verspielen. Wäre es beim 0:1 geblieben, hätte der 1. FC Saarbrücken die Relegationsspiele bestritten und Osnabrück sich mit dem undankbaren siebten Platz abgeben müssen. Dann drehten der von mehreren Clubs umworbene Ba-Muaka Simakala sowie "Joker" Jannes Wulff mit ihren Treffern die Begegnung.

Aufstiegscoach Schweinsteiger: "Es ist ein Traum"

"Es ist ein Traum. So, wie die ganze Saison lief, so war auch das Spiel. Es ist ein geiles Gefühl. Wir wussten, dass die Brücke immer ein Wunder raushauen kann. Und daran haben wir geglaubt", sagte Trainer Schweinsteiger. Der Bruder von Weltmeister Bastian Schweinsteiger war unmittelbar nach dem Abpfiff erst einmal in die Kabine geflüchtet, hatte dort seinen wichtigsten Bezugspersonen telefoniert und kehrte dann auf den Rasen zurück, "um alles aufzusaugen". Mit umgedrehter Baseball-Cap auf dem Kopf und einer Pulle Bier in der Hand herzte der 41-Jährige alle seine Spieler innig.

Gleich auf seiner ersten Station als Cheftrainer feierte Schweinsteiger einen riesigen Erfolg, mit dem nicht zu rechnen war, als er das Amt Ende August des vergangenen Jahres antrat. Seinerzeit befanden sich die Niedersachsen in Abstiegsgefahr.

Mannschaftsgeist Fundament für Zweitliga-Rückkehr

Zum Geheimnis seines Erfolges sagte der gebürtige Rosenheimer einen erst einmal ziemlich seltsam anmutenden Satz: "Im Endeffekt ist es so: Wenn wir unsere Küche aufräumen, dann können wir auch performen." Schweinsteiger wollte damit ausdrücken, wie wichtig es ihm ist, dass jeder Spieler auch bei scheinbaren Nichtigkeiten wie beispielsweise dem Ausräumen der Spülmaschine im Mannschaftsraum Verantwortung übernimmt.

Das füreinander Dasein sowie der gegenseitige Respekt steht bei der Arbeit des Coaches an erster Stelle. Er schaffte es, eine verschworene Gemeinschaft zu formen, die sich auch von Rückschlägen nicht aus der Bahn werfen ließ und bis zur letzten Sekunde dieser verrückten Osnabrücker Saison an den Aufstieg glaubte. "Dieser Verein passt perfekt zu mir. Wir wissen aber auch, dass das nächste Jahr brutal wird", sagte Schweinsteiger.

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Sportclub | 27.05.2023 | 13:30 Uhr

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