Christoph Eschenbach: Ausgezeichnete Zusammenarbeit
Mit großformatigen Plakaten begrüßte der NDR 1998 seinen neuen Chefdirigenten Christoph Eschenbach. In Norddeutschland hatte der inzwischen zu Weltruhm gekommene Pianist und Dirigent den größten Teil seiner Jugend verbracht.
Dem Norden ist der Dirigent auch als Leiter des Schleswig-Holstein Musik Festival Orchesters eng verbunden. Seit 2004 ist er dessen Principal Conductor, denn Nachwuchsförderung liegt dem Musiker besonders am Herzen. Viele Musiker, die Eschenbach als Mentor betreute wurden weltweit bekannt - darunter Tzimon Barto, Reneé Fleming und Lang Lang.
Musik als Therapie eines traumatisierten Kindes
In Schleswig-Holstein und Hamburg begann die musikalische Laufbahn von Christoph Eschenbach nach einer an Dramatik kaum zu überbietenden Kindheit: "Ich habe mir selbst eine Therapie gegeben mit der Musik. Ich habe ein Jahr fast nicht sprechen können, aber angefangen Musik zu machen, und das war meine Rettung." Die Mutter starb bei seiner Geburt, der Vater fiel in einem Straf-Bataillon. Die Großmutter nahm ihn mit auf die Flucht und starb dann auch. Eine Cousine der Mutter rettete den kleinen Christoph, der selbst dem Tod näher war als dem Leben, aus einem Flüchtlingslager. Wallydore Eschenbach war Klavierlehrerin und mit den Klängen der Musik fand der traumatisierte und verstummte Junge ins Leben zurück.
Erste Begegnung als Pianist
Als Pianist trat Christoph Eschenbach zum ersten Mal mit dem NDR Sinfonieorchester auf. 1968 spielten sie das Erste Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven. Eschenbach feierte nach seinem Studium in Hamburg zunächst als Solist und Kammermusiker Erfolge. Als Dirigent lädt ihn das Orchester seit 1977 regelmäßig ein: "Meine Produktionen waren zum großen Teil auch große Erlebnisse für mich. Das Orchester ist sehr auf meine Intentionen eingegangen, hat sich sehr mit meinen Interpretationswünschen auseinandergesetzt und hat dann im Konzert in sehr positiver Weise darauf reagiert."
Aus dem Bewährten Neues entwickeln
1998 beriefen die Musiker ihn zum Chefdirigenten. Da währte die Beziehung zwischen Christoph Eschenbach und dem NDR Sinfonieorchester bereits drei Jahrzehnte. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Eschenbach weltweit einen Namen gemacht und war Leiter des Houston Symphony Orchestra. "Als dann dieses Angebot vom NDR an mich herankam, habe ich sehr lange überlegt, aus dem einfachen Grunde, weil ich kein Deja vu wollte. Ich wollte nicht etwas aufwärmen, was in der Vergangenheit war", erinnert sich Eschenbach. Dann reizte ihn doch die Chance auf Bewährtes zurückgreifen und gemeinsam mit dem Orchester Neues entwickeln zu können.
Viele bewegende Konzerte bleiben im Gedächtnis: "Ich finde das Orchester und das Publikum soll möglichst weit gefächert alle Arten des Orchester-Repertoires erleben können und dürfen, und es ist für ein Orchester sehr wichtig, sich in allen Bereichen ausspielen zu können." Und das schließt für Eschenbach auch ganz selbstverständlich die zeitgenössische Musik mit ein. Der Pianist, der im Haus seiner Adoptiveltern Geige und Bratsche gespielt hatte, macht Zeit seines Lebens Kammermusik. Das prägt auch seine Arbeit mit dem Orchester. Im asketisch anmutenden schwarzen Stehkragen-Anzug tritt der Dirigent meist in der Öffentlichkeit auf.
Ausgezeichnete Zusammenarbeit
Seine Zeit als Chefdirigent ging 2004 zu Ende. Nach wie vor aber ist Christoph Eschenbach regelmäßiger Gast in Hamburg. Dass die langjährige Zusammenarbeit mit dem NDR Sinfonieorchester auch weiterhin sehr erfolgreich ist, zeigte sich im vergangenen Jahr auf besondere Weise: Gemeinsam mit der Geigerin Midori holten sie einen der begehrtesten Musikpreise nach Deutschland. Für die Einspielung mit Musik von Paul Hindemith gewann das NDR Sinfonieorchester unter der Leitung von Christoph Eschenbach den Grammy in der Kategorie "Best Classical Compendium".