Übergriffe an Silvester: Böller- oder Integrationsdebatte?
Auch wenige Tage nach Ausschreitungen in der Silvesternacht läuft auf Facebook und Twitter die Debatte darüber weiter auf Hochtouren. Die Meinungen gehen weit auseinander.
Die Gewalt gegen Einsatzkräfte der Polizei und Feuerwehr und die Frage, wie es dazu kommen konnte, sorgt weiter für Diskussion. FDP-Fraktionschef Christopher Vogt hatte am Montagabend auf Facebook betont, er sehe als Ursache erhebliche Erziehungs- und Integrationsdefizite. Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne) reagierte bei Twitter recht heftig.
Touré fordert Böllerverbot
Touré schrieb am Dienstagabend auf Twitter: "Wir können jetzt natürlich gerne 18 Wochen lang dämliche Metadebatten über Integration führen oder wir schützen Einsatzkräfte und Bevölkerung mit nem Verbot von Böllern." Sie fragte weiter, wie schwer könne es sein, eine so einfache Lösung für ein klares Problem zu finden. Wovon sie nichts halte, sei die Debatte, wie sie jetzt gerade geführt werde, sehr aufgeregt mit Blick darauf, dass das Ganze ein integrationspolitisches Problem sei. Sie sei der festen Überzeugung, dass es ein Problem mit männlicher Gewalt gebe und dass das etwas sei, was addressiert werden müsse. Außerdem sagt sie gegenüber NDR Schleswig-Holstein: "Wir müssen uns natürlich auch die Frage stellen: Wie können wir in diesem Bereich nachbessern?" Das Thema bewegt nicht nur die Politik, wie die Kommentare unter den Beiträgen in den Sozialen Medien zeigen. So hatte der Tweet von Touré am Mittwochmittag, knapp vierzehn Stunden nach seiner Veröffentlichung, bereits über 3.000 Kommentare.
Vogt, Prien und Stegner reagieren
Christopher Vogt reagierte und warf Touré vor, sie mache es sich viel zu leicht. Eine Integrationsministerin der schwarz-grünen Landesregierung wolle nicht über Integration debattieren, meinte Vogt. Lars Harms, Fraktionschef des SSW betonte, selbstverständlich müsse man eine Integrationsdebatte führen, sollte sich herausstellen, dass sich unter den Randalierern überproportional viele Eingewanderte befanden. Das möge Ihr, Frau Touré, zu meta sein, sei aber ihr Job und ihre Verantwortung als Integrationsministerin, so Harms. CDU-Politikerin und Bildungsministerin Karin Prien sagte, der Rechtsstaat sei gefragt, der diese Taten ahnden müsse. Zuvor hatte sie getwittert, sie halte eine ressentimentfreie Analyse zu den Ursachen der "unerträglichen Gewaltbereitschaft in unserer (Einwanderungs-)gesellschaft" unter anderem gegen staatliche Organe für nötig. Verfehlte Integrationspolitik gehöre dabei ebenso auf den Prüfstand wie pauschaler Rassismusverdacht gegen Polizisten, so Prien. SPD-Politiker Ralf Stegner twitterte, man könne für oder gegen ein Verbot privater Böllerei sein. Ressentimentgeladene Ideologiedebatten zu Integration in diesem Zusammenhang seien jedoch überflüssig. In einem weiteren Tweet schrieb Stegner: "Bei Angriffen auf Polizei, Feuerwehr+Rettungskräfte helfen weder tumbe Integrationsdebatte noch Böllerverbot!"
AfD findet: Böllerverbot trifft die Falschen
Und auch die AfD Schleswig-Holstein teilte am Dienstag auf Facebook eine Pressemitteilung der AfD-Bundestagsfraktion in der es unter anderem heißt: "Ein generelles Böllerverbot ist nur Symptom-Doktorei und träfe vorrangig die Falschen - wer das Problem an der Wurzel packen will, muss die hohe Kriminalitätsrate bestimmter migrantischer Gruppen beim Namen nennen."
Polizei und Feuerwehr fordern Konsequenzen
Nach zahlreichen Übergriffen und schweren Feuerwerksunfällen forderten Vertreter von Polizei und Feuerwehr Konsequenzen. Auch in Schleswig-Holstein hatte es Angriffe auf Einsatzkräfte sowie schwere Unfälle mit Feuerwerk gegeben.
Unter anderem ermittelt aktuell das Landeskriminalamt in Kiel (LKA) nach einem Böller-Angriff auf das Büro der Grünen in Itzehoe im Kreis Steinburg. Unbekannte Täter hatten laut aktuellen Ermittlungen einen Böller mit grauem Panzertape an die Fensterscheibe des Büros geklebt und gezündet. Durch die Explosion entstand ein Loch in der Scheibe. Das LKA hat im Moment noch keine Anhaltspunkte für eine politisch motivierte Tat. Die Grünen-Vorsitzende des Kreises, Birgit Asmus-Mrozek, äußerte sich schockiert: "Neben dem materiellen Schaden sind wir vor allem über den Gewaltakt als solchen schockiert. Unabhängig davon, ob die Tat reiner Vandalismus oder politisch motiviert war, gibt es hierfür keinerlei Rechtfertigung oder Entschuldigung." Malte Krüger, ebenfalls Vorsitzender der Grünen im Kreis Steinburg, will sich von dem Anschlag nicht einschüchtern lassen. "Wir solidarisieren uns mit allen Einsatzkräften und fordern eine offene Debatte über den Einsatz von Feuerwerkskörpern zum Jahresende", so Krüger.