Wie Wesselburen rumänische Erntehelfer besser integrieren will
In der Kleinstadt Wesselburen leben mehrere Hundert rumänische Erntehelfer. Seit einiger Zeit kommt es zu Konflikten mit den alteingesessenen Bürgern. Der ehrenamtliche Bürgermeister hat nun eine Task Force gegründet.
Müll und kaputte Autos am Straßenrand, laute Musik bis zum Morgen, Schafe, die in Innenhöfen geschlachtet werden: Das sind einige der Vorwürfe, die Bürgerinnen und Bürger der Kleinstadt Wesselburen (Kreis Dithmarschen) vor Wochen auf einer Einwohnerversammlung gegen Menschen aus Rumänien vortrugen, die hier seit Jahren leben und als Saisonarbeiter bei der Ernte helfen.
"Direkt miteinander sprechen"
Wesselburens Bürgermeister Holger Ehlers (CDU) will die Wogen in dem Ort nun glätten und hat eine Task Force Integration ins Leben gerufen. Dazu gehören Vertreter aus Kommunalpolitik, dem Amt Büsum-Wesselburen, der Polizei und der Diakonie. "Wir haben auch schon erste Erfolge erzielt, so sind wir mit Vertretern der rumänischen Großfamilien in Kontakt gekommen, wollen also künftig direkt mit den Rumänen sprechen", berichtet Ehlers.
Rumänische Gemeinschaft über Jahre gewachsen
Vor einigen Jahren kamen erste Familien aus einer abgelegenen Region Rumäniens nach Dithmarschen. Arbeit fanden sie in der Landwirtschaft, vor allem bei den vielen Kohlbauern. Mit den Jahren kamen immer mehr Rumäninnen und Rumänen in die Region zwischen Wesselburen und Marne. Einige von ihnen kauften alte Häuser in der Wesselburener Innenstadt, renovierten diese und lebten dort mit ihren Großfamilien.
85 bis 90 Prozent der Erntehelferinnen und -helfer kämen aus Rumänien, so der Vorsitzende des Gemüseanbauerverbandes Dithmarschen, Christian Ufen. Das sei für den Gemüsebau in Dithmarschen "von sehr hoher Bedeutung", so Ufen.
Zwischenfall im Freibad im Juli
In die Schlagzeilen geriet Wesselburen in diesem Sommer: An einem heißen Sommertag im Juli kam es zu einem Zwischenfall im Freibad. Eine Gruppe rumänischer Männer trank offenbar Alkohol im Schwimmbecken, es kam zu Pöbeleien, Streit und Flaschenwürfen. Der Betriebsleiter rief die Polizei, weil die Männer seinen Aufforderungen nicht folgten. Vier Streifenwagen fuhren zum Freibad. Als die Männer den erteilten Platzverweisen nicht folgten, wurde das Schwimmbad vorzeitig geschlossen, Polizisten räumten die Anlage.
Bürgermeister: Sind auf einem guten Weg
Mit der Task Force sei man nun auf einem guten Weg, so Bürgermeister Ehlers. "Und das geht nur, wenn wir gemeinsam daran arbeiten", betont er. "Jemand, der sich hier nicht benehmen kann, muss auch spüren, dass das nicht geht." Wesselburens Bürgermeister ist zuversichtlich, dass man mit vielen Gesprächen und direkten Kontakten ein besseres Miteinander hinbekommt. "Seit dem Vorfall im Freibad ist es hier ruhig, es ist nichts Vergleichbares mehr passiert. Und diese Rückmeldungen haben wir auch aus der Bevölkerung bekommen."
Kreis will Streetworker für Jugendliche einsetzen
Auch der Kreis will sich noch mehr um die Menschen aus Rumänien kümmern. Die Situation in Wesselburen habe sich seit Jahren entwickelt, sagt Daniela Erdmann, Geschäftsbereichsleiterin Soziales beim Kreis Dithmarschen. "Wir müssen vor allem die Familien relativ früh erreichen", sagt sie. Das bedeute, dass man die jungen Menschen über Kita, Schule und über die offenen Jugendhilfe ansprechen müsse.
Das Quartiersmanagement der Diakonie sei schon ein guter Ansatz, so Erdmann. Dort arbeite eine Sozialarbeiterin mit rumänischen Wurzeln. "Jetzt möchten wir gerne so schnell wie möglich einen Streetworker einsetzen, der sich um die jugendlichen Rumäninnen und Rumänen kümmert. Die Stelle ist bereits ausgeschrieben und soll bald besetzt werden." Der Streetworker soll dann direkt mit den Jugendlichen in Kontakt treten, soll sie auf Schulhöfen, auf Spielplätzen und vor Supermärkten ansprechen. Auch zusätzliche Sprachkurse seien wichtig sowie Informationen für rumänische Frauen über ihre Rechte in Deutschland.
Landwirt hat gute Erfahrungen gemacht
York Wollatz hat einen Bauernhof in Süderdeich bei Wesselburen, er setzt seit einigen Jahren auf rumänische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - vor allem bei der Kohlernte. "Ich glaube für fast jeden Betrieb hier, der Gemüse anbaut, sind die rumänischen Erntehelfer die Hauptarbeitskräfte", sagt er. Deutsche finde man für diese Arbeiten auf dem Feld und auf dem Hof eher nicht. Vier Personen aus Rumänien arbeiten inzwischen ganzjährig in Festanstellung bei ihm. "Wir machen hier neben Kohl auch Kartoffeln und Möhren, und wenn ich die Mitarbeiter auf dem Feld mal nicht brauche, setze ich sie im Bereich Tourismus ein." Denn Wollatz hat auf seinem Hof auch Ferienwohnungen und Pferde, da sei immer was zu tun.
"Ich versuche persönlich in Kontakt zu kommen, eine Beziehung aufzubauen, trotz der sprachlichen Probleme", betont Wollatz. "Ein fairer Umgang ist mir wichtig, dazu gehört auch, zu zeigen, dass ich ihnen wohlgesonnen bin." Regeln müsse man erklären. "Die Rumänen kommen aus einer ganz anderen Kultur, die haben von einigen Sachen - wie Mülltrennung - keine Ahnung. Das müssen wir ihnen dann sagen - und dann klappt das auch." Auf der anderen Seite müsse man dann auch mal Feiern aushalten, meint Wollatz.
Erntehelfer wollen bleiben
Maddalin Duna ist seit über zwei Jahren auf dem Hof Wollatz. Er fühlt sich wohl in Dithmarschen, sagt er. Duna spricht im Gegensatz zu einigen Landsleuten gut Deutsch, scherzt auch mal in einer Pause mit seinem Chef York Wollatz. Der 24-Jährige lebt mit seiner Frau in einer Mietwohnung in Wesselburen und möchte gerne in Dithmarschen bleiben. "Ich habe hier keinen Stress. Es ist alles gut. Ich kann das noch nicht hundertprozentig sagen, aber so lange wie das passt, möchte ich hier bleiben", betont Duna.