Wolfsburgs Grafite setzt zum Hackentreffer gegen die Bayern an. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Gero Breloer

Als Wolfsburgs Grafite die Bayern demütigte

Stand: 04.04.2024 08:29 Uhr

Am 4. April 2009 erzielte Stürmer Grafite beim 5:1-Erfolg des VfL Wolfsburg gegen den FC Bayern München das wohl berühmteste Hackentor der Bundesliga-Geschichte. Der Treffer des Brasilianers ebnete den "Wölfen" den Weg zum Sensations-Meistertitel. 15 Jahre später erinnert er sich beim Besuch des NDR in Südamerika.

von Johannes Freytag

Ein kleiner Garten im fernen Brasilien: Barfuß treibt ein Mann einen rot-weißen Fußball voran, umdribbelt zwei Gegner und kickt das runde Leder dann mit der Hacke zwischen ihnen hindurch ins Tor. Das, was der 45-Jährige - immer noch leichtfüßig - hier vor der NDR Kamera nachstellt, hat er einst vor 30.000 Menschen im Stadion des VfL Wolfsburg gezeigt: 15 Jahre ist es her, dass Edinaldo Batista Libânio, hierzulande besser bekannt als Grafite, auf diese Weise den großen FC Bayern München demütigte.

Der VfL Wolfsburg mit Grafite an der Spitze jubelt nach dem Sieg gegen Bayern. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Gero Breloer
Mit Grafite an der Spitze: Der VfL feiert den Sieg gegen den FC Bayern.

Am 4. April 2009 markiert der damalige VfL-Stürmer mit seinem Hackentor den Endstand zum 5:1-Erfolg der "Wölfe" gegen die Münchner.

"Normalerweise hätte ich 'rüber zu Edin Džeko gepasst, der am zweiten Pfosten frei stand. Aber der Ball war genau zwischen meinen Beinen, da hatte ich ganz spontan die Idee mit der Hacke. Zum Glück habe ich den Ball nicht perfekt getroffen. Sonst wäre er wahrscheinlich nicht so ins Tor getrudelt", erzählt Grafite, der selbst kaum glauben konnte, was passiert war.

"Edin hat mich umarmt und gefragt: 'Was hast du getan? Das ist verrückt!' Zvjezdan Misimović kam und sagte: 'Verrückt, verrückt!'" Was folgt, ist Party: "Ich habe an dem Tag mein Trikot mit Ribéry getauscht. Dann haben wir mit den Fans gefeiert. Das war großartig", so Grafite.

Grafites Geniestreich wird Tor des Jahres

An jenem 26. Spieltag der Saison erobert der VfL erstmals die Tabellenführung, sechs Wochen später wird er zum ersten und bislang einzigen Mal deutscher Meister. Grafites Geniestreich wird zum Tor des Jahres gekürt, der Angreifer selbst Torschützenkönig (28 Treffer in 25 Spielen) und "Fußballer des Jahres".

"Die Leute fragen mich, ob das Tor geplant war. Ob ich das wieder so machen könnte. Nein! Genau so? Unmöglich!" Grafite

Magath verpflichtet die Katze im Sack

Eine Dynamik, die wenige Monate vorher - Wolfsburg schließt die Hinrunde als Tabellenneunter ab - nicht zu erahnen ist. Und die sich auch nicht angedeutet hat, als der Brasilianer im August 2007 in die Bundesliga wechselt. Keinesfalls berauschende zwölf Saisontore für den französischen Erstligisten Le Mans hat Grafite vorzuweisen, als ihn VfL-Trainer Felix Magath für 7,9 Millionen Euro nach Niedersachsen holt.

"Nach der Verpflichtung von Džeko, der ja noch sehr jung war, fehlte mir vorne noch was. Ich brauchte einen durchsetzungsfähigen Spieler. So kam ich zu Grafite. Selbst hatte ich ihn vorher nie gesehen. Ich war ja nicht da. Ich war im Urlaub", erzählt Magath, damals Sportdirektor und Trainer in Personalunion beim VfL. Bis zum letzten Tag der Transferperiode zögert er mit der Verpflichtung.

'Maschine kaputt' - Völlig am Ende unter "Quälix" Magath

Das erste Training in Wolfsburg unter "Quälix" Magath ist ein Schock für den 1,89 Meter großen Grafite: "Es war Zirkeltraining um den ganzen Platz. Üblich waren zwei Runden, ich sollte nur eine machen. Aber schon das reichte mir, ich musste mich danach übergeben. So ein Training kannte ich vorher nicht." Auf einer Bergtour ist er einmal auch kollabiert. "Ich lag da, und Magath hielt meine Beine hoch. "Grafa, alles klar?' Mehr als 'Maschine kaputt' konnte ich nicht mehr sagen", erinnert sich der Brasilianer: "Heute kann ich darüber lachen, damals war das die Hölle."

"Grafite war beseelt vom Gedanken, gewinnen zu wollen. Dieses Selbstvertrauen und dieses Selbstverständnis hat er auch auf die Mitspieler übertragen." Felix Magath

Für Magath ist Grafite dennoch ein ganz entscheidendes Puzzleteil auf dem Weg zur Sensations-Meisterschaft von 2009: "Er war der wertvollste Spieler. Er war immer gut drauf, hat gute Laune verbreitet. Auch beim Waldlauf hat er sich nie beschwert", so der heute 70-Jährige im NDR Gespräch. Grafite habe sich sogar trotz einer Trainingsverletzung einsatzbereit gemeldet: "Er wollte spielen, obwohl er verletzt war - diese Mentalität ist ja eher untypisch für Brasilianer."

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Grafite im VfL-Meisterjahr auf dem Zenit

Im Wolfsburger Meisterjahr befindet sich Grafite auf dem Zenit seiner Karriere. Mit dem Abschied von Trainer Magath fehlen dem Stürmer nicht nur der Mentor, sondern auch jene paar Prozent an Fitness, die er für sein kräftezehrendes, körperbetontes Spiel braucht.

So gelingen ihm in der Saison 2009/2010 nur noch elf Treffer (in 30 Spielen), ein Jahr später lediglich neun. Der VfL stürzt in der Liga ab. Die Saison nach der Meisterschaft beenden die "Wölfe" als Achter, ein Jahr später vermeiden sie den Abstieg erst am letzten Spieltag mit einem 3:1-Erfolg bei der TSG Hoffenheim.

Den Endstand in jener Partie erzielt Grafite. Es ist sein 59. und letztes Tor im VfL-Trikot - anschließend wechselt er nach Dubai. Grafite fälscht einen Schuss von Sascha Riether ab. Ganz unspektakulär, im Gegensatz zum legendären Hackentor vom 4. April 2009.

Dieses Thema im Programm:

Sportclub | 07.04.2024 | 23:35 Uhr

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