In einem Klassenraum stehen unbesetzte Tische und Stühle. © IMAGO Foto: Funke Foto Services
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AUDIO: 2.000 Jugendliche in SH ohne Schulsabschluss (1 Min)

2.000 Jugendliche in Schleswig-Holstein ohne Schulabschluss

Stand: 06.03.2023 12:15 Uhr

Vor allem Jungen und Jugendliche ohne deutschen Pass verlassen die Schule oft ohne Abschluss. Die SPD kritisiert das Bildungsministerium, die FDP fordert, die Grundschulen zu stärken. Die Grünen sprechen sich für Präventionsmaßnahmen und bessere Integrationskurse aus.

7,4 Prozent aller Schulabgänger haben keinen Abschluss in der Tasche. Das zeigt eine Studie des Bildungsforschers Klaus Klemm im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Damit befindet sich die Zahl derer ohne Abschluss im Mittelfeld der vorangegangenen 10 Jahre - die Quote betrug stets zwischen 6,9 und 9,5 Prozent.

Autoren: "Es wurde zu wenig für die Bildung getan"

Der Studie zufolge sind etwa 60 Prozent dieser Schulabgänger Jungs. Jugendliche ohne deutschen Pass sind fast dreimal so oft dabei wie gleichaltrige Deutsche. 2019 lag der Anteil der Jugendlichen ohne Abschluss bei 9,5 Prozent, ist seitdem also etwas gesunken. 2011 lag die Quote aber nur bei 7 Prozent. Für die Studienautoren hat sich im vergangenen Jahrzehnt grundsätzlich zu wenig in Sachen Bildung getan. Ohne Abschluss steige das Risiko keinen Job zu finden, oder sehr schlecht bezahlt zu werden, gerade weil in der Arbeitswelt die Anforderungen steigen würden.

SPD: Lage nicht schönreden

Auch der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion in Schleswig-Holstein, Martin Habersaat, sagte, es seien in den vergangenen Jahren kaum Fortschritte gemacht worden, um die Schulabbrecherquote zu verringern. "Die Bildungsministerin muss jetzt aufhören, sich und der Öffentlichkeit die Lage an den Schulen schönzureden", so Habersaat. Fast jede zehnte Lehrkraft in Schleswig-Holstein sei keine ausgebildete. Die SPD fordert Entlastungen für Klassenlehrkräfte sowie Konzepte für leistungsschwache Schülerinnen und Schüler. Auch die Digitalisierung an den Schulen müsse verbessert werden. "Was wir auch endlich brauchen, ist eine flächendeckende Einrichtung von Jugendberufsagenturen mit verbindliche Standards für deren Arbeit", ergänzt der Bildungspolitiker.

FDP: Grundschulen stärken

Der bildungspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt, bezeichnete die hohe Zahl an Schülerinnen und Schülern ohne Abschluss als "katastrophal". Er forderte, dass die Grundschulen in Schleswig-Holstein gestärkt werden, zudem sollten bereits im Kindergartenalter Sprachtests durchgeführt werden, um Defizite zu erkennen. Weiterhin bräuchten Lehrkräfte mehr Unterstützung bei Inklusion und Integration. "Zudem muss man sich auch stärker um die Jugendlichen und jungen Erwachsenen kümmern, die keinen Schulabschluss haben", sagte Vogt. Sie sollen zum Beispiel Angebote bekommen, ihren Abschluss nachzuholen.

Grüne: Kein Jugendlicher darf verloren gehen

Kein Jugendlicher dürfe verloren gehen, sagte der bildungspolitische Sprecher der Grünen- Fraktion, Malte Krüger. Er sprach sich ebenfalls für Jugendberufsagenturen aus. Gleichzeitig müsse es das Ziel sein, dass jeder Schüler und jede Schülerin am Ende der Schullaufbahn einen Schulabschluss habe. "Dieses Ziel ist durch die Pandemie, die hohe Anzahl an Schutzsuchenden und den Lehrkräftemangel nicht einfacher geworden", so Krüger. Neben gut ausgebildeten Lehrkräften brauche es mehr Integrationskurse und ein besseres Angebot für Deutsch als Zweitsprache. Außerdem seien Konzepte gegen Schulschwänzen, sowohl Prävention als auch Wiedereingliederung wichtig.

Bildungsministerium: Verschiedene Maßnahmen bereits etabliert

Das Bildungsministerium Schleswig-Holstein teilte auf NDR Anfrage zunächst mit, dass die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die die allgemein bildende Schule ohne Abschluss verlassen, seit 2019 rückläufig sei. Das sei eine positive Entwicklung. Dennoch sagte Bildungsstaatssekretärin Dorit Stenke: "Es ist grundsätzlich nicht hinnehmbar, dass Jugendliche die Schule ohne Schulabschluss verlassen." Das könne sich Schleswig-Holstein im Hinblick auf den Fachkräftemangel nicht leisten. Laut Ministerium stehen den Lehrkräften aber "verschiedene Instrumente zur Verfügung, um Schülerinnen und Schüler, deren Abschlusschancen gefährdet sind, frühzeitig unterstützen zu können." Dazu gehörten unter anderem Lernstandserhebungen und zusätzliche Angebote wie die Online-Testplattform des Instituts für
Qualitätsentwicklung an
Schulen Schleswig-Holstein. Außerdem verwies das Ministerium unter anderem auf das PerspektivSchul-Programm, die sogenannten FLEX-Klassen und verschiedene Coaching-Angebote.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 06.03.2023 | 12:00 Uhr

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