Nord-Ostsee-Kanal für den Schiffsverkehr wieder frei
Fast zwei Wochen ging auf dem Nord-Ostsee-Kanal nach einem Ölunfall nichts mehr. Am Dienstagmittag ist der Kanal wieder freigegeben worden.
Es war eine Havarie, die laut Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) einen der größten Öl-Unfälle in der Geschichte Schleswig-Holsteins verursacht hat. Rund 300.000 Liter Rohöl waren laut Umweltministerium kurz vor Weihnachten in Brunsbüttel in den Nord-Ostsee-Kanal (NOK) aus einer defekten Pipeline gelaufen. Das Öl hatte sich auf einem Abschnitt von sechs Kilometern ausbreiten können. Knapp zwei Wochen nach der Ölhavarie im Hafen von Brunsbüttel (Kreis Dithmarschen) haben am Dienstagmittag wieder Schiffe die Schleuse in Brunsbüttel passiert. Um 7 Uhr wurden bereits die Schleusen in Kiel geöffnet. Der NOK ist damit von beiden Seiten wieder für die Schifffahrt frei.
1,6 Millionen Euro wirtschaftlicher Schaden am Tag
Den wirtschaftlichen Schaden durch die Schließung des Kanals schätzt das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) auf bis zu 1,6 Millionen Euro pro Tag. Da sind aber nicht nur die höheren Spritkosten für die Reedereien enthalten, sondern auch entgangene Durchfahrtsgebühren, außerdem der Umsatzeinbruch für die Lotsen. Das bestätigt auch Matthias Probst. Er ist der Ältermann der Lotsenbrüderschaft NOK I: "Die Lotsen sind freiberuflich tätig, das heißt, dass wir aus dem Lotsgeld nicht nur unser Einkommen generieren, sondern auch unseren Betrieb am Laufen halten. Bei 130 Kollegen und acht Angestellten ist das natürlich ein größeres Unterfangen. 14 Tage keinen Umsatz bei fixen Kosten ist natürlich ärgerlich." Auch die gesamte deutsche Wirtschaft dürfte froh sein, dass der Kanal wieder frei ist - denn laut Institut für Weltwirtschaft, war für die Industrie mit der Schließung ein wichtiger Standort-Vorteil weggefallen.
Reinigungsarbeiten noch bis Ende Januar
Der Kanal war am 21. Dezember gesperrt worden, nachdem wegen eines Lecks in einer Pipeline große Mengen Rohöl ausgelaufen waren. Die Reinigungsarbeiten werden nach derzeitigem Stand laut Umweltministerium noch bis Ende Januar dauern. Laut Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) bleiben die Ölsperren bestehen, damit sich eventuell verbliebene Ölreste nach der Öffnung des Kanals nicht weiter verbreiten. Außerdem sollen Schiffe mit äußerster Vorsicht fahren, damit nicht neues Öl an die Böschungen geschwemmt wird. Der Landesbetrieb Küstenschutz und Natur überwacht jetzt weiterhin die Umgebung des Kanals und hält Ausschau nach möglicherweise weiteren verschmutzen Vögeln und Pflanzen. Bisher hat das Umweltministerium eine niedrige, zweistellige Zahl an verschmutzten Vögeln gezählt. Sie konnten aber noch fliegen.
Am Montag hatte das Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur (MEKUN) bekanntgegeben, dass die zuständigen Behörden die technische Reinigung überprüft hätten. Neben dem MEKUN hatten auch das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA), der Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein (LKN.SH), die Wasserschutzpolizei und die untere Wasserbehörde (UWB) des Kreises Dithmarschen grünes Licht für die Freigabe erteilt.
25 mal so viel Öl ausgelaufen wie ursprünglich gedacht
Anfangs war von einer Menge von 12.000 Litern Rohöl ausgegangen worden, die durch aus der defekten Pipeline ins Wasser gelangt waren - doch dann wurde klar, dass deutlich mehr Öl ausgelaufen ist als zunächst angenommen. Das Umweltministerium bezifferte die Menge des aufgenommenen Rohöls zuletzt auf 294.000 Liter - was etwa 1.800 gefüllten Badewannen entspricht. Und dieser Wert dürfte tatsächlich noch höher sein: LKN-Direktorin Birgit Matelski erklärte, dass es nicht möglich sei, die gesamte Ölmenge zu entfernen. Goldschmidt betonte, Rohöl sei hochgiftig und mit Schwermetallen versetzt.
Wer ist verantwortlich?
Mittlerweile ist die beschädigte Pipeline durch den Betreiber - die Raffinerie Heide - repariert und vom TÜV abgenommen worden. Auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein gaben die Betreiber des Brunsbütteler Hafens an, weder für die Wartung noch für die Instandhaltung der Pipeline verantwortlich zu sein. Geschäftsführer Frank Schnabel betonte, dass der Schaden in keinem Zusammenhang mit dem Betrieb des Ölhafens stehe.
Derweil zweifelt der Naturschutzbund SH (NABU) daran, dass die Installation der Pipeline ausreichend überwacht wurde. Laut Landesgeschäftsführer Ingo Ludwichowski sind die dafür zuständigen Behörden auch für eine adäquate Sicherung der Pipeline gegen Unfälle verantwortlich. Gegebenenfalls müsse da auch genehmigungstechnisch nachgearbeitet werden, so Ludwichowski. Auch Greenpeace zeigte am Dienstag Interesse an der genauen Ursache des Unfalls. Für eine abschließende Bewertung wolle man aber zunächst die Ermittlungen der Wasserschutzpolizei abwarten.