Cannabis-Legalisierung: Ältere eher dagegen, Jüngere dafür

Stand: 26.03.2024 17:00 Uhr

Die Befragten einer #NDRfragt-Umfrage lehnen eine Legalisierung mehrheitlich ab. Viele befürchten, Cannabis werde zur neuen Einstiegsdroge. Die Mehrheit bezweifelt, dass der Schwarzmarkt eingedämmt werden kann.

von Lisa Göllert

Bundestag und Bundesrat haben nach langem Ringen die Teil-Legalisierung von Cannabis beschlossen. #NDRfragt wollte darum von seinen Mitgliedern wissen, wie sinnvoll sie die Legalisierung finden. Das Ergebnis der Umfrage zeigt: Die Mehrheit (53 Prozent der Befragten) lehnt ab, dass Cannabis gesetzlich erlaubt wird. Vor allem aus Sorge um Kinder und Jugendliche. Bei den Jüngeren unter 30 Jahren hingegen sagt die Mehrheit "Ja" zu legalem Cannabis. Fast die Hälfte von ihnen gibt an, bereits selbst zum Joint gegriffen zu haben. Den Gesetzesvorschlag der Ampelregierung hält die Mehrheit für misslungen.

Alle Ergebnisse dieser nicht repräsentativen, aber gewichteten Umfrage gibt es als PDF zum Herunterladen.

16 bis 29-Jährige für die Legalisierung

Während die Mehrheit der Befragten über 30 Jahren möchte, dass Cannabis illegal bleibt, befürwortet über die Hälfte der 16 bis 29 Jährigen, dass die Droge gesetzlich erlaubt sein soll. Pro Legalisierung spricht für viele der Jüngeren die Handlungsfreiheit jeder Person. Ähnlich sieht es auch #NDRfragt-Mitglied Kim aus Niedersachsen:

"Jedem volljährigen Menschen sollte es freistehen, das zu konsumieren, was er möchte. Der Staat und die Gesellschaft können im besten Fall dazu beitragen, dass dieser Konsum geregelt und so risikoarm wie möglich abläuft." #NDRfragt-Mitglied Kim, 28, aus Niedersachsen

Jüngere konsumieren mehr Cannabis als Ältere

Die Jüngeren haben im Schnitt auch mehr eigene Erfahrungen mit Cannabis als die älteren Befragten. 43 Prozent von ihnen haben bereits für den eigenen Genuss oder aus medizinischen Gründen Cannabis geraucht oder in anderer Form zu sich genommen. Unter den ab 30-Jährigen sind es nur 31 Prozent. Die 19-jährige Amira beschreibt ihre positiven Erfahrungen mit Cannabis so:

"Ich konsumiere Cannabis, um ein bisschen runter zu kommen, damit es in meinem Kopf für ein paar Minuten einfach ruhig und leer ist. Wenn ich high bin, bin ich einfach glücklich und tiefenentspannt. Bonuspunkt ist, das Essen schmeckt einfach viel besser." #NDRfragt-Mitglied Amira, 19, aus Niedersachsen

 

Ein Mann raucht bei einer Demonstrationen einen Joint mit Medizinalcannabis. © Picture Alliance Foto: Christoph Soeder
AUDIO: Cannabis-Legalisierung: Stimmen aus der #NDRfragt-Community (5 Min)

Andere jüngere #NDRfragt-Mitglieder schildern negative Folgen von Cannabis wie Übelkeit, Trägheit oder Paranoia. Einige wenige beschreiben, dass sie nach Cannabis süchtig wurden. #NDRfragt-Mitglied Dennis berichtet, dass er auch schon den Krankenwagen rufen musste, nachdem er einen Joint geraucht hat:

"Verunreinigte Blüten auf dem Schwarzmarkt sind mittlerweile sehr verbreitet, und es werden teilweise Stoffe hinzugefügt, um die Kunden abhängiger von anderen Substanzen zu machen, die weitaus gefährlicher sind. Ich selbst musste wegen so etwas schon zwei Mal einen Notarzt rufen, da die chemischen Stoffe im schlimmsten Fall zu Kreislaufversagen führen." #NDRfragt-Mitglied Dennis, 31, aus Schleswig-Holstein

Legales Cannabis: Pro und Contra

Gegen eine Legalisierung spricht für die Befragten vor allem, dass gesetzlich erlaubtes Cannabis der erste Anknüpfungspunkt für den Konsum weiterer Drogen sein könnte. Dies könne das falsche Signal senden, dass Cannabis ungefährlich sei. 40 Prozent befürchten zudem, dass mehr Menschen psychisch krank oder von Cannabis abhängig werden könnten. Unter anderem #NDRfragt-Mitglied Peter macht sich Sorgen, dass Cannabis bald das Stadtbild beherrschen könnte:

