Sylt: Gemeindevertretung entscheidet über Abwahl des Bürgermeisters
Die Sylter Gemeindevertreter entscheiden heute Abend darüber, ob sie die Abwahl des Bürgermeisters Nikolas Häckel (parteilos) einleiten. Kommt die nötige Mehrheit zustande, entscheiden die Wählerinnen und Wähler.
Der Antrag war von allen Fraktionen mit Ausnahme des SSW bereits am 28. Juni eingereicht worden: von CDU, Grünen, SPD sowie den Wählergemeinschaften SWG und Die Insulaner. Die fünf Fraktionen begründen ihren Schritt mit der "Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses". Eine weitere Begründung solle in der heutigen Sitzung erfolgen. Sollte die Gemeindevertretung in ihrer öffentlichen Sitzung die Abwahl wie erwartet mit einer Zweidrittelmehrheit beschließen, dann hätten die Bürger der Gemeinde Sylt (Kreis Nordfriesland) das letzte Wort. Um Häckel aus dem Amt zu entfernen, muss aber nicht nur die Mehrheit, sondern mindestens auch 20 Prozent der Wahlberechtigten für die Abwahl stimmen.
Sylter Gemeindevertreter wollen auch Amtsausübung verbieten
Wenn der Abwahl-Antrag der Fraktionen heute in der Gemeindevertretung durchkommt, können die Gemeindevertreter Häckel laut der Beschlussvorlage für die Gemeindevertreter auch die Ausübung der Amtsgeschäfte verbieten - bis das Ergebnis der Abwahl-Abstimmung der Bürgerinnen und Bürger vorliegt. Auch diesen Schritt haben die fünf Fraktionen beantragt.
Bürgermeister war lange krankgeschrieben
Seit Mitte Februar war Nikolas Häckel krankgeschrieben. Über seine private Homepage teilt der 50-Jährige mit, dass er sich derzeit aus einem Burn-out herausarbeite. Der von der Gemeinde Sylt beauftragte Amtsarzt habe kürzlich seine Dienstfähigkeit festgestellt und eine stufenweise Wiedereingliederung empfohlen. Die Gemeinde Sylt teilte mit: "Das mögliche Abwahlverfahren gegen Bürgermeister Nikolas Häckel durch die Gemeindevertretung ist sowohl sachlich als auch rechtlich unabhängig von der Überprüfung auf Dienstunfähigkeit zu betrachten. Es handelt sich hierbei um zwei unterschiedliche und unabhängige Vorgänge, die parallel stattfinden."
Begründungen für die Unzufriedenheit? Nur hinter vorgehaltener Hand
Bisher wollten sich die Gemeindevertreter öffentlich nicht näher zu den Gründen für ihre Unzufriedenheit mit Häckel äußern, aber inoffiziell heißt es immer wieder, Häckel sei mit dem Amt überfordert und habe es nicht geschafft einen regulären Haushalt aufzustellen. Auch der Umgang mit der angespannten Wohnungssituation auf der Insel und das Krisenmanagement bei den Protestcamps der Punks werden zumindest hinter vorgehaltener Hand immer wieder genannt.
Für Häckels Anwalt ist der Abwahlantrag ein Skandal
Nikolas Häckel lässt sich von dem Kieler Arbeitsrechtler Trutz Graf Kerssenbrock vertreten. Der sieht in dem Versuch, einen an Depression erkrankten Verwaltungschef abzuwählen, einen Skandal. "So etwas hat es in Deutschland noch nicht gegeben", so Kerssenbrock, der juristischen Widerstand ankündigt und der Gemeinde Sylt "einen schlechten Stil" vorwirft. Versuche einer Einigung zwischen Häckel und der Gemeinde waren nach einer Hauptausschuss-Sitzung Mitte Mai gescheitert.