Nach Schließung: Privatschule in Lübeck wehrt sich gegen Vorwürfe
Die Schulleitung der "Freien Dorfschule Lübeck" wehrt sich gegen die Vorwürfe des Bildungsministeriums Schleswig-Holstein. Dieses hatte die Schule nach eigenen Angaben wegen gravierender Mängel geschlossen, unter anderem soll die Schulpflicht umgangen worden sein.
Nachdem das schleswig-holsteinische Bildungsministerium der "Freien Dorfschule Lübeck" die Genehmigung entzogen hat, wehrt sich die Schulleitung gegen die Vorwürfe. In einem Statement, das auf der Internetseite der Schule veröffentlicht wurde, heißt es: "Den Widerruf stützt das Ministerium auf falsche Angaben. So geht man nur von einer Vormittagsgruppe aus." Außerdem würden die Schulräume als unzureichend bezeichnet, obwohl genau diese Räume genehmigt worden seien. Das Ministerium hatte zuvor mitgeteilt, dass bei Kontrollen nur die Hälfte der angemeldeten Schülerinnen und Schüler und auch zu wenige Lehrkräfte vor Ort gewesen seien.
Schulaufsicht: Reines digitales Lernen in SH nicht möglich
Der Leiter der Schulaufsicht, Alexander Kraft, sagte NDR Schleswig-Holstein, dass eine Schule, die digitales Lernen anbiete, in Schleswig-Holstein nicht möglich sei. Das stehe nicht im Einklang mit den Genehmigungen, die für Privatschulen erteilt würden. Grundsätzlich ist die Genehmigung von Privatschulen im Schulgesetz geregelt und muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Zum Beispiel können Privatschulen erst genehmigt werden, wenn ein Gebäude, ein Schulkonzept sowie Lehrkräfte vorgelegt werden können. Auch wird bei der Anmeldung das polizeiliche Führungszeugnis sowie die pädagogische Kompetenz der Gründerin oder des Gründers geprüft.
Online-Lehre, wie sie während der Schulschließungen zur Zeit der Corona-Pandemie möglich war, ist ein Konzept, das nicht genehmigt werde. Das sei nur erlaubt gewesen, so Kraft, da coronabedingt der Schulbetrieb nicht aufrechterhalten werden konnte. Anders ginge es nicht. "Digitale Schule gibt es in Schleswig-Holstein und in ganz Deutschland nicht."
Schule: "Wenn ich online lerne, schwänze ich nicht"
Die Schule in Lübeck betonte dagegen, dass die Schülerinnen und Schüler den Unterricht nicht geschwänzt hätten, auch wenn sie nicht vor Ort in der Schule waren. In dem Schreiben heißt es: "Ich kann auch online präsent sein. Ich kann auch da überprüfbar präsent sein. Auch digitales Lernen ist präsentes Lernen. Wenn ich online lerne, dann schwänze ich nicht." Gleichzeitig räumte die Schule Fehler bei der Dokumentation der Anwesenheit ein. Das wolle man nun ändern.
"Freie Dorfschule Lübeck": Konzept wurde genehmigt
Die Schule will nach eigenen Angaben rechtlich gegen die Schließung vorgehen und sich dabei auch auf ein genehmigtes digitales Lernkonzept berufen. "Wir haben digitales Lernen erfolgreich in der Pandemie umgesetzt und tun dies bis heute", heißt es in einer Mitteilung. Zudem forderte die Schule eine stärkere Anerkennung von "zeitgemäßen Lernformen". Am Dienstagabend soll es an der Schule eine Pressekonferenz geben.
FDP: Schließung soll Thema im Bildungsausschuss werden
Auch auf politischer Ebene sorgt die Schulschließung für Gesprächsstoff. Die FDP-Landtagsfraktion kritisierte das Vorgehen des Bildungsministeriums. Eine solche Schließung sei eine harte und sehr seltene Maßnahme. Dass der Vorgang erst durch einen Pressebericht bekannt geworden sei, werfe einige Fragen auf - zum Beispiel, warum das Ministerium nicht früher gehandelt habe, hieß es von der Fraktion. Die FDP forderte, dass sowohl die Landesregierung als auch die Schulleitung im nächsten Bildungsausschuss ausführlich Stellung nehmen.
Schule orientiert sich am Lehrplan der freien Waldorfschulen
Gegründet wurde die Freie Dorfschule Lübeck 2015. Sie befindet sich in den Räumlichkeiten des Gut Mori im Lübecker Stadtteil St. Lorenz Nord. Die Räume bestehen aus einem "Rittersaal" plus zwei Apartments links und rechts. Insgesamt beträgt die Fläche rund 150 Quadratmeter, berichtet der Bauherr des Guts, Cornelius Back.
Eigenen Angaben zufolge verfolgt die Schule das Konzept einer Dorfschule, in der jahrgangsübergreifend und praxisnah unterrichtet wird und die sich am Lehrplan freier Waldorfschulen orientiert. Die Schulkinder werden auf die Prüfungen für den Ersten allgemeinbildenden Schulabschluss, ehemals Hauptschulabschluss, sowie den Mittleren Schulabschluss vorbereitet. Die Prüfungen müssen die Kinder allerdings an öffentlichen Einrichtungen ablegen.
Laut aktueller Zahlen des Bldungsministeriums werden rund 16.400 Schülerinnen und Schüler an 87 Privatschulen in Schleswig-Holstein unterrichtet, ein Viertel davon besucht freie Waldorfschulen. 366.000 gehen auf öffentliche Schulen.