Wer Musik liebt, kennt seine Stimme: Peter Urban ist ein absoluter Musik-Insider, der mit seiner unvergleichlichen Art Geschichten erzählen kann. Er war schon auf über 5.000 Konzerten, trifft bis heute die Großen des Musikgeschäfts und ist selbst Musiker. Im Podcast Urban Pop trifft er auf den NDR-Musikjournalisten Ocke Bandixen. Sie reden über Weltstars von Bowie bis Springsteen, von Johny Cash bis Taylor Swift, über Bands von den Beatles bis U2, über Insider-Stories und Musik-Historie. Ein Muss für alle Fans von guten Gesprächen über gute Musik.
Eine Sendung von Hans-Jürgen Schaal
Eigentlich wollte er Sänger werden. Doch dann geriet er ans Vibrafon und entdeckte, dass man dieses Instrument mit einem fast sängerischen Vibrato spielen kann. Schon mit 21 Jahren mischte Milt Jackson (1923-1999) auf der Bebop-Szene mit. 1951 kam er von der Dizzy-Gillespie-Bigband direkt ins Modern Jazz Quartet, eines der führenden Ensembles des Cool Jazz, das mit Unterbrechungen bis zu Jacksons Tod bestand.
Er war der Hauptsolist im MJQ. Doch erst in seinen Aktivitäten außerhalb der Band fand Milt Jackson den Raum, sich wirklich zu entfalten. Seine bluesig-soulige Spielweise wurde zum Inbegriff des Vibrafons im modernen Jazz. "Mein Blues kommt aus der Kirchenmusik", sagte er, "und meine Balladen aus der Tatsache, dass ich in Wirklichkeit ein frustrierter Sänger bin."
Eine Sendung von Sarah Seidel
Isaiah Collier ist gerade mal 24. Der Saxofonist aus Chicago wandelt auf den Spuren des Saxofon-Giganten John Coltrane. Jener nahm 1967 kurz vor seinem Tod das Album "Interstellar Space" auf - eine Musik, aus der äußerste Expressivität, Freiheit und die Suche nach neuen Ausdrucksformen sprachen. Auch Isaiah Collier nimmt uns mit in kosmische Sphären. Sowohl in seinen Konzerten als auch auf seinem Album "Cosmic Transitions" manifestiert sich das Erbe des Übervaters Coltrane.
Die Musik, die Isaiah Collier mit den Musikern seines Quartetts "The Chosen Few" spielt, ist mit Spiritualität aufgeladen und voller ekstatischer Improvisationen. Der junge Saxofonist ist durch und durch Lokalpatriot. Er redet gern über seine Heimatstadt Chicago und die Musiker, die dort den Jazz beeinflusst und verändert haben. "Wo man lebt, spielt immer eine Rolle und natürlich macht das was mit den Künstlern", sagt Isaiah Collier. Er blickt auf die Geschichte des Jazz in Chicago und stellt fest, dass einige der größten Jazzikonen dort irgendwann mal eine stille Zeit verbracht haben. Collier gibt dabei auch zu Protokoll, dass vieles von dem, was Coltrane profund verändert hatte, aus dessen Begegnung mit Musikern aus Chicago resultierte.
Isaiah Collier hat das Gefühl, dass man auch in der heutigen Zeit den akustischen Sound noch bewegen kann. In gewisser Weise fühlt er sich als Traditionalist. In Chicago suchte er schon früh in seiner jungen Karriere die Nähe zu den Musikern der "Association For The Advancement Of Creative Musicians", kurz AACM. Sie machten ihm deutlich: Das hier ist zwar eine Tradition, aber auf eine andere Art. Isaiah Collier steckt bis zum Hals in der Jazzgeschichte und kann darüber reden wie ein Alter.