"So wird der Konsum ohne schlechtes Gewissen in der Öffentlichkeit möglich. Wer jetzt Tabak neben anderen Personen, auch Kindern und Kleinkindern oder Babys raucht, wird dann Cannabis rauchen. (...) Es kommen die Tage, an denen Menschen bekifft in Geschäfte gehen und sich entsprechend benehmen. Willkommen in einer Welt, in der Menschen ihren Trip im Park oder der Innenstadt haben." #NDRfragt-Mitglied Peter, 36, aus Niedersachsen

Viele kritisieren, es fehle an Geld für Suchtberatungsstellen und die nötige Präventionsarbeit zur Aufklärung der gesundheitlichen Folgen von Cannabis. Polizei und Justiz könnten durch den Kontrollaufwand überfordert werden. All diese Baustellen berücksichtige das Gesetz der Ampelregierung nicht ausreichend:

Stimmmen aus der #NDRfragt-Gemeinschaft gegen die Legalisierung

#NDRfragt-Mitglied Daniel, 44, aus Hamburg:
"Ich arbeitet in der Psychiatrie und sehe jeden Tag, was Cannabiskonsum mit Menschen macht. Es ist eine Einstiegsdroge und zudem brandgefährlich. Für mich kann es kein einziges Argument geben, um das zu legalisieren."
#NDRfragt-Mitglied Jan, 66, aus Schleswig-Holstein:
"Die Legalisierung wird zu mehr Psychosen und Kriminaldelikten führen. Die Suchtberatungen und Entziehungshäuser werden vermehrt Patienten bekommen, dafür sind diese gar nicht aufgestellt."
#NDRfragt-Mitglied Stefan, 63, aus Niedersachen:
"Wer soll das denn kontrollieren in Zeiten von leider unterbesetzter Polizei und Fachkräftemangel. Der Schwarzmarkt für Cannabis wird nicht ausgetrocknet und die Entlastung für die Polizei gibt es wahrscheinlich nicht."

Sorgen um Kinder und Jugendliche

Die Mehrheit befürchtet, dass eine Legalisierung vor allem Kinder und Jugendliche motiviere, Cannabis zu testen. Gerade für Körper und Psyche von Heranwachsenden könnte Cannabis gefährlich werden, da sie sich noch in der Entwicklung befinden, argumentieren viele Teilnehmende.

Stimmen aus der #NDRfragt-Gemeinschaft zu den Gefahren einer Legalisierung für Kinder und Jugendliche

#NDRfragt-Mitglied Kirstin, 50, aus Niedersachsen:
"Studien zeigen, wie gefährlich ungesunde Ernährung oder zu früher Alkohol- und Drogenkonsum auf die Jugendlichen und Heranwachsenden wirkt. Unser Gesundheitssystem ist jetzt schon überlastet, es gibt nicht genügend Therapieplätze, wir werden demnächst noch mehr Kinder und Jugendliche mit noch mehr psychosomatischen Störungen haben."
#NDRfragt-Mitglied Stephanie, 51, aus Schleswig-Holstein:
"Ich erlebe als Lehrerin immer wieder Minderjährige, die sich durch regelmäßigen Cannabis-Konsum regelrecht 'das Hirn weggekifft' haben. Sie sind nicht mehr in der Lage, konzentriert und vertieft zu denken, und in ihrer kognitiven Entwicklung eingeschränkt."
#NDRfragt-Mitglied Martina, 61, aus Niedersachsen:
"Legalisierung bedeutet immer, dass Jugendliche noch besser an Suchtmittel rankommen und es damit als eher unschädlich einstufen. Damit wird der Einstieg in Abhängigkeit gefördert. Ein Ausstieg ist für den Einzelnen kaum möglich und die Beratungsstellen sind jetzt schon überlastet."

"Gekifft wird so oder so"

Doch die Teilnehmenden sehen auch Argumente für die Legalisierung. Ganz vorne: Die Bekämpfung des Schwarzmarktes. Nur, wenn Cannabis aus der "Schmuddelecke" verbotener Drogen geholt werde, könne der Anbau und Konsum staatlich besser kontrolliert werden. Dies schütze auch die Konsumenten durch eine höhere Qualität von Cannabis. 45 Prozent der Befragten befürworten, dass Cannabis legalisiert werden soll. Auch #NDRfragt-Mitglied Key sieht vor allem Vorteile:

"Der illegale Markt wird verringert. Gerichte werden entlastet. Der Staat nimmt mehr Steuern ein. Und ich kann endlich wählen, ob ich abends einen Rotwein trinke oder mir einen Cannabis-Tee mache." #NDRfragt-Mitglied Key, 59, aus Hamburg

 

VIDEO: #NDRfragt: Vor allem Jüngere für Legalisierung (3 Min)

