St. Peter-Ording: Mit der Kamera auf Milchstraßen-Jagd

Stand: 21.04.2023 20:07 Uhr

Die Lichter der Ferienwohnungen, Hotels und Wohnhäuser in St. Peter-Ording sind längst erloschen, als Mark Kruse dort ankommt. Einzelne Straßenlaternen flimmern noch. Ansonsten: Dunkelheit. Genau die braucht der Hobby-Fotograf.

von Laura Albus

Seine Augen brauchen einen Moment, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen, die wie eine Decke über dem Parkplatz liegt. Es ist frisch. Das Thermometer im Armaturenbrett zeigt vier Grad an, die Uhr direkt daneben: 1.30 Uhr. Es ist mitten in der Nacht. Trotzdem steht Mark Kruse gut gelaunt auf dem Parkplatz vor der Böhler Strandüberfahrt in St. Peter-Ording und checkt noch einmal kurz seine Ausrüstung. Stativ? Ersatzschuhe? Kamera? Alles da. Es sind routinierte Handgriffe, mit denen er seinen Rucksack schultert und sich mit Hilfe des Lichts seiner Stirnlampe auf den Weg zum Strand macht.

Mark Kruse will die Milchstraße fotografieren. Jetzt im Frühjahr gehe das besonders gut, sagt er, während er den Weg vom Parkplatz zum Strand geht. Rechts und links von ihm dichtes Schilfgras, es ist absolut still, nur seine Schritte sind auf den Holzbohlen zu hören. Ab und an machen Gänse und Enten schnatternd sich aufmerksam.

Fotografieren als Meditation

Genau das ist es, was ihn neben dem Fotografieren an sich so reizt. Diese vollkommene Ruhe in der Nacht sei etwas ganz besonderes, irgendwie tiefer, als sie es bei Tageslicht je sein könne. Für Mark Kruse ist sein nächtliches Hobby wie Meditation. Hier ist er ganz bei sich, im Moment. Konzentriert sich auf das, was er tut. Ablenkung gibt es nicht.

Der Weg bis zum Strand ist gut einen Kilometer lang. Am Horizont sind Lichter zu erkennen. Gelblich leuchtet der Himmel an einigen Stellen. "Da hinten, das ist zum Beispiel Cuxhaven", sagt er und zeigt auf einen der leuchtenden Kegel am Horizont. Die Lichter der Stadt, gut 42 Kilometer von Mark Kruse entfernt, sind deutlich zu erkennen. Auch über Büsum und über der Raffinerie in Hemmingstedt strahlt ein gelber Lichtkegel. Die Windparks leuchten rot. Die Leuchttürme weisen mit ihren Blinklichtern den Seeleuten den Weg. Und dazwischen: abertausende Sterne - und die Milchstraße.

Jedes Nacht verläuft anders

Es ist ablaufendes Wasser, als Mark Kruse den Strand erreicht. Seine Idee für diese Nacht: Ein Foto der Milchstraße, die sich auf dem nassen Strand spiegelt. An der Wasserkante bleibt er stehen und platziert sein Stativ im Sand. Dann schaltet er seine Stirnlampe aus. Jegliche Lichtquellen würden sein Foto nun stören. Er richtet die Belichtungszeit ein, stellt den Fokus manuell auf die Sterne, und drückt den Auslöser für ein Testfoto.

Es dauert mehrere Sekunden, in denen die Kamera das Foto erstellt. In dieser Zeit reckt Markus Kruse den Kopf in den Himmel. Da, eine Sternschnuppe. Für ihn ist die Fotografie, vor allem früh morgens und nachts, besonders wichtig. Denn diese Ruhe und Konzentration sind mehr als nur eine Leidenschaft, sondern auch Eigentherapie.

Tipps zur Sternenfotografie

  • Die Kamera, egal ob Smartphone oder Spiegelreflexkamera, muss manuell einstellbar sein.
  • Ein Stativ oder ein anderer fester Ort sind zwingend notwendig, damit das Foto nicht verwackelt.
  • Naheliegend, aber dennoch wichtig: Der Ort muss dunkel sein. Also nicht direkt neben einer Laterne stehen, sondern im besten Fall weit draußen auf einer Wiese, fernab des nächsten Ortes.
  • Für die ersten Aufnahmen möglichst auf den Sternenhimmel konzentrieren und wenig Ablenkung im Vordergrund suchen. Erst wenn die Sterne auch wirklich als solche zu erkennen sind (und nicht als Striche am Himmel), einen Vordergrund für das Bild suchen und damit weiterarbeiten.
  • Die Belichtungszeit auf mindestens zehn Sekunden einstellen.
  • Die Blende weit öffnen.
  • Den Bildausschnitt so weitwinklig wie möglich wählen.
  • Ausprobieren und dann: üben, üben, üben.

Jede Nacht ist ein Gewinn

Gut zehn Jahre ist es her, dass Mark Kruse mit seinem Motorrad einen Unfall hatte. Die Diagnose: Fünffacher Rückenbruch. Ein langer Krankenhausaufenthalt gefolgt von sechs Monaten in der Reha. Die Fotografie war in dieser Zeit, als er sich Stück für Stück zurück ins Leben kämpfte, sein Lichtblick. Der Fokus, die Konzentration, das Bei-sich-sein - all das haben ihm geholfen in der Genesung. Oder, wie er selbst sagt, in der Eigentherapie.

Der kleine Bildschirm seiner Kamera zeigt das Ergebnis des Testfotos. Er fährt mit dem Finger über den Bildschirm: "Ich bin noch nicht zufrieden. Hier zieht eine Wolke durch das Zentrum der Milchstraße." Deshalb schnappt er sich seine Kamera, und geht ein paar Schritte weiter. Der Kegel seiner Stirnlampe leuchtet auf zwei Strandkörbe. Hier richtet er erneut seine Kamera ein. Die beiden Strandkörbe links, rechts der Sand und darüber die Milchstraße. Er schaltet seine Stirnlampe aus. Inzwischen ist es bereits kurz vor vier Uhr. Der Wind hat aufgefrischt. Der Strand ist mittlerweile trocken. Mit seinem Foto ist er ganz zufrieden. Es ist nicht perfekt, dafür war das Wetter nicht optimal. Eine einzelne Wolke kann die gesamte Bildkomposition zuerstören. Trotzdem: Für Mark Kruse ist jede Nacht, in der er draußen unterwegs ist, ein Gewinn. Egal, mit wie vielen Fotos er zurück nach Hause fährt.

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 21.04.2023 | 19:30 Uhr

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