Eine Sendung von Claudia Hartmann
Mike Stern wird gern als "Bebop-Gitarrist" bezeichnet. Mit seiner umfassenden Technik vereint er Bop- und Rockphrasierung unglaublich originell. Er spielt seit seinem 12. Lebensjahr Gitarre und interessierte sich immer sowohl für Rock als auch für Jazz. Mike Stern studierte am Berklee College unter anderem bei Pat Metheny, der ihn an die Kultband Blood, Sweat & Tears vermittelte. Von da an waren seine Stationen die Bands von Billy Cobham, Miles Davis und Michael Brecker.
1994 war Mike Stern auch Gast bei der Jazzbaltica in Salzau zusammen mit Arild Andersen am Bass und Jon Christensen am Schlagzeug. Gemeinsam haben sie dort ein exklusives Konzert gegeben.
Am Mikrofon: Michael Laages
Mit "ollen Kamellen" hat der Musiker Friedrich Paravicini, 1974 in Paris geboren und seit langem in Hamburg zu Hause, in der eigenen Arbeit eigentlich überhaupt nichts im Sinn. Er schreibt zum Beispiel gerade zeitgenössisch-moderne Musik für Streicher und Orchester, die er selber produziert. Und wer gelegentlich das Vergnügen hat, ihn im Theater oder als Begleiter der argentinisch-stämmigen Sängerin Sabrina Ascacibar zu erleben, der entdeckt einen filigranen Feingeist am Cello. Klavier und Akkordeon spielt er aber auch.
Jazz steht sicher nicht im Mittelpunkt von Paravicinis Arbeit, aber er weiß sehr wohl um die Wirkungen von Melodik, Harmonie und Improvisation, wie sie im Jazz üblich sind. Einfacher gesagt: Friedrich Paravicini hat das Zeug zum Alleskönner.
Als er vor einiger Zeit einen Hamburger Fabrikanten kennenlernte, der lebenslang eine sehr spezielle musikalische Passion pflegte, musste er in der Folge allerdings das eigene Leben ändern - und vor allem die Wohnung in Hamburg Eimsbüttel umbauen. Paravicini erbte nämlich die unüberschaubaren Schätze eines Sammlers von Schellack-Schallplatten. Und die Passion erbte er gleich mit. Ohnehin schon bewährt in den technischen Künsten bestmöglicher Studioausstattung legt er sich obendrein auch noch ein paar Handwerkszeuge der Sonderklasse zu: etwa ein Gerät, mit dem er Schellack-Material direkt von der alten Schallplatte digitalisieren kann.
So lässt sich Friedrich Paravicini neben der alltäglichen Arbeit als Komponist, Theatermusiker und Produzent eigener Arbeiten auch ein auf ein Abenteuer, in dem er Zeiten und Räume, Stile und Traditionen der Musik (und auch des Jazz!) überspringen kann. Ein Besuch bei ihm wird zur Reise durch Geschichte und Geschichten der Musik. Alle naselang öffnet sich dabei natürlich auch das Fenster zum Jazz, dieser zeitgenössischen Musik auch lang vergangener Epochen - schöner kann ein Besuch im Musik-Museum kaum sein.
Eine Sendung von Mauretta Heinzelmann
Eine zierliche sensible junge Frau mit goldener Posaune, die sie mit großer Hingabe spielt, als wäre es ihr Lebenselixier. Vielleicht ist es genau so und dies ist ein großes Geschenk an das Publikum. Lisa Stick ist 1987 in Kiel geboren und lebt als freischaffende Musikerin in Hamburg. Sie hat bei Nils Landgren und Dan Gottshall an der Hochschule für Musik und Theater studiert und schloss den "Nordic Master" in unterschiedlichen Städten in Skandinavien ab.
Lisa Stick spielt im furiosen Jazzkombinat Hamburg, bei der "Gabriel Coburger XXL Band" und der Großformation "Operation Grand Slam", sie tritt mit der NDR Bigband, der Jazzbaltica-Allstar-Bigband und dem Aarhus Jazz Orchestra auf. Sie leitet ihre innovative Band "Flickstick" (gemeinsam mit Birgitta Flick) und das "Lisa Stick Quintett".
Eine "in der Hamburger Jazzszene herausragende Persönlichkeit", fand die Jury des Werner-Burkhardt-Musikpreises, den Lisa Stick 2022 erhält, und weiter: "Ihr luftiger Sound, ihre lyrische Spielweise und die Meisterschaft, Geschichten zu erzählen, tragen gleichermaßen dazu bei, ihr Publikum in den Bann zu ziehen. Es sind die leisen Töne, die dennoch sehr ausdrucksstarken Linien und die unerwarteten Wendungen, die sie als Solistin und Komponistin kennzeichnen."
Der Werner Burkhardt-Preis wird am 19. Januar 2023 in der JazzHall in Hamburg an Lisa Stick verliehen. Sie wird mit ihrem "Lisa Stick 7tett" - einem Jazzensemble inklusive Streichquartett - auftreten.
Eine Sendung von Michael Laages
Familiengeschichten sind immer schön: diese handelt von Vater und Sohn. Vater Stan Tracey, Jahrgang 1926, war seit den 1960er Jahren einer der herausragenden Erneuerer des Jazzklaviers in England. Sein Sohn Clark, 1961 geboren, ist daheim auf der Insel aktuell einer der gefragtesten Schlagzeuger, vielfach ausgezeichnet, umtriebig beschäftigt als Sideman und mit eigenen Projekten. Gelegentlich war er auch schon Gast der NDR Bigband. Mit der hatte auch schon der Vater gespielt. Ohnehin und obendrein war Papa Stan regelmäßig in den NDR Jazz Workshops und Konzerten auch mit eigenen Bands zu Gast.
Natürlich haben Vater und Sohn auch zusammen gearbeitet - etwa für eine Jazz-Suite für Kinder zur Weihnachtszeit. Das war 2011; Stan Tracey starb zwei Jahre später. Jetzt aber entdeckte Sohn Clark, dass der Vater 1966 beim NDR in Hamburg ein Konzert-Projekt vorstellen konnte, dass er "Under Milk Wood" nannte; nach der legendären literarischen Vorlage des walisischen Poeten Dylan Thomas. Stan Tracey hatte versucht, der krausen Träumerei des Dichtervorbilds mit Jazzkompositionen nahezukommen. Immer wieder hatte der Pianist die Milchwald-Fabel musikalisch beschworen. Mit dabei war auch der Trompeter und Flügelhornist Kenny Wheeler.
Die Aufnahme ruhte tief im NDR Archiv - bis Sohn Clark sie ausfindig gemacht und kürzlich in England veröffentlicht hat.
Am Mikrofon: Claudia Hartmann
Play Jazz! mit Konzertmitschnitten des Moka Efti Orchestras und von Olivier Le Goas & Reciprocity vom Elbjazz Festival 2022.
Das Moka Efti Orchestra entstand zunächst für die deutsche Fernsehserie "Babylon Berlin". Ihren ersten Konzertauftritt hatte die Band um Nikko Weidemann, Mario Kamien und Sebastian Borowski auf dem XJAZZ-Festival 2018 in Berlin. Seit dem lässt das Orchester auf Tourneen durch die Republik die 20er Jahre wieder aufleben.
Mit der Produktion von Reciprocity erfüllte sich Olivier Le Goas einen langgehegten Traum. Mit John Escreet am Piano, Nir Felder an der Gitarre und Phil Donkin am Kontrabass formierte er ein Quartett, das seine melodischen Kompositionen ideal zwischen Groove, Blues und Folk umsetzt.