Wacken versinkt im Schlamm: Veranstalter ziehen die Notbremse
Den ganzen Dienstag über ist schweres Gerät auf dem Wacken-Gelände unterwegs - retten, was zu retten ist, um Camping- und Festivalgelände zu befestigen. Nach einer Krisensitzung am Nachmittag ziehen die Veranstalter die Notbremse: Mit Fahrzeugen geht auf dem Gelände für Besucher gar nichts mehr.
Nach Informationen der Polizei sind bisher 30.000 Menschen angereist und auf den Campingplätzen. Ob das Festival ab Mittwoch dann mit weniger Publikum anfängt oder womöglich ganz ausfällt, ist im Moment noch nicht absehbar. Veranstalter und Behörden stehen weiter im Austausch.
Am Dienstagnachmittag kam für die Fans die bittere Nachricht vom Veranstalter: Die Anreise zum Wacken Open Air mit Kraftfahrzeugen aller Art ist ab sofort und bis zum Festivalende final gestoppt. "Ausschließlich Fahrzeuge, die sich bereits in unmittelbarer Nähe zum Festivalgelände befinden, versuchen wir, auf dem 'Holy Ground' unterzubringen. Weitere Informationen zu dem Umgang mit euren Tickets klären wir gerade und werden sie so schnell wie möglich bekannt geben", heißt es in einem neuen Statement.
Veranstalter entschuldigen sich bei Fans
"Wir entschuldigen uns bei allen Metalheads ausdrücklich für die verzögerte Information", heißt es am späten Vormittag in einem Statement der Veranstalter. Festivalmitbegründer Thomas Jensen verteidigte das Vorgehen der Veranstalter. Die Besucher des Festivals dürften weiter auf das Gelände, "nur nicht mit Auto", sagte Jensen am Dienstagabend der Deutschen Presse-Agentur. "Von Stunde zu Stunde versuchen wir, Verbesserungen umzusetzen."
Polizei rät dringend zur Umkehr
Doch wohin jetzt mit den vielen Tausend Metalheads, die mit dem Auto auf Rastplätze, Seitenstreifen, auf den Flugplatz Hungriger Wolf oder in Hamburg beim Volksparkstadion gestrandet sind? Frank Matthiesen, Leiter der Polizeidirektion Itzehoe, sagte am Dienstagabend NDR Schleswig-Holstein: "Wir sind hier seit 36 Stunden mit ziemlich einzigartigen Problemen konfrontiert. Wir versuchen momentan, die Personen, die sich noch im Stau befinden, jetzt hier noch auf das Gelände kommen zu lassen." Doch das, so Matthiesen, sei sehr schwer, der Boden sei aufgeweicht, die Zufahrt sei nahezu unmöglich.
Es seien nahezu 100 Zugfahrzeuge im Einsatz. Der dringende Appell von Matthiesen an Wacken-Besucher, die noch auf dem Weg zum Festival sind: "Kehrt lieber um, Leute." Immerhin gebe es nun keinen Rückstau auf die Autobahn mehr. "Das war eine historisch einmalige Situation, so was hat es hier noch nie gegeben", sagte Matthiesen. Ein Veranstaltungsabbruch sei für die Veranstalter dennoch kein ernsthaftes Thema gewesen. Am Montag schaffte es nur ein Viertel der geplanten Autos auf die ausgewiesenen Camping-Flächen.
Einige Wacken-Fans reagieren sauer
Bereits angereiste Wacken-Fans äußerten Kritik: "Das ist ganz schön kacke. Da hätte man sich schon besser vorbereiten können, allein schon weil es seit Wochen bekannt war, dass es regnen wird", kritisierte Alicia aus Landshut die Organisation des Heavy-Metal-Festivals. Sie mache sich Sorgen, dass das Festival auch noch abgesagt werde. "Mir wäre es sogar recht, wenn es noch abgesagt wird", sagte Malte aus dem Ahrtal. Die Festival-Planer hätten gewusst, wie das Wetter ist. "Die hätten das viel früher stoppen können." Deswegen sei er sauer. Ein anderer Besucher äußerte aber auch Verständnis für die Veranstalter. Es tue ihm unheimlich leid für alle, die sich seit Wochen bis Monaten vorbereitet hätten, sagte Rolf aus dem Sauerland. "Das ist ja ein Riesen-Event und man ist machtlos der Sache gegenüber".
Wetterdienst: Kein Hochdruckgebiet in Sicht
Die Prognose des Deutschen Wetterdienstes macht derweil keine Hoffnung auf ein tro ckenes Festival: "Es bleibt äußerst unbeständig", sagte Meteorologe Thore Hansen heute. "Ein Hochdruckgebiet ist nicht in Sicht." Bis Mitternacht sei mit einer Regenmenge von rund zehn Litern pro Quadratmeter innerhalb von 24 Stunden zu rechnen. Und auch am Mittwoch ist von einer ähnlichen Menge auszugehen, so der Meteorologe.
Wegesrand statt Wacken: Metalheads machen das Beste draus
Viele Wacken-Fans haben die Nacht in ihrem Auto oder daneben in Zelten und Pavillons verbringen müssen. Andere Metalheads sind auf dem Weg zum W:O:A in Schleswig-Holstein gestrandet, weil sie die Anreise wetterbedingt unterbrechen mussten. Viele Menschen im Land haben den Wacken-Besuchern eine Übernachtungsmöglichkeit angeboten.
"Metal-Train" in Itzehoe angekommen
Mehrere Hundert Metal-Fans sind am Vormittag etwas verspätet mit dem Metal-Train in Itzehoe angekommen. Während der Frust auf den Zufahrtswegen wegen der wetterbedingten Anreise-Strapazen zunimmt, war die Stimmung im Metal-Train ausgelassen. Für die Metalheads ging es dann mit Bussen weiter in Richtung Wacken. An Bord des mit Schlaf- und Barwagen ausgestatteten Zuges waren laut dem Verein Metal-Train rund 720 Metal-Fans. Sie bekamen auf der Strecke von München unter anderem über Mainz und Köln selbstverständlich Metal auf die Ohren.