Stimmen aus der #NDRfragt-Gemeinschaft zu Vorteilen der Legalisierung

#NDRfragt-Mitglied Marcel, 34, aus Niedersachsen:
"Ich bin für eine Legalisierung, allerdings sollten die Leute gut aufgeklärt werden und das Bewusstsein dafür haben, dass solche Stoffe nicht zum normalen Teil des täglichen Lebens gehören. Konsumiert wird immer, egal ob legal oder illegal."
#NDRfragt-Mitglied Karin, 58, aus Hamburg:
"Ich glaube, dass im jetzigen 'Handel' viel beigemischt wird, das eine hohe Suchttendenz erzeugt. Vielleicht ändert das frei verkäuflich 'gute' Cannabis diesen Effekt."
#NDRfragt-Mitglied Friedrich, 34, aus Niedersachsen:
"Wenn wir Freiheit als Grundversprechen unseres Gemeinwesens ernst nehmen, dann darf diese Freiheit nur dort eingeschränkt werden, wo sie die Freiheit anderer bedroht. Das Recht sich selbst zu schädigen, gehört selbstverständlich zu dieser Freiheit, zumal man das mit Alkohol ja auch ohne nennenswerte Einschränkungen darf."
#NDRfragt-Mitglied David, 34, aus Mecklenburg-Vorpommern:
"Wenn man für den Eigenbdarf selbst Pflanzen anbauen darf, oder sich in den Clubs etwas offiziell kaufen kann, warum sollte man dann noch auf den Schwarzmarkt zurückgreifen?"

Alkohol gilt als gefährlichste Alltagsdroge - vor Cannabis

Immer wieder vergleichen die Befragten in den Kommentaren die Gefahren von Cannabis mit denen von Alkohol und anderen Alltagsdrogen. Trotz aller Sorgen um Cannabis schätzt eine große Mehrheit Alkohol nach wie vor als gefährlichste Droge für Kinder und Jugendliche ein. Viele treibt um, dass Alkohol gesellschaftlich häufig verharmlost werde:

"Solange viel gefährlichere Drogen wie Alkohol und Tabak nicht nur überall leicht zu kriegen, sondern auch noch bei jeder Gelegenheit gezeigt, genossen und gefeiert werden, ist der potenzielle Schaden einer Cannabis-Legalisierung zu vernachlässigen." #NDRfragt-Mitglied Steffen, 28, aus Niedersachsen

Stimmen aus der #NDRfragt-Gemeinschaft Gefahr Alkohol vs. Cannabis

#NDRfragt-Mitglied Micha, 41, aus Niedersachsen:
"Ich finde es albern, Alkohol als völlig normal anzusehen und Cannabis zu verurteilen. Und ich denke nicht, dass eine Legalisierung zu erheblich mehr Konsum führen wird."
#NDRfragt-Mitglied Inge, 79, aus Niedersachsen:
"Wenn Nikotin und Alkohol sogar in jedem Supermarkt erhältlich sind, gibt es für mich keinen Grund, Cannabis zu verbieten!"
#NDRfragt-Mitglied Marina, 34, aus Hamburg:
"Solange der Konsum von Alkohol und Nikotin, welche ausschließlich negative gesundheitliche Auswirkungen haben, legal ist, spricht nichts gegen die Legalisierung einer Substanz, welche nachweislich auch positive gesundheitliche Auswirkungen haben kann."

Wachsende #NDRfragt-Community mit mehr als 41.000 Norddeutschen

#NDRfragt ist das Meinungsbarometer für den Norden. Mittlerweile haben sich mehr als 41.000 Norddeutsche für die Community angemeldet. Wer noch nicht dabei ist, aber mitmachen will, kann sich registrieren und wird zu den Umfragen per E-Mail eingeladen. Mitglied kann werden, wer in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg oder Bremen wohnt und mindestens 16 Jahre alt ist.

Über diese Befragung

Die Antworten stammen aus der Umfrage "Cannabis: Wie sinnvoll ist die Legalisierung?", an der sich 17.855 Norddeutsche beteiligt haben. Für die Ergebnisse wurden Antworten ausgewertet, die vom 22. bis zum 29. Februar 2024 um 9 Uhr abgegeben wurden. An den Umfragen von #NDRfragt nehmen Menschen aus Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen teil. Die Umfragen werden online ausgefüllt.

Die Ergebnisse der Befragung sind nicht repräsentativ. Wir haben sie allerdings nach den statistischen Merkmalen Alter, Geschlecht, Bundesland, Schulabschluss und Familienstand gewichtet. Das heißt: Antworten von Bevölkerungsgruppen, die unter den Befragten seltener vertreten sind als in der norddeutschen Bevölkerung, fließen stärker gewichtet in die Umfrage-Ergebnisse ein. Und die Antworten von in der Befragung überrepräsentierten Gruppen werden schwächer gewichtet. Insgesamt verteilen sich die Antworten dann am Ende eher so, wie es der tatsächlichen Verteilung der Bevölkerungsgruppen in Norddeutschland entspricht.

 

Weitere Informationen
Eine Frau schaut auf einen Monitor mit dem Schriftzug "#NDRfragt" (Montage) © Colourbox

#NDRfragt - das Meinungsbarometer für den Norden

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Dieses Thema im Programm:

NDR 2 | NDR 2 Spezial - Dein Thema | 27.03.2024 | 19:00 Uhr

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Gesundheitspolitik