Schule am Kastanienweg: Schließung Thema im Bildungsausschuss
Die Schule am Kastanienweg in Bad Segeberg ist das einzige Förderzentrum für emotionale und soziale Entwicklung im Land - und soll geschlossen werden. Das wurde am Dienstag im Bildungsausschuss diskutiert.
Im Februar hat der Kreis Segeberg beim Bildungsministerium die Auflösung des öffentlichen Schulbetriebs an der Schule am Kastanienweg beantragt. Was der aktuelle Stand der geplanten Schließung ist und welche alternativen Konzepte es für die Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte gibt, war jetzt Thema im Bildungsausschuss des Kreises. Dabei sind auch die Schülerinnnen und Schüler selbst zu Wort gekommen.
Großes Interesse an Diskussion im Bildungsausschuss
Xaver Kohout ist für die Sitzung des Ausschusses für Bildung, Kultur und Sport extra aus Bayern angereist. Er möchte dabei helfen, seine alte Schule zu bewahren. Er sagt: "Diese Schule ist alternativlos." Kohout war zwischen 1983 und 1989 selbst Schüler am Kastanienweg, fühlt sich der Schule und seinen ehemaligen Lehrkräften noch immer verbunden. Vor der Ausschussitzung tauscht er sich mit den aktuellen Schülersprechern Marian und Tjark aus. Sie sind heute für den Erhalt ihrer Schule da, haben einen Redebeitrag vorbereitet.
Als die Sitzung um kurz nach 18 Uhr beginnt, ist kein Stuhl mehr frei im Sitzungssaal. Der Ausschussvorsitzende Alexander Wagner eröffnet die Sitzung mit den Worten: "Dass so viele Leute zu dieser Sitzung gekommen sind, zeigt, wie wichtig das Thema der Schule am Kastanienweg ist und auch wie groß die Bedeutung der Schule ist." Während der Bürgerfragestunde sollen die Schülersprecher den Raum bekommen, um über ihre Sorgen und Forderungen zu sprechen, denn bei der Debatte über die Schule am Kastanienweg sollen die Schülerinnen und Schüler im Mittelpunkt stehen. Es soll eine bestmögliche Lösung für sie gefunden werden und nicht für den Kreis, das Land oder die Norddeutsche Gesellschaft für Diakonie, so Wagner.
Landrat möchte Schülern konkrete Lösungsvorschläge präsentieren
Marian und Tjark erzählen dann von ihrem Schulalltag und warum der so genau richtig für sie und ihre Mitschülerinnen und -schüler ist. Sie berichten von ihren Lehrerinnen und Lehrern, die sich Zeit nehmen für sie und ihre Probleme. Sie schildern die unterschiedlichen Wege, die sie zur Schule am Kastanienweg gebracht haben, und erläutern, warum sie Angst vor der Schließung dieser Schule haben: "Wir wollen verhindern, dass wir wieder in alte Verhaltensmuster verfallen und die Probleme bekommen, die wir schon einmal hatten. Wir haben Angst, dass wir wieder in unser Handicap verfallen und unseren Abschluss nicht schaffen", erklärt Marian. In zwei Briefen an Landrat Jan Peter Schröder hätten sie bereits ihre Fragen, Sorgen und Ängste zum Ausdruck gebracht und den Landrat auch zu einem Besuch und Gespräch eingeladen. Auf dieses Angebot sei der Landrat bisher noch nicht eingegangen, erzählen sie und fragen ihn öffentlich nach den Gründen.
In seinem Bericht geht der Landrat direkt auf die Fragen und das Besuchsangebot der Schülersprecher ein: "Ich komme vorbei, aber erst wenn ich eine konkrete Lösung oder eine Idee habe, die euch vorschlagen und präsentieren kann." Er könne die Unruhe und Sorgen der Schulgemeinschaft verstehen und sieht eine Verpflichtung darin, möglichst gute Lösungen für jetzt und auch für die Zukunft zu finden. Die Norddeutsche Gesellschaft für Diakonie habe im vergangenen Jahr gegenüber dem Kreis erklärt, dass spätestens ab Sommer 2024 das Gebäude am Kastanienweg nicht mehr zur Verfügung steht. Das habe die Diakonie in einem Gespräch am Montag (26. September) erneut bestätigt. Der Kreis habe jetzt ein Konzept erarbeitet, das unter dem Stichwort "Schule ohne Schüler" laufe, erklärt der Landrat weiter.
Kreis stellt Bildungsministerium Konzept im Oktober vor
Dieses Konzept soll am 9. Oktober in einem Gespräch zwischen Bildungsministerium, Schulleitung und verschiedenen Vertreterinnen und Vertretern des Kreises vorgestellt werden. Es sieht vor, dass Kinder und Jugendliche, die im heilpädagogischen Kinderheim in Stipsdorf leben und bisher einen Großteil der Schülerschaft der Schule am Kastanienweg ausmachen, weiterhin dort "heimintern von der Diakonie beschult werden", so der Landrat. Schülerinnen und Schüler aus dem Kreis Segeberg, die nicht in heilpädagogischen Kinderheimen leben, sollen an verschiedenen anderen Schulen im Kreis möglichst nah an ihrem Wohnort unterrichtet werden. Sie werden dabei weiterhin von den Lehrkräften betreut, von denen sie jetzt unterrichtet werden. Durch den Unterricht in Kleingruppen könne den Schülerinnen und Schülern die Sicherheit gegeben werden, die sie auch brauchen, erklärt der Landrat. Das Bildungsministerium müsse dieses Konzept jedoch erst genehmigen.
Aus der Sicht des Landrats ist das Fortbestehen der Schule in ihrem aktuellen Zustand an einem anderen Standort so nicht möglich, "weil diese Schule so im Schulgesetz nach meiner Überzeugung unter dem Aspekt der inklusiven Beschulung eigentlich nicht mehr vorgesehen ist und wir uns die Frage stellen müssen: Ist der Weg, den wir bis hier hin gegangen sind, der richtige für die Zukunft?", so Landrat Jan Peter Schröder. Eine Möglichkeit könne auch das Gründen eines Landesförderzentrums sein, das liege dann aber in den Händen der Landespolitik und des Bildungsministeriums.
Erleichterung und Erschöpfung nach der Ausschusssitzung
Marian und Tjark sind nach der Ausschussitzung vor allem erleichtert. "Ich hab ein gutes Gefühl und hoffe, dass es irgendwie eine Möglichkeit gibt, dass wir weiter beschult werden können und die Schule bestehen bleibt," sagt Tjark. Lehrerin Anne Rath ist vor allem erschöpft, trotzdem, sagt sie, sei sie sehr stolz auf das, was die Schülerinnen und Schüler in den vergangen Tagen und Wochen für ihre Schule getan haben: "Ich bin der festen Überzeugung, dass die heute nicht da wären vor diesem Ausschuss mit dieser Sachlichkeit, mit dieser Überzeugung für ihre Schule einzustehen, wenn sie weiter dort geblieben wären, wo sie waren, bevor sie unsere Schule besucht haben. Das ist der Hauptpunkt bei der Sache: Zu sehen, was unsere Schülerinnen und Schüler leisten können, wenn sie die richtigen Rahmenbedingungen haben und wenn sie die Sicherheit haben, die ihnen dieses Schulgebäude und diese Schullandschaft bietet."