Orakel von Pinneberg: Hier gewinnt seit 1953 die Kanzler-Partei
Seit der Bundestagswahl 1953 stellt die Partei, die im Wahlkreis Pinneberg das Direktmandat gewinnt, den Kanzler. Auch bei der Bundestagswahl jetzt hat sich das Orakel von Pinneberg offenbar bewahrheitet.
Konrad Adenauer, Ludwig Erhard, Willy Brandt - die Parteien dieser Kanzler gewannen in Pinneberg bei den Bundestagswahlen immer das Direktmandat. Und auch danach ging die Serie weiter.
- 1953: CDU gewinnt in Pinneberg und Konrad Adenauer (CDU) wird Kanzler
- 1965: CDU gewinnt in Pinneberg und Ludwig Erhard (CDU) wird Kanzler
- 1969: SPD gewinnt in Pinneberg und Willy Brandt (SPD) wird Kanzler
- 1976: SPD gewinnt in Pinneberg und Helmut Schmidt (SPD) wird Kanzler
- 1983: CDU gewinnt in Pinneberg und Helmut Kohl (CDU) wird Kanzler
- 1998: SPD gewinnt in Pinneberg und Gerhard Schröder (SPD) wird Kanzler
- 2005: CDU gewinnt in Pinneberg und Angela Merkel (CDU) wird Kanzlerin
- 2021: SPD gewinnt in Pinneberg und Olaf Scholz (SPD) wird Kanzler
Tatsächlich stellt die Partei, die im Wahlkreis Pinneberg das Direktmandat gewinnt, immer den Kanzler - seit 1953. Auch bei der Bundestagswahl 2025 scheint es so, als würde das "Orakel von Pinneberg" Recht behalten. Daniel Kölbl (CDU) konnte sich mit 31,8 Prozent der Erststimmen das Direktmandat sichern und Friedrich Merz (CDU) wird aller Voraussicht nach der nächste Kanzler der Bundesrepublik Deutschland werden. Kann das Zufall sein?
Wahlkreis Pinneberg: "durchschnittlicher westdeutscher Wahlkreis"
Die Spurensuche im Wahlkreis liefert wenige Hinweise auf die hellseherischen Fähigkeiten der Pinnebergerinnen und Pinneberger. Einige sind sich zwar über die Besonderheit ihres Wahlkreises bewusst, aber haben deshalb keine besonderen Ansprüche. Dieses Fehlen von speziellen Eigenschaften, macht der Sozialwissenschaftler Christian Brzinsky-Fay von der Universität Hamburg für das "Orakel von Pinneberg" verantwortlich.
Dem Sozialwissenschaftler zufolge ist der Wahlkreis Pinneberg ein durchschnittlicher, ländlicher westdeutscher Wahlkreis: "Es ist kein städtischer Wahlkreis, bei dem die Grünen einen Vorteil hätten und kein ostdeutscher Wahlkreis, in dem die Linke oder die AfD eine bessere Chance auf das Direktmandat haben. Es ist ein durchschnittlicher westdeutscher Wahlkreis, bei dem sich CDU und SPD abwechseln." Eine wissenschaftliche Erklärung für die hellsehenden Wählerinnen und Wähler in Pinneberg hat Christian Brzinsky-Fay jedenfalls nicht.
Direktkandidaten: Mischung zeichnet Wahlkreis aus
Die Direktkandidaten der diesjährigen Bundestagswahl im Wahlkreis Pinneberg waren sich im Vorfeld der Wahl einig, dass die Mischung ihren Wahlkreis auszeichne. In Pinneberg leben Daniel Kölbl (CDU) und Ralf Stegner (SPD) zufolge zum einen Bürgerinnen und Bürger, die eher durch das progressive Hamburg geprägt sind und zum anderen diejenigen, die traditionell eher am konservativeren Schleswig-Holstein orientiert sind. "Die Verteilung zwischen urbanen und ländlichen Gebieten sprechen für einen sehr repräsentativen Wahlkreis", erklärt Ralf Stegner NDR Schleswig-Holstein.
Ralf Stegner zieht nach der Bundestagswahl 2025 über die SPD-Landesliste in den Bundestag ein. Er erreichte 25 Prozent der Erststimmen und liegt damit 6,8 Prozent hinter dem direkt gewählten Daniel Kölbl (CDU). Im Gespräch mit NDR Schleswig-Holstein räumt Stegner die Niederlage seiner Partei im Wahlkreis und auch auf Bundesebene klar ein: "Ich hätte mir gewünscht, dass ich den Wahlkreis gewinne, aber so ist es nicht gekommen. Insgesamt, muss ich sagen, war es kein schöner Wahlabend."
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