Neues Angebot gegen Einsamkeit im Alter: Alleine wohnen, ohne einsam zu sein
Das Modellprojekt "präventive Hausbesuche" gibt es seit 2022 im Kreis Rendsburg-Eckernförde. Das Ziel: den Alltag von Seniorinnen erleichtern und sie vor Einsamkeit schützen. Zum Beispiel in einem Seniorencafé.
Sie liegen sich in den Armen wie beste Freundinnen. "Wir haben uns erst vor drei Wochen kennengelernt", erzählt Marianne Hauschildt lachend und umarmt ihre neue Bekannte Ruth Kluge, "hier im Seniorencafé". Das Seniorencafé in der VHS Hohenwestedt gibt es seit April. Jede Woche Dienstag wird Kaffee getrunken, Kuchen gegessen, Karten gespielt. Heute sind 20 Leute gekommen - es wird geplaudert und gelacht, man versteht kaum sein eigenes Wort.
Seniorencafé als dritter Ort
Für die Menschen, die hierherkommen, ist der Ort mehr als nur ein Café. Es ist ein Ort, an dem sie sich austauschen können, neue Menschen kennenlernen und nach Hilfe fragen können. So hat es auch Ruth Kluge gemacht: "Nach einer Operation kann ich nicht mehr so gut gucken und habe jemanden gesucht, der mir beim Fensterputzen hilft." "Und ich dachte mir: Das kann ich", ergänzt Marianne Hauschildt. Ein paar Tage später waren die Frauen verabredet und die Fenster geputzt.
Das Seniorencafé in Hohenwestedt ist ein sogenannter dritter Ort. Neben der Familie als erstem Ort und der Arbeit als zweitem sind dritte Orte zum Beispiel Frisöre, Bäckereien oder Vereine. Also Orte, an denen man auch sozialen Austausch hat. Für Seniorinnen fallen oft alle drei Orte aus unterschiedlichen Gründen weg - sie arbeiten nicht mehr, die Familie wohnt woanders oder sie sind weniger mobil, sodass sie eher zuhause bleiben. Einsamkeit ist die Folge. Genau dort setzt die Arbeit der Seniorenlotsinnen an. Sie wollen für die Seniorinnen mehr Möglichkeiten der Begegnung schaffen.
Präventive Hausbesuche als Modellprojekt
Nadine Helpenstein ist seit eineinhalb Jahren Seniorenlotsin in Hohenwestedt und war damit die erste im Kreis Rendsburg-Eckernförde. "Am Anfang war eine gewisse Skepsis da", erzählt sie, "und ich musste erst einmal herausfinden, welche Angebote für Senioren es schon in Hohenwestedt gibt." Denn eine ihrer Aufgaben ist es, die Seniorinnen untereinander zu vernetzen und an Freizeit- und Hilfsangebote zu vermitteln. Aber um zu wissen, was die Seniorinnen vor Ort brauchen, mussten sie sich erst einmal kennenlernen. Nadine Helpenstein in Hohenwestedt und ihre Kollegin Annika Paulsen in Molfsee und Flintbek machen daher sogenannte präventive Hausbesuche. Das Angebot ist ein Modellprojekt im Kreis Rendsburg-Eckernförde, bei dem beide angestellt sind.
Die Senioren können sich telefonisch bei den beiden melden und sie kommen dann auf Wunsch nach Hause und sprechen über die Bedürfnisse. Manchmal genügt auch nur ein Telefonat. Die Bandbreite reicht von benötigter Hilfe im Garten bis hin zu Einsamkeit. "Manche möchten öfter ins Theater gehen oder suchen jemandem zum Spazierengehen, das ist ganz unterschiedlich", erzählen Helpenstein und Paulsen. Nach den Besuchen überlegen sich die Seniorenlotsinnen, wo die Menschen welches Angebot oder welche Hilfe bekommen könnten. "Aber natürlich stoßen auch wir an Grenzen. Wir können auch nichts gegen Ärztemangel oder schlechte Verkehrsverbindungen tun - aber zumindest können wir die Probleme an die richtigen politischen Stellen weitergeben."
Weitere Stelle ausgeschrieben
Neben den beiden bestehenden Seniorenlotsinnen ist jetzt im Kreis Rendsburg-Eckernförde auch eine mobile Stelle ausgeschrieben. Die Person soll sich dann kreisweit um die Seniorinnen kümmern. Ziel der Seniorenlotsinnen ist es, dass ältere Menschen möglichst lange selbstständig zuhause leben können, weniger einsam sind und im Alltag Hilfe bekommen. Durch ihre Arbeit werden aber nicht nur die Seniorinnen mit Hilfangeboten und Vereinen zusammengebracht - es entsteht auch viel neues. So gibt es Vorträge der Polizei zum Thema Enkeltrick, einen plattdeutschen Nachmittag oder einen Erste-Hilfe-Kurs.
Auch das Seniorencafé in Hohenwestedt ist vor drei Monaten so entstanden. Jeden Dienstag wird es gut besucht. Ruth Kluge und Marianne Hauschildt wollen sich auch weiterhin treffen. "Der nächste Ausflug ist schon geplant - zu Ruths Geburstag fahren wir beide nach Kiel." Für die beiden eine gute Abwechslung zum Alltag. Denn zusammen, sagen sie, sei es ein bisschen schöner.