Toni Kroos und Joshua Kimmich vor dem Logo des DFB. © NDR Foto: Moritz Müller / Uwe Kraft
Toni Kroos und Joshua Kimmich vor dem Logo des DFB. © NDR Foto: Moritz Müller / Uwe Kraft
Toni Kroos und Joshua Kimmich vor dem Logo des DFB. © NDR Foto: Moritz Müller / Uwe Kraft
AUDIO: Gegen den Willen des Opas: Toni Kroos zurück beim DFB-Team (2 Min)

Die perfekte DFB-Elf: Kroos bekommt Kimmich, braucht aber Khedira

Stand: 19.03.2024 11:19 Uhr

So stellt sich Julian Nagelsmann seine DFB-Elf für die Heim-EM vor: Rückkehrer Toni Kroos dirigiert, Joshua Kimmich "dient" hinten rechts und Kapitän Ilkay Gündogan soll offensiv zuliefern. Die Datenanalyse zeigt aber, dass der Bundestrainer damit auf dem Holzweg sein könnte.

von Matthias Heidrich

Knapp 95 Prozent Passquote! Real-Madrid-Profi Toni Kroos ist auch in dieser Saison der (Pass-)-König der "Königlichen" und der spanischen La Liga. Kein anderer bringt mehr Bälle ins Ziel und dominiert das Spiel damit dermaßen wie der fünfmalige Champions-League-Sieger, der einst aus Greifswald auszog und die Fußball-Welt eroberte.

Reporter-Legende Marcel Reif hat den Weltmeister von 2014 einmal mit einem Metronom verglichen, das den Takt vorgibt. Immer gleichbleibend, ohne Aussetzer und vor allem ohne Aufregung oder Angst. Kroos versteckt sich nie, fordert immer den Ball und mutiert so ganz selbstverständlich vom Metronom zum Dirigenten - egal, wie lange er dabei auf dem Platz steht.

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In der aktuellen Saison spielt Kroos im Schnitt nur noch 72,03 Minuten. Trotzdem liefert er herausragende Werte ab. Neben der eingangs erwähnten Passquote steht der Deutsche unter anderem auch bei Torschussvorlagen (1,92 pro Spiel), angekommenen langen Bällen (8,48) oder auch Ballverlusten (nur 5,15) auf Platz eins in La Liga.

"Querpass Toni"? Keiner macht das Spiel schneller

Hinzu kommt: Die "Querpass Toni"-Kritik trifft heute ebenso wenig zu wie vor drei Jahren, als Uli Hoeneß sie in die Welt setzte. Es gibt keinen, der das Spiel mit seinen Pässen so schnell macht wie der Greifswalder. Die "Ball Speed Transmission" (BST), bei der die angekommenen Pässe durch die Anzahl der Aktionen geteilt wird, ist dafür ein guter Indikator. Je näher an "1", desto schneller macht der Akteur das Spiel.

Kroos liegt aktuell bei 0,75 - Bestwert in Europa. Auch in den vier vorangegangenen Spielzeiten landete Madrids Metronom in dieser Kategorie auf Platz eins auf dem Kontinent.

Für Nagelsmann sicherlich nichts Neues. "Toni Kroos ist ein Profi, der auch in einer engen EM-Partie die Ruhe behalten wird, den man unter Druck immer anspielen kann", sagte der Bundestrainer im "Spiegel"-Interview, in dem er seine Pläne mit dem 34 Jahre alten Rückkehrer und der DFB-Elf erklärte.

"Er hat den Ball jederzeit unter Kontrolle, seine Annahme ist fehlerfrei, und das über zehn Jahre auf höchstem Niveau bei Real Madrid. Hinter seinen Pässen steckt stets ein Sinn." Pascal Groß über Toni Kroos

Knapp vier Monate vor dem EM-Eröffnungsspiel gegen Schottland in München (14. Juni) hatte der Bundestrainer so bereits öffentlich Fakten geschaffen und den anderen, oft zitierten "80 Millionen Bundestrainern" Nahrung für Diskussionen gegeben.

Nagelsmann mit radikalem Umbruch

Am Donnerstag folgte die offizielle Nominierung für die letzten beiden Tests vor der EM gegen Frankreich (23. März) und die Niederlande (26. März). Die-Kroos-Rückkehr ist damit offiziell und ein radikaler Umbruch obendrein. Gleich sechs Neulinge stehen im 26-köpfigen DFB-Aufgebot. Der Heidenheimer Jan-Niklas Beste, Aleksander Pavlovic vom FC Bayern, Maximilian Beier aus Hoffenheim sowie die Stuttgarter Waldemar Anton, Maximilian Mittelstädt und Deniz Undav.

