Opposition stellt Elbschlick-Frieden infrage
Mehr Schlick vor Helgoland, Scharhörn bleibt verschont: Nach dem Schlick-Gipfel im Dezember sah es nach einer Lösung im Streit um die Elbschlick-Entsorgung aus. Doch ein Bericht aus dem schleswig-holsteinischen Umweltministerium löst viel Skepsis aus.
Das Problem ist schnell beschrieben: Damit der Hamburger Hafen für große Frachter befahrbar bleibt, muss die Fahrrinne immer wieder ausgebaggert werden. Ein Ort, wo die immer größer werdenden Mengen Schlick entsorgt werden können, lässt sich hingegen nicht so schnell finden: Die Frage sorgt immer wieder für Streit zwischen Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein.
Ein Entsorgungsort für den Elbschlick befindet sich am Seezeichen Tonne E3 bei Helgoland, auf schleswig-holsteinischem Gebiet. Doch da galt das Kontingent als ausgeschöpft. Hamburg brachte als weitere Verklappstelle die Vogelschutzinsel Scharhörn ins Spiel. Niedersachsen und Schleswig-Holstein sind strikt dagegen. Sie sehen eine zu große Gefahr für das Weltnaturerbe Wattenmeer.
Schlick-Frieden bekommt Risse
Kurz vor Weihnachten brachte ein Schlick-Gipfel zwischen den drei Ländern und dem Bund offenbar eine Einigung: Scharhörn ist raus, dafür darf Hamburg zunächst weiter Schlick an der Tonne E3 verklappen, eine Anschlussvereinbarung wird bald getroffen. Doch kaum gefunden, bekommt dieser Schlick-Frieden schon wieder Risse: Zum einen durch Hamburgs Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher, der bei einer Rede doch wieder die Vogelschutzinsel Scharhörn ins Spiel brachte - gegen den Willen seiner Nachbarländer. Zum anderen aber auch im Finanzausschuss des schleswig-holsteinischen Landtags. Nach einem Bericht der Staatssekretärin aus dem Umweltministerium Katja Günther (Grüne) wurde aus der Opposition viel Skepsis laut. Denn obwohl das Kontingent von 1,5 Millionen Tonnen Schlick an der Tonne E3 seit November als ausgeschöpft gilt, darf Hamburg dort weitere 330.000 Tonnen verklappen - also 22 Prozent mehr als ursprünglich geplant.
"Überprüfung war der Not geschuldet, in der sich Hamburg sah"
Einige Abgeordneten der Opposition zeigten sich überrascht und wollten wissen, auf welcher Grundlage das möglich sei. Umwelt-Staatssekretärin Günther erklärt das so: Eine Vereinbarung beim Schlick-Gipfel sah vor, in diesem Winter zu verhindern, dass Hamburg Scharhörn mit Schlick anfährt. "Deswegen haben wir die bestehende Genehmigung nochmal dahingehend geprüft, ob die Schadstofffracht ausgeschöpft ist - und kamen zu dem Ergebnis, das dies nicht der Fall ist." Die noch aktuelle Vereinbarung zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein sehe eine Schlick-Menge von 1,5 Millionen Tonnen mit einem gewissen Schadstoffanteil vor, die bei der Tonne E3 verklappt werden darf. Mit den bereits bis November 2022 verklappten 1,5 Millionen Tonnen Schlick sei der angenommene Schadstoffanteil aber nicht erreicht worden. "Und diese Luft, die hat man jetzt genutzt," so Katja Günther. "Diese Überprüfung war der Not geschuldet, in der sich Hamburg gesehen hat, weil Schleswig-Holstein und Niedersachsen gesagt haben, dass sie einer Verbringung nach Scharhörn nicht zustimmen."
Krämer: "Schlickgelder fließen weiterhin am Haushalt vorbei"
Für Annabell Krämer (FDP) ist das nicht nachvollziehbar: "War es nicht Konsens, dass Scharhörn vom Tisch ist?" Sie wundere sich darüber, dass nun alles so vorübergehend klinge. Außerdem geht es bei der ganzen Sache auch ums Geld: Schleswig-Holstein bekommt nämlich laut laufender Vereinbarung fünf Euro pro Tonne Schlick, die an der Tonne E3 verklappt wird. Das Geld fließt aktuell in die Stiftung Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. In einem Landtagsbeschluss waren sich die Abgeordneten einig, dass dies geändert werden muss, damit das Parlament über die Verwendung mitbestimmen kann - in Form eines Sondervermögens. Doch das Geld, das es für die zusätzlichen 330.000 Tonnen Schlick geben soll, landet nun laut Umwelt-Staatssekretärin Günther wieder im Stiftungsfonds. "Es geht um 1,65 Millionen Euro, die erneut am ordentlichen Haushalt vorbei fließen," so Krämer. Das müsse enden, schließlich sei das Wille des gesamten Parlaments.
Weitere Verhandlungen stehen aus
Laut Staatssekretärin Günther sei bereits im Sommer mit einem Antrag aus Hamburg für eine Folgevereinbarung für die Tonne E3 gerechnet worden. Dieser stehe nach wie vor aus. Anfang Februar sollen die Gespräche wieder aufgenommen werden. Dabei soll es vor allem um die künftige Schlick-Menge gehen und auch darum, welche Höhe der "Sediment-Taler" haben wird - also, die Summe, die Hamburg an Schleswig-Holstein pro Tonne zahlt. "Die Verhandlungen laufen noch. Deswegen sind wir sehr zuversichtlich, dass Scharhörn tatsächlich vom Tisch ist", so Katja Günther.