Rummelpott: Eine alte Tradition wird in Horst wiederbelebt
Früher sollte das "Rummeln" Wintergeister vertreiben und die kleinen Gaben ein Dankeschön für geleistete Dienste sein. Die Gemeinde Horst (Kreis Steinburg) will das Rummelpottlaufen wieder aufleben lassen.
Die uralte Tradition des Rummelpottlaufens ist nahezu in Vergessenheit geraten. Jetzt arbeiten die Kinder in Horst im Kreis Steinburg am Comeback. Dafür basteln sie Dosen, mit denen sie ordentlich Krach machen können - den Rummelpott. Zusätzlich üben sie plattdeutsche Lieder, die zum Rummelpottlaufen dazu gehören. An Silvester ziehen sie dann singend und mit dem Rummelpott lärmend von Haus zu Haus und versuchen, so viele Süßigkeiten wie möglich einzusammeln. Mit den Rummelpott-Geräuschen werden die Geister des Jahres 2022 vertrieben.
Louis aus der dritten Klasse muss seine ganze Kraft aufwenden, um seinen Rummelpott zu basteln. Das ist eine leere Dose, in die hat er drei Handvoll getrocknete Erbsen gelegt. Über die Öffnung der Dose muss er nun ein rundes Stück Leder spannen. Das befestigt er mit Kabelbindern. Die zieht er anschließend mit der Zange richtig straff fest, damit das Leder nicht abrutscht. "Dann binde ich da noch ein Stück Seil fest, und dann ist mein Rummelpott schon fertig." Mitschülerin Fabienne findet, dass das "eine ganz schöne Fummelarbeit ist, weil das Leder so schwer zu greifen ist". Hannah ist schon fertig und will ihren Rummelpott später mit bunten Bändchen schmücken und mit Aufklebern verschönern.
Generationenprojekt: "Opa gibt den Enkeln etwas weiter"
Aus dem Leder schaut ein Stock heraus. Mit dem Stock bringen die Kinder den Rummelpott zum Quietschen, indem sie das Leder schnell rauf und runter bewegen. Noch sieht es aber etwas ungelenk aus, wenn sie versuchen, auf diese Weise Geräusche mit ihrem Rummelpott zu machen. "Das liegt auch daran, dass wir nicht, wie es früher gemacht wurde, eine Schweinsblase benutzen", erzählt Werner Schlüter vom Horster Ortsarchiv. "Wir haben stattdessen Ziegenleder benutzt, das hätte etwas feiner sein müssen. Aber ein bisschen üben gehört zu jedem Instrument dazu, auch zum Rummelpott." Gemeinsam mit seinen Kolleginnen vom Ortsarchiv hilft er den Kindern beim Basteln. Ohne die Erwachsenen könnten sie so eine mit Ziegenleder bespannte Dose gar nicht hinbekommen. "Es ist ein Generationen-Projekt, das ist auch das Schöne daran. Verschiedene Generationen kommen zusammen und machen etwas gemeinsam. Als ob Opa seinen Enkeln etwas weitergibt."
Idee kam vom Horster Ortsarchiv
Das Archiv ist in diesem Jahr 25 Jahre alt geworden. Um das Jubiläum zu feiern, suchte Schlüter eine besondere Idee. "Rummelpott, das kannte früher jeder, aber inzwischen sind auch viele Menschen von außerhalb zu uns gekommen, die noch nie vom Rummelpott gehört haben", erklärt er. Das Projekt begann im Frühjahr. Da ist er auf die Grundschule zugegangen und hat bei der Lehrerin Inke Ratjen offene Türen eingerannt.
"Ich bin als Kind selber Rummelpott gelaufen. Meine Geschwister haben mich mitgenommen. Unserer Mutter war das total wichtig, dass wir das machen. Ich habe selber vier Kinder und für mich ist das eine Herzensangelegenheit." Jetzt bastelt sie mit den Kindern und übt die alten traditionellen Lieder auf Platt, die die Kinder singen müssen, sonst gibt es keine Süßigkeiten.
Die bekanntesten Rummelpottlieder
Kinder singen Platt
Die Kinder der Grundschule treffen sich regelmäßig, um mit ihrer Lehrerin zu üben. Die meisten können kein Platt, aber sie singen trotzdem laut mit. "Wir haben es immer wieder vorgesungen, damit die Kinder es übernehmen können. Und wir haben die Texte, so gut es ging, auch übersetzt", beschreibt Ratjen die Vorgehensweise. Das Thema Rummelpott und die Vorstellung, laut singend und Krach machend durch Horst ziehen zu dürfen und dafür auch noch Süßigkeiten zu kriegen, das habe die Kinder gepackt. "Seitdem sehe ich hier immer wieder Kinder, die plattdeutsch singend über den Flur laufen. Auch die Eltern erzählen mir: 'Bei uns zu Hause wird plattdeutsch gesungen'. Also, es scheint schon im Dorf angekommen zu sein."
Horst hofft Silvester auf 200 Kinder
Rummelpottlaufen, das soll Silvester in Horst eine große Aktion werden. Vor Kurzem haben die Kinder deshalb im Dorf Flyer verteilt, damit die Horster auch wissen, warum es bei ihnen am Silvesternachmittag an der Tür klingelt. "Wir wollen schließlich, dass das nicht nur ein kleines Projekt an der Schule ist, bei der die Kinder so'n büschen wat basteln", sagt Inke Ratjen. Nicht nur bei ihr in der Grundschule, auch im Kindergarten um die Ecke üben die Kinder die plattdeutschen Rummelpott-Lieder.
Am 31. Dezember treffen sie sich dann alle um 15 Uhr am Horster Vereinshaus. Dort üben sie ein letztes Mal mit dem Horster Musikkorps und ziehen dann los. "Wir hoffen auf 200 Kinder. Denn es machen auch noch die Vereine und der Kinderchor 'Zwischentöne' mit." Und Werner Schlüter findet: "Rummelpottlaufen, das muss wieder so zu Silvester gehören wie Dinner for one."