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Elf Spieler aus dem letzten November-Kader wurden nicht mehr berücksichtigt, darunter Stars wie Mats Hummels, Niklas Süle, Leon Goretzka, Serge Gnabry oder Jonas Hofmann. Leroy Sane fehlt gesperrt.

Kimmich soll seinem Land hinten rechts "dienen"

Neben Kroos als Fixpunkt will Nagelsmann Joshua Kimmich hinten rechts spielen und Kapitän Ilkay Gündogan als Zulieferer für die Feinfüßler-Fraktion Jamal Musiala/Florian Wirtz offensiver agieren lassen.

"Bei der Nationalmannschaft muss man sich unterordnen. Da ist man ein Diener für sein Land. Kimmich ist das", sagte Nagelsmann über Bayern-Profi Kimmich, der sich selbst lieber im Zentrum des Spiels sieht.

Gnadenlose GSN-Daten im Fall Gündogan

Dort, neben Kroos, wäre der GSN-Datenanalyse zufolge auch Kimmichs perfekte Position in der DFB-Elf. In dem von Nagelsmann präferierten 4-2-3-1-System, das passenderweise auch Kroos' Fähigkeiten am besten zur Geltung kommen lässt, würde Kimmich im Vergleich zur Variante mit Gündogan in puncto taktische Flexibilität und defensive Stabilität besser passen.

Die GSN-Daten sind in diesem Fall sogar gnadenlos. Denn gemessen an der "Players chemistry" (gibt an, wie gut die Spieler aufgrund ihrer Fähigkeiten zusammenpassen) und der "Team-DNA" (gibt an, wie gut die Spieler zum taktischen System passen) wäre in der idealen DFB-Startelf gar kein Platz für Kapitän Gündogan.

Die perfekte DFB-Elf würde demnach wie folgt aussehen: Manuel Neuer - Jonathan Tah, Mats Hummels, Antonio Rüdiger, David Raum - Joshua Kimmich, Toni Kroos - Leroy Sané, Florian Wirtz, Jamal Musiala - Niclas Füllkrug.

Kimmich soll hinten rechts "dienen"

Nagelsmann scheut sich nicht vor harten Entscheidungen. Diese Baustelle macht er trotzdem nicht auf, beordert den Profi vom FC Barcelona deshalb lieber etwas weiter nach vorne.

Und Kimmich? "Er hätte im Übrigen auch rechts hinten gespielt, wenn Kroos nicht zurückgekehrt wäre", sagte Nagelsmann und unterstrich damit den Eindruck der vergangenen Monate, dass der Bayern-Profi als Sechser auf allerhöchstem Niveau nicht die erste Wahl ist.

Ob Kimmichs "Diener-Rolle" als Rechtsverteidiger das DFB-Team wirklich voranbringt, bleibt abzuwarten. Aber so verschafft sich der Bundestrainer den Spielraum, um Kroos einen - böse formuliert - unprätentiösen Schufter an die Seite stellen zu können.

Mehr Malocher als Maestros

Nagelsmann scheint fest entschlossen, die EM im eigenen Land mit mehr Malochern als Maestros anzugehen. Pascal Groß wäre ein solcher Mentalitätsspieler, mit dem der junge Coach seine 80 Millionen "Co-Trainer" auf seine Seite ziehen will. "Wir werden mehr Spieler im Kader haben wie ihn, die sich auch mal für andere reinwerfen, und denen es weniger darum geht, mit einem tollen Pass zu glänzen", sagte Nagelsmann über den Premier-League-Profi von Brighton & Hove Albion.

Der 32-Jährige hat seine Stärken aber eigentlich im offensiven Mittelfeld und darüber hinaus würde er zusammen mit Kroos das Tempoproblem in der defensiven Zentrale eher vergrößern als lösen.

Khedira, da war doch was?

Auf der Suche nach Alternativen spuckt die Datenanalyse Namen wie Dortmunds Aggressiv-Leader Emre Can, Robert Andrich, der mit Leverkusen nach der Meisterschaft greift, oder auch Union Berlins Rani Khedira aus.

Khedira, da war doch was? Richtig, Bruder Sami Khedira war es, der als Hans-Dampf in allen Mittelfeld-Gassen Kroos und dem DFB-Team auf dem Weg zum WM-Triumph 2014 in Brasilien den Rücken freihielt. Zehn Jahre später ist der deutsche Dirigent wieder da, dem in seiner imposanten Titelsammlung nur noch der EM-Sieg fehlt - und eben ein Malocher an seiner Seite in der Nationalmannschaft.

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Dieses Thema im Programm:

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