An den großen Helden des Jazz bewundert er, dass jeder und jede von ihnen etwas Neues gemacht hat, dass sie echt und authentisch waren. Und er versucht, es selbst auch zu sein
Eine Sendung von Mauretta Heinzelmann
"Everlasting Flame" hieß eines ihrer Alben: Barbara Thompson blies voller Inbrunst und Freigeist in ihr Saxofon, ihr kraftvoller Sound war einzigartig. Die Britin, Jahrgang 1944, studierte in London am Royal College of Music: Flöte, Klarinette, Klavier und Komposition. Seit der Gründung im Jahr 1975 spielte Barbara Thompson im "United Jazz and Rock Ensemble", mit dem sie häufig auch im Norden Deutschlands gefeiert wurde. "Unvergesslich der Stolz der reihum ansagenden Herren, Soli ihrer blonden Saxofonistin ansagen zu dürfen", beobachtete der Journalist Michael Rüsenberg.
In der Band "Colosseum" lernte Barbara Thompson den Schlagzeuger Jon Hiseman kennen, den sie heiratete und mit dem sie zwei Kinder großzog. Dass sie im Jazz als Saxofonistin allein auf weiter Flur war, schien die lebenslustige Britin gar nicht zu beachten. Sie ging unbeirrt ihren Weg, ob mit ihrer Band "Barbara Thompson's Paraphernalia" oder mit "Manfred Mann's Earth Band". Auch klassische Kompositionen schrieb die Saxofonistin, darunter "Rhythm of the gods" für die renommierte Schlagzeugerin Evelyn Glennie.
Barbara Thompson war "Member of the Order of the British Empire" und Musikbotschafterin des Vereinigten Königreiches. Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere wurde bei ihr Parkinson diagnostiziert. Sie spielte und komponierte weiter, solange es ging. Der Dokumentarfilm "Playing Against Time" zeigt die Musikerin und ihren Ehemann 2012, wie sie ihren Alltag zu bewältigen versuchen.
Jon Hiseman starb 2018, Barbara Thompson 2022 im Alter von 77 Jahren. Wir erinnern an die wegweisende Musikerin mit Auszügen aus einem Interview, das Mauretta Heinzelmann mit ihr 1996 in den Temple Music Studios in Sutton bei London führte.
Eine Sendung von Henry Altmann
"Als ich jung war, musste man hören - nicht lesen!", meinte einmal der Musiker Howard Johnson. Jazz lernt sich auf ideale Weise im Club, aber in den geht man besser gut vorbereitet, lernt die Stücke, und diese möglichst auswendig und in mehreren Tonarten. Für Generationen von Mainstream-Musiker*innen war und ist das Real Book (wie auch das Fake Book) so etwas wie das Alte Testament, der Beginn allen fixierten Jazz-Schriftums.
Wer allerdings diese Ur-Texte geschaffen hat, wie aus einer individuellen Notenhandschrift der amtlich anerkannte "Real Book Font" wurde, und wie aus einer illegalen Sammlung von Musical-, Film- und Jazz-Tunes ein amtlich-offizieller Kanon entstand, darum ranken sich Legenden. Dahinter verbirgt sich aber noch mehr: der Übergang von der oralen zur Schriftkultur im Jazz und damit auch eine Standardisierung von Musiktiteln, die man heute "Jazz Standards" nennt.
Eine Sendung von Claudia Hartmann
Leléka
Leléka (ukrainisch für "Storch") ist das Quartett um die im Donbass geborene Sängerin Viktoria Leléka. Die Südostukrainerin zog nach ihrem Schauspielstudium in Kiew nach Deutschland um dort Jazzgesang zu studieren. Dort traf sie auf ihre Mitmusiker Thomas Kolarczyk (Kontrabass), Povel Widestrand (Klavier) Jakob Hegner (Schlagzeug). Gemeinsam kreiren sie einen eigenständigen zeitgenössischen Sound der ukrainische Volksmusik mit Jazzrhythmen kombiniert.
Acher-Sommer-Enders
Johannes Enders und Micha Acher lernten sich in der Weilheimer Musikschul-Bigband kennen. Enders machte sich als innovativer Jazzsaxofonist einen Namen; Acher mischte mit seiner Band "The Notwist" die internationale Indie-Szene auf. Gemeinsam mit der Free-Jazz-Legende Günter "Baby" Sommer am Schlagzeug finden die beiden wieder zusammen und lassen ihre gesammelten Erfahrungen in einem neuen Projekt zusammenfließen.