Eine Ausstellung erzählt die Geschichte der holländischen Fliesenkultur in und um Barmstedt
Bekannt durch die Friesenstuben auf Föhr und Sylt: Aber wie kam die holländische Fliesenkultur nach Schleswig-Holstein? Eine Ausstellung in Barmstedt erzählt die Geschichte.
Die Gruppe Ehrenamtlicher, die seit Jahren das angestaubte Heimatmuseum auf der Schlossinsel Rantzau beackert, hat wieder eine Sonderausstellung auf die Beine gestellt: "Von Spinnen und Ochsenköpfen - holländische Fliesenkultur in und um Barmstedt" lautet der Titel. Klar, womit sie sich beschäftigt: die Delfter Fliesen. Hinter der Idee steckt Gründungsmitglied Frank Wünsche, der seit Mitte der 1980er Jahre holländische Fliesen sammelt und sich jetzt für die Ausstellung noch mal intensiver damit beschäftigt hat. Er ist fasziniert von der Handwerkskunst, den Motiven und der Gestaltung.
Ausstellung mit wertvollen Sammlerstücken
Die Ausstellung zeigt 180 von insgesamt 400 überlieferten Motiven. Einige sind sehr wertvolle Sammlerstücke. Eine einzelne, einfache Fliese ist 200 bis 300 Euro wert. Da gibt es die ganz seltenen Exemplare: Zum Beispiel eine Fliese, die eine Werkstattsituation in einer Lederwerkstatt zeigt. Sie ist mehrere tausend Euro wert. Entsprechend hoch ist auch der Versicherungswert der Ausstellung: 100.000 Euro. Mit dabei sind 110 biblische Motive, die so in Schleswig-Holstein noch nie gezeigt wurden. Sie wurden nach Kupferstichen von Merian, Dürer und anderen niederländischen Malern gefertigt. Michael Theilig von der Museumsgruppe hat herausgefunden, dass Familien damit ihre Stuben für Haus-Andachten schmückten. Die Ausstellung zeigt auch mehrfarbige Motive: Vögel, Pflanzen, aber auch Schiffe.
Fliesenmotive erzählen eine Geschichte
Etwa 30 Fliesen sind aus Frank Wünsches eigener Sammlung. Der Rest sind Leihgaben von den Inseln Föhr und Sylt. Jedes Motiv wird in der Ausstellung erklärt. BesucherInnen können in der Ausstellung einiges über die Herkunft und die Verbreitung dieser Fliesen erfahren. Im Oktober 1634 toste ein Sturm über die Nordseeküste. Eine unbeschreibliche Flut suchte die Menschen heim, fraß sich ins Landesinnere. Fast 15.000 Menschen und tausende Tiere starben. Land ging verloren. In ihrer großen Not heuerten alle arbeitsfähigen Männer auf holländischen Schiffen an und gingen auf Walfang. "Dann kamen sie zurück, hatten Geld verdient und sahen in den Häusern der Niederländer die Fliesen und haben sie dann mitgebracht", erzählt Frank Wünsche.
Regionale Geschichte der Delfter Fliesen
Im Landesinneren rund um Barmstedt auf der kargen Geest konnten sich die Menschen die beliebten Delfter Fliesen erst Mitte des 19. Jahrhunderts leisten. Mittlerweile wurden sie über Land importiert, waren viel günstiger geworden. Fotos aus Barmstedter Küchen und Stuben zeugen davon. In einer Manufaktur in Seestermühe wurde nach allen Regeln der überlieferten Handwerkskunst in Handarbeit Delfter Fliesen hergestellt. Warum das Wirtschaftswunder der 1960er Jahre für den Niedergang der Fliesenkultur sorgte, auch darüber gibt einiges zu erfahren. Der Sammler Frank Wünsche hat in den 1990er Jahren immer wieder Fliesen aus Abbruchhäusern gerettet.