Lübecker Herrentunnel: Stadt will, dass die Maut fällt
Seit Jahren sorgt der Herrentunnel in Lübeck für Streit. Es geht um die steigenden Mautgebühren. Eine Bürgerinitiative hat jetzt einen Erfolg eingefahren. Die Kommunalpolitik will den Vertrag mit dem privaten Betreiber nicht mehr verlängern und begeht damit Vertragsbruch.
17.000 Autos und Lastwagen fahren jeden Tag durch den Herrentunnel in Lübeck. 2,10 Euro kostet die Fahrt durch die 900 Meter lange Röhre. Wer den Tunnel im Norden der Stadt nutzt, spart auf dem Weg in die Innenstadt rund vier Kilometer Umweg über die Autobahn. "Das ist natürlich ein erheblicher Zeitfaktor mit den vielen Ampeln und Staus. Die Leute, die pünktlich zur Arbeit müssen, sind zum großen Teil dazu gezwungen, den Tunnel zu nehmen", erklärt Georg Sewe von der Bürgerinitiative gegen die Maut. Hin und zurück könne der Umweg jeden Tag bis zu eine dreiviertel Stunde ausmachen.
Betreiber erhöht Maut sieben Mal
Als der Tunnel im Jahr 2005 eröffnet wurde, kostete die Fahrt noch 0,90 Euro. Seitdem hat der private Betreiber Lübecker Herrentunnel GmbH & Co. KG die Maut sieben Mal erhöht. Pro Jahr können so hohe Kosten entstehen. "Heute sind das über 1.000 Euro für eine Familie, wenn nur einer zur Arbeit nach Lübeck muss und gelegentlich einer ins Theater, ins Kino, zum Arzt muss", berichtet Sewe. Er und seine Frau hätten seit der Eröffnung insgesamt 18.000 Euro an Mautgebühren bezahlt. "Davon sind andere Leute locker in Urlaub gefahren, haben sich Autos gekauft oder Häuser angespart", so Sewe.
Der Bund soll den Tunnel übernehmen
Jahrelang protestieren viele Lübecker gegen das Mautmodell, gründen eine Bürgerinitive, haben eine klare Forderung: Der Bund soll den Tunnel wieder übernehmen. Dann wäre die Maut weg - hoffen sie. Doch dem erteilt das Bundesverkehrsministerium bisher eine Absage. Schriftlich teilt es auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein mit:
Schon vor zwei Jahren haben wir der Stadt mitgeteilt, dass eine Übernahme nicht in Betracht kommt. Die Übernahme der Baulast durch die Stadt Lübeck war seinerzeit die Voraussetzung für die Realisierung der von der Stadt favorisierten Tunnellösung anstelle der erhaltungsbedingten Erneuerung des ursprünglichen Brückenbauwerks durch den Bund. Bundesverkehrsministerium
Stadt begeht Vertragsbruch
Anfang der 2000er Jahre hatte die Stadt den Tunnel in öffentlich privater Partnerschaft gebaut - und das Mautmodell mit dem Betreiber vereinbart. Jetzt will sie es stoppen. Die Kommunalpolitikerinnen und -politiker unterstützen die Mautgegner und haben in der Bürgerschaft gegen eine Verlängerung des Vertrages ab 2035 gestimmt. Das bedeutet: In zwölf Jahren soll die Maut weg. Rechtlich begeht die Stadt damit Vertragsbruch. Der Tunnelbetreiber werde jetzt die rechtliche Situation prüfen, erklärt Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau (SPD). "Wir warten jetzt auf die Antwort. Wir haben ihn angeschrieben und den Sachverhalt dargestellt und mitgeteilt, dass die Hansestadt Lübeck die Zustimmung nicht erteilen kann. Von daher ist der Tunnelbetreiber jetzt dran zu reagieren", so Lindenau.
Betreiber schweigt
Der Bürgermeister geht davon aus, dass eine rechtlichen Auseinandersetzung einen längeren Zeitraum andauern wird. Der Betreiber will sich auf Nachfrage von NDR Schleswig-Holstein nicht äußern. Stadt und Bürgerinitiative hoffen, dass der Vertragsbruch den Druck auf Berlin erhöht - und der Bund den Tunnel am Ende doch zurückkauft, damit die Maut fallen kann.