Oberlandesgericht: Verfahren gegen Hansen war zu lang
Das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Kiel gegen die Landesdatenschutzbeauftragte Marit Hansen war unangemessen lang. Das hat das Oberlandesgericht in Schleswig entschieden und Hansens Klage gegen das Land stattgegeben. Hansen hatte auf Wiedergutmachung geklagt, weil die Staatsanwaltschaft drei Jahre und acht Monate lang gegen sie ermittelt hatte. Es ging um den Verdacht des Betruges bei der Abrechnung von Fördermitteln. Am Ende wurde das Verfahren 2019 eingestellt.
Mitarbeiter bekommt Entschädigung
Eine Entschädigung bekommt Hansen nicht. Das Gericht erklärte, sie habe mit dem Urteil hinreichende Genugtuung erfahren. Anders liegt der Fall bei einem ihrer Mitarbeiter im Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz (ULD), der mit geklagt hatte: Ihm sprach das Gericht eine Entschädigung von 1.800 Euro zu, wegen erlittener und andauernder beruflicher Nachteile.
Gericht: Verfahren hätte schon 2017 enden können
Das Gericht bemängelt in seiner Begründung, schon die reine Dauer des Verfahren liege deutlich über dem, was zeitlich als rechtsstaatlich anzusehen sei. Außerdem habe es organisatorische Mängel gegeben. "Es ist davon auszugehen, dass das Ermittlungsverfahren bei planvoller und effektiver Ausgestaltung und mit dem erforderlichen Personaleinsatz bis Ende 2017 hätte abgeschlossen werden können", so das Gericht. Es sieht in dem Fall den Anspruch der Kläger verletzt, das Verfahren so zu gestalten, dass es der Unschuldsvermutung gerecht werde.
Ermittlungen nach knapp vier Jahren eingestellt
Hansen sagte nach dem Urteil, sie habe Wiedergutmachung gewollt und dass anerkannt werde, dass das Verfahren so lang war. "Hier haben wir es jetzt schwarz auf weiß. Es ist bestätigt worden, was ich gesagt habe", sagte sie NDR Schleswig-Holstein. Es gebe Prinzipien des Rechtsstaates, die immer und von allen Behörden eingehalten werden müssten. Die Ermittlungen gegen Hansen waren im vergangenen Jahr eingestellt worden. Im Anschluss überprüfte das Bundesforschungsministerium die Projektabrechnungen des ULD und stellte dabei keine Fehler fest.
Die Staatsanwaltschaft äußerte sich zu der Entscheidung nicht, mit dem Hinweis die Klage habe sich gegen das Land gerichtet. Das Justizministerium erklärte, es wolle zunächst die schriftliche Begründung prüfen. Dann werde entschieden, was gegebenenfalls zu tun sei, sagte ein Sprecher. Gegen die Gerichtsentscheidung ist Revision zugelassen.
SPD-Politiker: "Mehr als eine peinliche Schlappe"
Staatsanwaltschaft und Regierungsverantwortliche sollten Lehren aus der Gerichtsentscheidung ziehen, sagte der SPD-Datenschutzpolitiker Stefan Weber. Die Angelegenheit sei für die Justiz mehr als nur eine peinliche Schlappe. In diesem Fall sei keine Schuld bewiesen, aber auch keine Unschuld bescheinigt worden - "nur um ein völlig verkorkstes Verfahren irgendwie vom Tisch zu bekommen". Das sei eines Rechtsstaates nicht würdig.