Christoph von Dohnányi: Hamburg und die Welt
Hamburg war seine Heimat, und ist sie immer geblieben - auch während der langen Jahre in den USA, wo Christoph von Dohnányi zwei Jahrzehnte das Cleveland Orchestra leitete. 2004 kehrte er auch musikalisch nach Hamburg zurück und wurde der achte Chefdirigent des NDR Sinfonieorchesters.
Rückkehr nach Hamburg
Akkuratesse und Genauigkeit - davon berichten die Streicher und damaligen Stimmführer des NDR Sinfonieorchesters, wenn man sie nach Christoph von Dohnányi befragt. Als Dohnányi 2004 seinen Posten als Chefdirigent antrat, war es keineswegs eine Erstbegegnung. Zuvor hatte er das Orchester bereits mehrere Male dirigiert. Zum ersten Mal 1958 als knapp 30-Jähriger. Dohnányi war damals der jüngste Generalmusikdirektor Deutschlands in Lübeck und Hans Schmidt-Isserstedt lud den jungen Kollegen immer wieder ein, mit dem NDR Sinfonieorchester zu spielen - mit großem Erfolg. In den 1960ern entstanden die ersten gemeinsamen Schallplattenaufnahmen: "Das war im selben Studio, wo sie jetzt noch spielen und ihre Proben haben. Das war ein sehr gutes Orchester, und ich hab viel gelernt. Damals - wissen Sie, ich war so jung - ich musste wirklich lernen, lernen... man lernt nicht aus. Und jetzt lerne ich wieder Neues", bekannte Christoph von Dohnányi zu Beginn seiner Amtszeit 2004. Und es war nicht seine erste Position in der Hansestadt, denn zwischen 1977 und 1984 leitete er die Geschicke an der Hamburgischen Staatsoper und die des Philharmonischen Orchesters. Zuvor war er viele Jahre Generalmusikdirektor in Frankfurt gewesen. 1984 verließ Dohnányi dann nicht nur Hamburg, sondern auch Europa. Er ging in die USA und wurde für 18 Jahre Leiter des Cleveland Orchestra.
Rückkehr nach Europa
Doch irgendwann zog es Dohnányi mehr und mehr zurück nach Europa, zum Orchestre de Paris und zum London Philharmonic Orchestra und schließlich zum NDR Sinfonieorchester in Hamburg: "Dieses Orchester ist ein enorm schnell lesendes Orchester, wie fast alle Rundfunkorchester und auch angelsächsischen Orchester es sind. Formal ist dieses Orchester sehr schnell beieinander - wie die meisten dieser Art. Inhaltlich braucht man Zeit, um die Musik zur Sprache zu bringen. Musik muss immer etwas bedeuten. Und darin muss man mit diesen Orchestern besonders stark arbeiten: Ochestern, die sehr viel Musik schlucken müssen, muss man Zeit zum Verdauen geben."
Vertrautes Repertoire neu entdecken
Sich in vertrautem Repertoire besser kennenlernen, das war also Dohnányis Devise: Brahms, Bruckner, Beethoven, aber auch Modernes setzte er auf den Spielplan. Auch die klassische Musik medial stärker ins Rampenlicht zu holen, hatte er angekündigt - einer der Gründe, warum die Wahl auf ihn als Chefdirigenten gefallen war. "Wir wissen alle, dass die sogenannte ernste Musik, was ein blöder Ausdruck ist, im Fernsehen beispielsweise relativ verloren ist. Nachts um eins schwingt irgendeiner die Flügel und irgendein Orchester spielt. Aber die wirkliche Präsenz ist nicht da. Und da müssen wir drüber nachdenken: Warum ist sie nicht da? Wahrscheinlich funktioniert der Weg noch nicht ganz."
Auch wenn bis heute dieser Weg ins abendliche Fernsehprogramm immer noch weiter geebnet werden muss - Dohnányi hat im Konzertsaal entscheidende Impulse gesetzt und durch seinen hohen Anspruch und seine Perfektion den Klang des NDR Sinfonieorchester maßgeblich geprägt.