Zweites Urteil nach Schüssen in Lübecker Villa: Sechs Jahre Haft
Im zweiten Prozess um tödliche Schüsse in einer Villa in der Nähe des Lübecker Stadtparks 2020 ist am Mittwoch ein Urteil gefallen. Der Besitzer der Villa wurde zu einer Haftstrafe von sechs Jahren und 10.000 Euro Schmerzensgeld verurteilt. Er soll einen Einbrecher erschossen haben.
Bereits zum zweiten Mal musste sich der Besitzer der Villa wegen Totschlags eines 38-Jährigen vor dem Landgericht Lübeck verantworten. Das erste Urteil - eine Haftstrafe von sieben Jahren - hatte der Bundesgerichtshof (BGH) aufgehoben und an das Landgericht Lübeck zurückverwiesen, nachdem der Anwalt des verurteilten Villa-Besitzers Revision eingelegt hatte. Mit dem Urteil folgte das Gericht im Wesentlichen dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die sieben Jahre Haft beantragt hatte. Die Anwältin der Nebenklage hatte sieben Jahre Haft gefordert. Die Verteidigung hatte dagegen Freispruch gefordert. Sie kündigte an, erneut Revision zu beantragen.
Schütze ist ehemaliger Soldat
Neben der Haftstrafe von sechs Jahren muss der Verurteilte zudem 10.000 Euro Schmerzensgeld an die Verlobte des getöteten Mannes zahlen. Als Begründung für das Urteil nannte der Vorsitzende des Landgerichts die frühere Tätigkeit des Angeklagten als Soldat und ehemaliger Schießausbilder der Bundeswehr. Aufgrund dieses Hintergrundes müsse dem Angeklagten klar gewesen sein, dass seine Schüsse tödliche Wirkung hätten haben können, so das Gericht.
Erster Prozess: Verurteilung wegen Totschlags
Kurz vor Silvester 2020 war das 38-jährige Opfer mit einem Komplizen in die Villa des damals 57-jährigen Angeklagten eingebrochen. Das Gericht sah es auch dieses Mal als erwiesen an, dass dieser auf der Flucht von dem Angeklagten erschossen worden war. Im ersten Prozess war der Hausbesitzer 2021 vom Landgericht Lübeck wegen Totschlags verurteilt worden.
Das erste Urteil hob der BGH im Mai 2022 auf. Der Fall müsse neu verhandelt, die Beweisaufnahme komplett wiederholt werden, so die Karlsruher Richter. Dem ist das Landgericht nun nachgekommen.
Bundesgerichtshof wies auf Alkoholkonsum hin
Unter anderem bemängelte der BGH beim ersten Prozess die fehlende Prüfung der eingeschränkten Steuerungsfähigkeit des Angeklagten. Hinter der Formulierung steckt, dass der Mann jahrelang übermäßig Alkohol konsumiert habe, sodass die Frage einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt immerhin hätte geprüft werden müssen, hieß es in der Begründung des BGH. Deshalb stand der Hausbesitzer seit Dezember 2022 erneut in Lübeck vor Gericht.
Prozess-Beobachter: Es gab viele Unklarheiten
Doch auch der zweite Prozess hat nach Einschätzung von Prozessbeobachtern keine wesentlich neuen Erkenntnisse erbracht. Es gab offenbar viele Ungereimtheiten. So blieb die Frage nach möglichen Mittätern offen und Beamte des eingesetzten Spezial-Einsatz-Kommandos (SEK) widersprachen sich in dem Punkt, ob in der Villa eine Blendgranate eingesetzt worden sei oder nicht.