Sterntaucher ist Seevogel des Jahres 2024
Der Verein Jordsand kürt seit fast zehn Jahren jährlich eine Seevogelart, die exemplarisch für ein bestimmtes Problem steht: Der Sterntaucher ist wie viele andere besonders von Windkraftanlagen im Meer bedroht.
Der Sterntaucher verdankt seinen Namen den weißen, sternchenartigen Sprenkeln auf dem grauen Wintergefieder und seiner tauchenden Nahrungssuche. Zur Überwinterung kommen die Vögel in die Nord- und Ostsee. Den Rest des Jahres sind sie in Skandinavien, Nordrussland, Spitzbergen und Grönland und brüten dort. Bis zu 20 Prozent des europäischen Winterbestandes fänden sich in der deutschen Nordsee ein, was dieses Meeresgebiet zu einem "international wichtigen Rastgebiet" mache, heißt es vom Verein Jordsand aus Ahrensburg (Kreis Stormarn).
Sterntaucher steht auf Roter Liste
Der Sterntaucher ist der kleinste Vertreter der Seetaucherarten und wird in der Roten Liste wandernder Vogelarten Deutschlands als stark gefährdet gelistet. Das teilt der Verein Jordsand mit. "Der intensive Ausbau der Offshore-Windkraft stellt eine starke Bedrohung für den Sterntaucher dar, da er die Windparkareale weiträumig meidet", sagt der Vorsitzende Veit Hennig. Er fordert mehr Bedacht beim Ausbau der erneuerbaren Energieform. Denn auf Störungen reagiere der scheue Vogel sehr empfindlich. Denn wegen der Windparks muss er an anderen Stellen nach Nahrung suchen und legt dabei möglicherweise eine längere Flugstrecke zurück. So sei der zunehmende Ausbau der Offshore-Windkraft in den vergangenen zehn Jahren eine "schwerwiegende Belastung" für Sterntaucher geworden, so der Verein. Bei der Ausweisung von Gebieten für Offshore-Windparks gebe es oft Überlappungen mit Verbreitungsgebieten küstennah lebender Seevogelarten wie dem Sterntaucher. Sie brauchen eine geringe Wassertiefe für die optimale Jagd. Laut Jordsand meiden die scheuen Vögel Windparkgebiete im Umkreis von zehn Kilometern.
Schrumpfender Lebensraum für Seevögel
Analysen der Überwinterungsgebiete in der Nordsee hätten eine deutliche Verschiebung von vorher großflächigen zu jetzt erheblich kleineren Gebieten zwischen den Windparkgebieten gezeigt. Dieser schrumpfende Lebensraum führe bei Sterntauchern zu erhöhten Stressbelastungen durch Konkurrenz um Lebensraum und Nahrung. Neben dem Sterntaucher meiden auch andere Seevogelarten wie die Trottellumme oder der Basstölpel die Bereiche der Offshore-Windparks. "Schutzgebiete müssen großräumig freigehalten bleiben, sonst haben wir mit Windparks die Klimakrise ein Stück weit gelöst, aber die Biodiversitätskrise noch massiv verschärft", sagt Jordsand-Beirat Stefan Garthe. An der Ostseeküste sei die Stellnetzfischerei eine weitere Bedrohung für Sterntaucher, sie enden darin als Beifang. Auch hier sei ein Umdenken dringend notwendig, fordern die Vogelschützer.
Nominierung "Seevogel des Jahres" seit 2014
Seit 2014 kürt der Verein Jordsand den Seevogel des Jahres. Nominiert wird jährlich eine Vogelart, die stellvertretend für eine akute Problematik steht, die besonders bedrohlich für eine Artengemeinschaft oder einen Lebensraum ist. Der Verein kümmert sich seit 116 Jahren um den Schutz von Seevögeln an der Küste. Er betreut rund 20 Schutzgebiete vorwiegend an Nord- und Ostsee, von Helgoland über das nordfriesische und hamburgische Wattenmeer, die Unterelbe bis zur schleswig-holsteinischen und vorpommerschen Ostseeküste rund um Rügen.