Mölln: Politiker und Hinterbliebene wollen stärker zusammenarbeiten
Opferfamilien sollen künftig in die Ausrichtung des Gedenkens und in die Aufklärungsarbeit in Schulen einbezogen werden. Das fordern Betroffene seit Jahrzehnten.
Zum 30. Jahrestag der Brandanschläge von Mölln (Kreis Herzogtum Lauenburg) haben sich Politiker und Hinterbliebene darauf verständigt, in Zukunft stärker zusammenzuarbeiten. Künftig sollen die Familien in die Ausrichtung des Gedenkens und in die Aufklärungsarbeit in Schulen einbezogen werden, sagte ein Angehöriger der Opferfamilien, Faruk Arslan, am Mittwoch. Möllns Bürgermeister Ingo Schäper (SPD) versicherte, dass er in Zukunft einen Weg gehen wolle, der die Interessen der Opfer und der Gesellschaft vereine. Auch Schleswig-Holsteins Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) betonte die Bedeutung der Opferperspektive bei der Aufklärung im Bildungsbereich.
"Als Gäste zu ihren eigenen Gedenkveranstaltungen eingeladen"
Zuvor hatten auf einer Pressekonferenz Überlebende und Hinterbliebene Stellung zu den Geschehnissen und zu deren Aufarbeitung genommen. Viele betroffene Familien fordern seit Jahren eine Erinnerungskultur, die die Betroffenen in den Mittelpunkt stellt. "Es geht grundsätzlich um die Gedenkkultur in der gesamten Bundesrepublik Deutschland. (...) Es wird grundsätzlich über die betroffenen Köpfe hinweg entschieden. Die Betroffenen werden nicht einbezogen und werden als Gäste zu ihren eigenen Gedenkveranstaltungen eingeladen", fasste Ibrahim Arslan zusammen, der den Anschlag knapp überlebte. Seit Jahrzehnten setzt er sich gegen Rassismus und für eine andere Erinnerungskultur ein. "Betroffene sind keine Statisten, sie sind die Hauptzeugen des Geschehenen. Aus diesem Grund haben sie auch die Herrschaft über das Gedenken", betonte Arslan.
Gedenkveranstaltung in Kiel
Am Mittwochnachmittag fand in Mölln zudem ein Gedenk-Gottesdienst in der Nikolaikirche und eine Kranzniederlegung im Brandhaus in der Mühlenstraße statt. Auch am zweiten Anschlagsort in der Ratzeburger Straße gab es ein Treffen, bei dem der Opfer gedacht wurde. Am Mittwochabend begann in Kiel eine weitere Gedenkveranstaltung. Dazu hatte ein ein Bündnis aus rund 30 Organisationen aufgerufen.
Auch im Landtag war der Brandanschlag am Mittwoch Thema. Die Abgeordneten verabschiedeten einstimmig eine Resolution, in der sie sich mit den Opfern rechter Gewalt solidarisieren. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) betonte, der Mordanschlag habe vor 30 Jahren einen dunklen Schatten auf ganz Schleswig-Holstein geworfen. Mölln sei zum Synonym für mörderischen Rassismus geworden.
In der Nacht zum 23. November 1992 hatten zwei Neonazis in Mölln Brandsätze auf von türkischen Familien bewohnte Häuser geworfen. Die 51-jährige Bahide Arslan sowie zwei ihrer Enkelinnen, die zehnjährige Yeliz Arslan und die 14-jährige Ayse Yilmaz, wurden getötet. Neun Menschen wurden schwer verletzt.