Mehr Tierschutz durch mobile und hofnahe Schlachtung
Eine hofnahe Schlachtung erspart den Tieren viel Stress. Eine Landwirtin aus Schleswig-Holstein ermöglicht ihren Rindern schon länger einen Tod in Würde.
Die Namen ihrer 190 Rinder kann sich Anna Butz merken - auch wenn sie einräumt, dass es langsam schwer fällt, neue Namen zu finden. Vor sechs Jahren hat sie den Hof mit damals neun Tieren übernommen: "Viele Menschen essen nun mal gerne Fleisch. Und ich weiß, dass es selbst für Leute, die sich Gedanken über die Haltung und die Herkunft machen, schwierig ist, Fleisch zu kaufen, das unter vernünftigen Umständen entstanden ist. Diesen Leuten biete ich hier die Möglichkeit - und es wird auch einigermaßen dankend angenommen."
Rinder dürfen bis zu sechs Jahre alt werden
Dreieinhalb bis sechs Jahre dürfen die Tiere alt werden, und den Großteil des Jahres auf der Weide grasen. Wenn es zum Schlachten geht, müssen sie auf ihrem Hof nur einmal durch den Stall laufen - und nicht rein in den Transporter und viele Kilometer zum Schlachthof fahren, wie die meisten anderen Schlachttiere. Das ist auch bei Tieren aus Bio-Haltung der Fall.
Für Landwirtin Butz ist es wichtig, dass sie mit ihren Tieren anders umgeht: "Schlimm genug, dass ich die Tiere am Ende um die Ecke bringen muss, aber dann sollen sie es wenigstens bis dahin schön gehabt haben."
Ein Ergebnis ihres "Dickkopfes" ist es, dass aus einem offenen Scheunenboden ein Schlachtraum entstanden ist - mit Fliesen, Haken, Metallwannen und allem weiteren, was nötig ist. "Die Kosten für den Schlachtraum kriege ich im Leben nicht wieder rein. Wenn ich versuche, das auf die Preise draufzuschlagen, das funktioniert nicht. Aber sonst ist der Betrieb mit den Tieren in der Lage, sich selbst zu tragen."
Was der Schlachtraum gekostet hat, will Butz, die übrigens vegan lebt, nicht verraten. Die 49-Jährige hat dafür jedenfalls ihr Haus verkauft und lebt seit fast zwei Jahren in einem ausgebauten alten Schulbus.
Metzgermeister wollte wegen Massenbetrieben seinen Job aufgeben
Den Metzgermeister Tim, der lieber nur mit seinem Vornamen genannt werden will, hat die Einstellung der Landwirtin beeindruckt. Er kümmert sich auf dem Hof um die Schlachtung und Zerlegung der Tiere sowie um die Verpackung und den Verkauf des Fleisches: "Das geht alles durch meine Hände, was für mich auch ein bisschen ein Traum ist, der in Erfüllung gegangen ist."
Eigentlich war Tim schon kurz davor, seinen Job aufzugeben - die Arbeitsbedingungen in den meisten Betrieben waren für ihn unattraktiv. "Wenn du in einem Betrieb arbeitest, in dem 12.500 Schweine am Tag geschlachtet werden oder 300 Rinder - das habe ich mir nur einmal angeguckt und das hat mir gereicht. Das möchte ich so nicht machen."
Verladung bedeutet viel Stress für Tier und Mensch
Landwirtin Anna Butz und Metzgermeister Tim sind füreinander ein Glücksfall, wie sie sagen: Sie hat die Hardware, er bringt das Handwerk mit. Weil sie pro Monat nur ein Tier schlachten, arbeitet Tim die restliche Zeit auf dem Hof mit und hat schon eine ähnlich enge Bindung zu den Tieren wie Anna.
Er würde sich wünschen, dass mehr Betriebe neue Wege bei der Schlachtung gehen: "Jeder, der einmal ein Tier verladen hat, weiß, was es bedeutet, wenn das 800 Kilogramm schwere Tier nicht mitmacht. Für die Menschen kann es gefährlich werden und für das Tier bedeutet das enormen Stress. Auch für den Metzger vor Ort ist es arbeitssicherheitstechnisch eine Katastrophe. Der Idealfall wäre, wenn nur tote Tiere transportiert werden würden."
Genehmigung bedeutet viel Bürokratie
Damit spielt er auf die "mobile Schlachtung" an. Das ist ein Verfahren, das die EU erst vor knapp eineinhalb Jahren erlaubt hat. Unter strengen Bedingungen ist es seitdem für Landwirte möglich, eine bestimmte Anzahl von Rindern, Schweinen oder Pferden direkt auf dem Hof zu töten. Dafür kommt ein Schlachter mit einer mobilen Schlachteinheit zum Tier auf den Hof - eine Art Wagen, auf dem das Tier fixiert, betäubt und getötet wird. Im Anschluss wird das tote Tier in einen Schlachtraum gefahren, wo es weiter verarbeitet wird. Für einen großen Mastbetrieb sei das sicher unrealistisch, sagt der Metzgermeister: "Es gibt genügend kleine Betriebe, die das umsetzen könnten. Die machen das aber nicht, weil sie sich noch nicht damit auseinandergesetzt haben, weil es umständlich ist. Das ist nicht leicht, sich mit den Behörden auseinanderzusetzen und eine Genehmigung zu bekommen."
Das musste Landwirtin Anna Butz aus Tangstedt auch, denn vor sechs Jahren, als sie den Hof übernommen hat, gab es diese Regelung noch nicht. Für sie blieb also nur, sich in alle Hygiene- und Bauvorschriften einzulesen, viel Geld in die Hand zu nehmen und ihren eigenen Schlachtraum zu bauen.