Torf: Die Suche nach einem Ersatz
Die Baumschulen im Land stehen vor einer enormen Herausforderung. Denn: Torf hat zwar nahezu perfekte Eigenschaften für das Wachstum von Pflanzen - aber ab 2030 müssen die Baumschulen weitgehend auf ihn verzichten.
Ein klein wenig ist es wie bei der berühmten Nadel im Heuhaufen: In der Versuchsanlage in Ellerhoop (Kreis Pinneberg) suchen sie seit zwei Jahren nach ihr, testen unterschiedliche Zusatzstoffe für Gartenerden, um sie zu finden. "Sie", das sind Andreas Wrede, Leiter des Gartenbauzentrums, und sein Team - die gesuchte "Nadel" ist in diesem Falle dieses bestimmte, aber noch unbekannte Etwas, um auf den Einsatz von Torf verzichten zu können. Optimal wäre es, einen Ersatz zu finden, der unbegrenzt und jederzeit verfügbar sei - im besten Fall auch günstig, so Versuchsleiter Wrede. Und: natürlich mit all den positiven Eigenschaften, die der Torf mit sich bringt.
Gartenbau und Torf sind eng verbunden
Seit Jahrzehnten setzen die Baumschulen im Land auf Torf. Fast keine kommt ohne ihn aus. Denn Torf hat alles, was man sich wünscht von einem Zuschlagsstoff für Gartenerden. Er besitzt zum Beispiel ein hohes Porenvolumen, versorgt damit Pflanzenwurzeln zuverlässig mit Sauerstoff. Er kann Wasser sehr gut speichern und wieder an die Pflanzen abgeben. Gerade weil er kaum Nährstoffe enthält, kann er beliebig gedüngt und mittels Kalk auch auf jeden gewünschten pH-Wert eingestellt werden - perfekt für das Wachstum von Pflanzen und Gehölzen. Besonders Pflanzen wie Rhododendron, Hortensien oder Heidelbeeren profitieren von Torf. Acht Millionen Kubikmeter des wertvollen Sediments werden in Deutschland pro Jahr verbraucht. Das hat allerdings gravierende Folgen.
Moore sind wichtige Kohlenstoffdioxid-Speicher
Einerseits sind Moore Lebensraum für viele Pflanzen und Tiere, darunter auch viele bedrohte Arten. Andererseits zählen Moore zu den wichtigsten Kohlenstoffdioxid-Speichern: Sie binden pro Hektar etwa viermal mehr CO2 als die Tropenwälder. Moore wirken dem Klimawandel somit stark entgegen - doch nur solange der Torf im Moor bleibt. Denn durch das Trockenlegen der Moore und den Abbau von Torf wird das gespeicherte schädliche Kohlenstoffdioxid wieder freigegeben, gelangt in die Atmosphäre. Deshalb sieht der Klimaschutzplan der Bundesregierung vor, den Einsatz von Torf in Gartenerden ab 2026 für Hobbygärtner zu verbieten. Die Baumschulen sollen ab 2030 weitgehend auf den Einsatz von Torf verzichten.
Es gibt einige Ideen - doch noch keine zündende
Doch 1:1 ersetzen könne man den Torf nicht, meint Andreas Wrede vom Gartenbauzentrum. Hier im Versuchswesen setzen sie darauf, optimale Kombinationen von alternativen Zusatzstoffen zu finden. Sie testen derzeit in Ellerhoop die Zugabe von Holzfasern, von Gärresten aus Biogasanlagen und von Schafwolle. Mit Hilfe der Holzfaser soll im Gewächshaus portugiesischer Kirschlorbeer wachsen. Holz als nachwachsender Rohstoff ist sinnvoll. Auch zeige sich in den Versuchen, dass die Erde das Wasser besonders gut ableiten könne und die Wurzeln genügend Sauerstoff bekommen.
An Rosen testen sie den Einsatz von Gärresten - zum Beispiel von Mais. "Man würde den Mais zweimal nutzen, einmal zur Energiegewinnung und einmal zur Pflanzenproduktion", sagt Wrede. Bei der Schafwolle müsse man realistisch bleiben: Schwierigkeiten bereitet derzeit das Verteilen der Wolle in der Erde. Doch man sei erst am Anfang der Untersuchungen und müsse abwarten, wie sich die Pflanzen entwickeln und vor allem wachsen.
Alternative mit Nebenwirkungen
Schon jetzt zeigen sich allerdings bei allen Ersatzstoffen negative Begleiterscheinungen. Natürlich könne man die nicht außer Acht lassen, sagt Andreas Wrede. So muss die Erde mit den Holzfasern öfter gedüngt und in kürzeren Abständen bewässert werden. Hinzu komme der derzeitig hohe Preis für Holz. Etwa 30 Prozent des Torfes könnte man theoretisch mit Gärresten ersetzen - die hätten aber oft einen so hohen ph-Wert, dass die Pflanzen nicht richtig wachsen würden.
Trotzdem sei es ein Anfang, die Suche nach den optimalen Kombinationen muss weitergehen, meint Wrede. Zwei Jahre läuft das Versuchsprojekt noch - bis zum Ende wollen sie eine Alternative gefunden haben, auf die die Baumschulen ab 2030 setzen können.