Wohnungsnot bei Rentnern: Studie warnt vor Verschärfung
Weil die geburtenstarken Jahrgänge jetzt in Rente gehen, steigt der Bedarf an altersgerechtem Wohnraum. Aber auch die Armut steigt laut einer Studie. Nicht nur in Schleswig-Holstein spitzt sich die Lage zu.
122.000 seniorengerechte Wohnungen werden in Schleswig-Holstein bis 2040 gebraucht - zu diesem Ergebnis kommt die Wohnungsbau-Sozial-Studie "Wohnen im Alter" des Pestel-Instituts in Hannover, die am Montag vorgestellt wurde. Deutschlandweit werden demnach in rund zwanzig Jahren 3,3 Millionen altersgerechte Wohnungen benötigt - denn dann werden mehr als 21 Millionen Menschen in Deutschland älter als 67 Jahre alt sein, rund 3,6 Millionen mehr als heute. Doch der Wohnungsmarkt ist darauf laut der vom Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel in Auftrag gegebenen Studie nicht vorbereitet. Den Ergebnissen zufolge ist momentan nur jede siebte Wohnung altersgerecht.
Gründe: Baby-Boomer, Altersarmut und Zuwanderung
Die Lage werde sich in den nächsten Jahren noch verschlimmern, warnt der Leiter des Postel-Institus, Matthias Günther, im Gespräch mit NDR Schleswig-Holstein. Grund dafür ist, dass die geburtenstarken Jahrgänge der Baby-Boomer-Generation bald in das Alter kommen, in dem sie seniorengerechte Wohnungen brauchen. Zeitgleich steigt aber die Altersarmut und auch wegen der Zuwanderung werden mehr Wohnungen gebraucht. "Wenn uns jetzt wirklich der Wohnungsbau einbricht und die Zuwanderung weiter auf einem hohen Niveau bleibt, dann kriegen wir eine Situation, wo ich auch nicht so richtig weiß, wie ist die eigentlich zu handhaben?", sagt Matthias Günther. Ein Großteil der bestehenden barrierefreien Wohnungen werde noch nicht einmal von Älteren bewohnt. "Ich meine, was niemand will, ist doch, dass man am Ende Zwangsmaßnahmen ergreift, indem man Menschen wieder Wohnraum zuweist, wie es unmittelbar nach dem Krieg passiert ist."
Forderung: Eine halbe Milliarde Euro pro Jahr für altersgerechtes Wohnen
Günther fordert deshalb vom Bund, mehr auf den altersgerechten Wohnungsbau zu setzen und dafür mehr Geld zu geben. Eine halbe Milliarde Euro pro Jahr für altersgerechten Neu- und Umbau sollen seiner Ansicht nach bereitstellt werden. So soll ermöglicht werden, dass Seniorinnen und Senioren so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben können. Er höre immer wieder, dass ältere Menschen so gern in ihrer Wohnung oder ihrem Haus bleiben wollen, sie aber kein Geld haben, um zum Beispiel Stufen zu entfernen, Türen breiter zu machen oder die Dusche umzubauen, berichtet der Institutsleiter NDR Schleswig-Holstein.
Verband Norddeutscher Wohungsunternehmen: Ängste unbegründet
Auch der Direktor des Verbands für Norddeutsche Wohnungsunternehmen, Andreas Breitner, beobachtet, dass viele Menschen wohl wirklich gerne so lange wie möglich in ihren eigenen vier Wänden bleiben wollen. Auf dem freien Wohnungsmarkt seien barrierearme Wohnungen dagegen gar nicht so nachgefragt. Er hält es daher ebenfalls für sinnvoll, den Wohnungsumbau staatlich zu unterstützen. "Fakt ist, wir brauchen mehr barrierearme Wohnungen und wir brauchen auch mehr umgebaute Häuser. Wenn es dafür staatliche Zuschüsse gibt: wunderbar! Ohne staatliche Zuschüsse wird's nicht laufen können", meint Breitner. Angst vor der Wohnsituation der Zukunft sollte aber niemand haben: "Ich glaube, Ängste haben wir in der Bevölkerung im Moment genug. Wir haben Angst, nicht gesund zu bleiben, wir haben Angst vor dem Krieg und jetzt sollten wir uns nicht auch noch mit dieser Angst verbrüdern, sondern jeder sollte darüber nachdenken, wie er im Alter wohnen kann."